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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Ross
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er sich auf? War er mit einer Frau zusammen? Versteckte er sich? War er tot?
    Keine Frau. Earl hätte nicht wegen einer Frau diese Unbequemlichkeiten auf sich genommen. Konnte er tot sein? Nein. Wenn Earl starb, würde sein Ableben nicht unbemerkt bleiben; er würde nicht still und leise hinscheiden wie der Herbst, der in den Winter überging. Konnte Earl jung sterben? Gewiss. Konnte er leise sterben? Auf keinen Fall. Also versteckte er sich, aber vor wem? Warum? Tom blieb in der Tür stehen. Er war unrasiert, eine unangezündete Zigarette hing ihm zwischen den Lippen. Den Hut hatte er unter den Arm geklemmt, in seinem Blick lag etwas Dunkles, Verletztes. Die Schrammen in seinem Gesicht waren verblasst. Für einen Moment sah sie ihn, wie er auf einen Fremden – auf eine Frau – wirken musste.
    »Gemütlich«, sagte er und sah von Harriet zu Highcastle.
    »Haben Sie Feuer?«
    Highcastle warf ihm eine Streichholzschachtel zu.
    »Du hast es ihm gesagt?«, fragte Tom Harriet. Sie sagte, ja, sie habe ihm alles erzählt. Alles, außer dass sie glaubte, Rugg und Renard hätten ihren Vater besucht. Tom sah zu Highcastle. »Sie haben den Abzug gesehen?«
    »Kam heute Morgen auf meinen Schreibtisch.«
    »Gibt’s irgendeinen Grund, warum die Botschaft mir nicht glaubt?« Mit einer Hand zündete Tom das Streichholz an.
    »Es war der Hunne, der Ihnen gesagt hat, wo es zu finden ist.«
    »Ja.«
    »Das haben Sie nicht erwähnt. War Ihnen das zwischenzeitlich entfallen?«
    »War nicht das Einzige.« Das Zündholz erlosch, bevor er es zur Zigarette führen konnte. Er warf es in den Aschenbecher und entfachte ein neues. »Hatte ein löchriges Gedächtnis.«
    »Was noch?«
    »Was Sondegger noch gesagt hat?« Er zündete sich die Zigarette an und erzählte ihnen, dass der Deutsche von Anfang an gewusst habe, dass er nicht Earl war. Dass er vom Rapids, von Earls Zimmer, dem Tristram Shandy und dem möglichen Überraschungsangriff auf die Vereinigten Staaten gewusst habe.
    »Warum?«, sagte Highcastle.
    »Warum er es mir gesagt hat?«, fragte Tom. Highcastle grunzte.
    »Weil Earl verschwunden ist. Weil ich Amerikaner bin. Ich weiß es nicht.«
    Highcastle schloss die Augen und rieb sich den Nasenrücken.
    »Ja«, sagte Tom. »Geht mir ebenso.«
    Harriet verstand nicht. Fragend sah sie zu Tom.
    »Ein Mann namens Davies-Frank«, sagte er zu ihr. »Ich wünschte, er wäre hier.«
    Sie sah von ihm zu Highcastle. Etwas war zwischen ihnen. Von dem Augenblick an, als Tom eintrat, war klar, dass zwischen ihnen eine dieser Männerbeziehungen bestand, die nicht auf Worten oder Zuneigung basierte. Auf Verständnis vielleicht.
    »Er ist entkommen«, sagte Highcastle. Tom erstarrte wie ein gejagtes Tier. »Sondegger? Nein!«
    »Hat drei meiner Männer getötet. Er ist frei.«
    Tom spürte, wie der Boden unter ihm ins Wanken geriet. Er drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, um festen Halt zu finden. Sondegger war entkommen.
    »Das Zwanziger-Komitee …«, sagte er.
    »Hängt an einem seidenen Faden.«
    »Und Abendammer? Keinerlei Hinweise aufgrund der Bombe, durch die Rupert gestorben ist?«
    Highcastle schüttelte den Kopf. »Wir nehmen an, er ist bis zur Funkübertragung untergetaucht.«
    »Wann wird das sein?«
    »In einer Stunde, einer Woche – aber der Mikropunkt ist ermutigend. Bedeutet, dass er nicht nur die Abwehragenten überprüft, sondern hier noch einen anderen Auftrag verfolgt
und …«
    »Das ist ermutigend?«, fragte Harriet. Highcastle nickte. »Er wird es nicht wagen, zwei Funksprüche abzusetzen. Sie werden warten, bis beide Aufträge ausgeführt sind. Das gibt uns etwas Zeit, es sei denn, der Mikropunkt dient nur dazu, uns Sand in die Augen zu streuen.«
    »Sie meinen, es ist nur ein Ablenkungsmanöver?«, fragte Tom.
    »Sie meinen, es ist die Wahrheit?« Highcastle grunzte. »Die Dokumente sind auf Deutsch verfasst und wurden von Sondegger geliefert. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht gefälscht sind?«
    »Die Codes stimmen, die Informationen stimmen. Ja, beim SD arbeiten Profis. Aber warum sollten sie lügen …?«
    »Die eigentliche Frage lautet: Warum sollten sie die Wahrheit sagen?«
    Die nächsten zwanzig Minuten warfen sie sich Fragen an den Kopf. »Vielleicht ein Ablenkungsmanöver zugunsten der SD-Untersuchungen«, sagte Highcastle. »Interne Nazi-Angelegenheiten, um die Abwehr zu diskreditieren.«
    »Ein sehr aufwändiges Ablenkungsmanöver«, sagte Harriet.
    »Es ist verdammt noch mal kein

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