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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Ross
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Kladde auf seinem Schreibtisch. »Wir müssen das natürlich erst durch unsere Sprachexperten prüfen lassen.«
    Tom sagte, dies sei kein Problem, solange es noch heute geschehe.
    »Und Sie sind natürlich im Besitz von Dokumenten, die das alles untermauern.«
    »Klar. Ja. Sind unterwegs.«
    Der Gehilfe nickte. »Rufen Sie mich, wenn sie da sind.«
    »Wir arbeiten hier gegen die Zeit.«
    »Ohne ausreichende Grundlage …«
    »Bringen Sie es als Gerücht.«
    »Wir sind ein Nachrichtensender, Mr. Walt, kein Klatschverein. Ohne Bestätigung durch eine zweite Quelle würden wir noch nicht mal einen Satz über die aufgehende Sonne bringen.«
    So ging es noch zehn Minuten hin und her, bis Tom die Geduld verlor.
    Wieder auf der Straße, schlenderte er um die Ecke, bevor noch Verstärkung eintraf. Er würde sich nicht abwimmeln lassen. Er würde nicht mit ansehen, wie Sturzkampfbomber aus Pearl Harbor eine zweite Höhe 107 machten. Aber wem konnte er trauen? Zu einer anderen Zeitung? Ohne ausreichende Beweise würden sie ihm niemals glauben. Er verbrachte einige Stunden damit, Botschafter Winant aufzuspüren, kam aber nicht an ihn heran – und falls es ihm gelingen sollte, was würde er ihm dann sagen? Klar, Herr Botschafter, gestern war ich ein wenig durch den Wind, aber heute, heute können Sie mir ruhig vertrauen.
    Er brauchte Beweise. Er brauchte den zweiten Mikropunkt. Und das bedeutete, dass er zu Sondegger zurück oder Earl finden musste.
     

28
 
5. Dezember 1941, Morgen
    Sondegger fing das Dienstmädchen ab, als sie aus dem Lebensmittelladen kam. Beladen mit seiner Einkaufstüte, geriet er ins Stolpern, schwankte, und dann war es bereits zu spät. Die Zwiebel löste sich von einem Bund Karotten und plumpste dem Dienstmädchen auf den Fuß. Er beugte sich hinab, wollte sie aufheben und verlor dabei einen Rettich. Er schenkte ihr sein vertrauenswürdigstes Lächeln und achtete darauf, dass sie auch den gestohlenen Priesterkragen zu sehen bekam, den er sich umgelegt hatte. Das Dienstmädchen half ihm, die widerspenstige Zwiebel einzusammeln. Erst an diesem Morgen hatte er herausgefunden, dass sie in der amerikanischen Botschaft arbeitete und bestätigen könnte, ob Tom die Informationen des Mikrofilms den richtigen Ohren zugeflüstert hatte. Sie saßen beim Tee. Das arme unschuldige Ding, sie hielt sich tatsächlich für eine Sünderin. Missbilligend seufzte er bei ihrer Beichte, die sie ihm mit gesenktem Blick anvertraute. Die Bühne war bereitet, auch wenn er gezwungenermaßen improvisieren müsste. Das neue Skript war nicht weniger anspruchsvoll als das alte. Vielleicht sogar noch anspruchsvoller: Dass die Rolle Earl Walls von Tom in zweiter Besetzung gespielt werden musste, erhöhte noch die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs.
    Sondegger richtete ernste Worte an das Dienstmädchen. Er verstehe, sie sei bei den Amerikanern angestellt, aber es obliege ihrer Pflicht, auch weiterhin ihre Integrität zu wahren. Das Mädchen verstand nicht, was er mit »obliegen« und »Integrität« meinte. Sie war noch neu in England und mit gewissen Wendungen nicht vertraut. Aber es spielte keine Rolle, was sie verstand – denn er verstand nur allzu gut, was sie ihm zu sagen hatte: In der Botschaft war keine nachrichtendienstliche Bombe geplatzt. Tom hatte sich dort eingefunden, er hatte sein Sprüchlein aufgesagt, aber die Botschaft war nicht gehört worden. Sondeggers Mission stand auf dem Spiel. Er schickte das Dienstmädchen seines Weges und vergewisserte sich – noch immer in der Rolle des Dorfpriesters –, dass er nicht überwacht wurde. Tom hatte ihnen die Warnung zukommen lassen, war aber ignoriert worden, weshalb die zweite Mikrofotografie gebraucht wurde. Tom würde auch sie abliefern müssen. Die einzige Schwierigkeit dabei war die Zeit.
    Sie würden heute Abend den Funkspruch senden. Sondegger kaufte sich billiges Briefpapier und verfasste eine orthografisch halbwegs richtige Epistel, so, als schriebe er einer Schwester, die ans Krankenbett gefesselt war. Er schwadronierte über das Wetter, behandelte eingehend seine sensible Verdauung und stürzte sich mit großer Leidenschaft und umso geringerer Genauigkeit auf die Rugby-Ergebnisse vom vergangenen Samstag: Westminster Bank, 9; Old Paulines, 10; Gwyn Bayliss XII, 0; Rosslyn Park, 30, mit Knapp, Steel, Ward, Huxley und Gallaher. Im Klartext sagte er Abendammer erstens: dass sie das Funkgerät vorbereiten und sich um die Sicherheit des Übertragungsortes kümmern sollte.

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