Alias - Moederischer Nebenjob
dann streckte er seinen Arm aus und nahm sie bei der Hand.
Im ersten Moment der Überraschung wollte Sydney ihre Hand zurückziehen, doch dann ließ sie es zu. Schließlich traten sie als verheiratetes Ehepaar auf - und er spielte lediglich seine Rolle.
Egal, es gibt schlimmere Foltern, als mit Noah Händchen zu halten, dachte sie, während sie auf das Zentrum des wie ein gigantisches U angeordneten Museumskomplexes zuschritten. Er mag zwar ein rücksichtsloser Boss sein, aber er ist immer noch ein verdammt gut aussehender Typ.
Außerdem hatte sie, je besser sie ihn kennen lernte, immer mehr das Gefühl, dass das Leben Noah irgendwann einmal übel mitgespielt hatte. Sie wusste nicht, auf welche Weise, und sie wusste auch nicht, warum. Doch irgendwie konnte sie ihn spüren - diesen immer noch schwelenden Schmerz tief in seinem Herzen. Sollten sie sich jemals gegenseitig ins Vertrauen ziehen, würden sie sich gewiss eine Menge zu erzählen haben.
Ohne sich dessen bewusst zu werden, drückte sie fest seine Hand. Er erwiderte den Druck. Wieder zurück in die Gegenwart gerissen, blickte sie ihm erschrocken in die Augen. Hatte sie sich jetzt womöglich verraten?
Wusste er nun, wie sie für ihn empfand?
Doch Noah lächelte sie nur an, schien der Situation wenig Bedeutung beizumessen.
Warum auch?, dachte sie erleichtert. Noah war kein Kind von Traurigkeit und gewiss ein Mann mit Erfahrung - keiner dieser postpubertären Studenten vom College, mit denen sie es bislang zu tun gehabt hatte. Händchenhalten war für ihn bestimmt nichts Besonderes. Für sie dagegen.
Den Eingang zum Louvre bildete eine große, futuristisch anmutende Glaspyramide im Innenhof, flankiert von alten Gebäuden aus dem sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert. Die aus gläsernen Vierecken zusammengefügte Konstruktion wirkte auf Sydney ebenso überdimensioniert wie deplatziert, wie ein Eisberg im warmen Wasser eines öffentlichen Planschbeckens.
»Diese Pyramide.«, meinte sie zögernd, als Noah sie hineinführte. »Sie wirkt irgendwie so. neu.«
»Da sind Sie nicht die Einzige, die so denkt«, erklärte Noah. »Als sie das Ding hier hingesetzt haben, gab es einen Riesenaufstand.«
»Bleibt sie auf Dauer hier?«
Noah sah sie mit einem halb ironischen Grinsen an. »Nichts auf der Welt ist wirklich von Dauer. Also, was möchten Sie sich zuerst ansehen? Wie wär's mit der >Mona Lisac, kleine Touristin?«
Sydney nahm die Sonnenbrille ab und klemmte sie an ihren Hut. »Gehen Sie vor«, erwiderte sie voller Ungeduld.
Die nächsten paar Stunden gaben sie sich der Betrachtung zahlreicher weltberühmter Skulpturen und Gemälde hin, die das Museum unter anderem beherbergte: da
Vinci, Michelangelo, die holländischen Meister und eine derartige Flut von französischen Bildhauern und Malern, dass es schier unmöglich war, sich all ihre Namen zu merken.
Sydney sah mittelalterliche und ägyptische Altertümer, Artefakte aus der Zeit der Griechen und der Römer, antikes Mobiliar und Geschmeide und sogar das unterirdische Fundament einer Festung, die vor Hunderten von Jahren den Plänen zur Errichtung eines Königspalastes weichen musste.
»Sie hatten Recht. Wir schaffen das niemals alles an einem Tag«, sagte sie schließlich zu Noah. »Mir ist jetzt schon ganz schwindlig.«
»Und was sagen Ihre Füße dazu?«, fragte er. »Darauf kommt es nämlich an.«
»Wollen wir denn noch woanders hin?«
»Kommen Sie mit«, sagte er. »Ich zeige Ihnen was.«
Draußen vor dem Museum stellten sie fest, dass sich die Luft des späten Nachmittags bereits merklich abgekühlt hatte. Sydney entknotete den Pullover, den sie sich um die Schultern geschlungen hatte, und streifte ihn sich über, während sie und Noah durch die gepflegte Parkanlage des Louvre schlenderten, die Straße überquerten und schließlich vor noch viel, viel größeren Gärten standen.
»Das ist der Jardin des Tuileries«, klärte Noah Sydney auf. »Ein weiteres Muss für jeden ordentlichen Touristen. Jetzt können Sie diesen Punkt auf Ihrer Liste mit den Sehenswürdigkeiten auch abhaken.«
Er machte sich schon wieder über sie lustig, doch das war Sydney egal. Während sie über den breiten Hauptweg wandelten, der das gartenarchitektonische Meisterwerk in zwei Teile schnitt, ließ sie erneut ihre
Hand in die seine gleiten.
Vor ihnen tanzten drei Wasserfontänen in drei einzeln stehenden Brunnen, und zu ihrer Linken, im Licht des Nachmittags leicht grünlich schimmernd, floss behäbig die
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