Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Ross
Vom Netzwerk:
gehört.«
    »Räum nur noch ein wenig auf«, sagte sie mit etwas zu hoher Stimme.
    »Ich bedaure es, dass Sie wieder hier sind. Man sagte mir, ich könne Sie erst am Montag zurückerwarten.«
    »Ja, ich wollte …«
    Vielleicht, sagte er zu ihr, solle sie doch lieber nach Hause gehen. Er formulierte es nicht unbedingt als Frage. Eine halbe Stunde später betrat sie ihr Haus und hängte ihren und Renards Mantel an den Kleiderständer. Sie ließ die Schlüssel auf den Küchentisch fallen, spritzte sich Wasser ins Gesicht und trocknete sich mit einem Geschirrhandtuch ab. Setzte den Kessel auf und öffnete die Tür zum Garten. Dünne, rosafarbene Würmer lagen nackt und verletzlich auf dem Weg.
    Sie stand über den frisch gepflanzten Tulpenzwiebeln und senkte den Kopf. Lass sie am Leben. Bitte, Gott, lass sie am Leben. Ihre Mädchen waren zu jung, um geopfert zu werden, zu jung für den Dienst und zu jung für den Tod. Sie gaben alles, was sie hatten, aber, bitte Gott, lass nicht zu, dass sie so sinnlos sterben. Amen.
    In der Küche pfiff der Kessel. Sie ging hinein und machte sich eine Tasse Tee, konnte sich mit dem Nichtstun aber nicht anfreunden. Im Haus war es kalt und zugig. Sie setzte sich an den Tisch, und erst jetzt bemerkte sie, dass sie für Earl nicht gebetet hatte. Sie hatte nicht erwartet, dass er hier sein würde. Sie sollte noch mal Highcastle anrufen und ihm Bescheid geben, dass sie Earl nicht gefunden hatten. Natürlich nicht. Wenn er entschlossen war, sich zu verstecken, würde man ihn nicht finden.
    Und die Mikrofotografie? Es musste sich um eine Fälschung handeln. Es gab keinen Grund für einen loyalen deutschen Agenten wie Sondegger, die Japaner an die Amerikaner zu verraten. Warum sollte er die Vereinigten Staaten darüber in Kenntnis setzen, dass ein Überraschungsangriff bevorstand? Warum sollte er die Mikrofotografien nach …
    »Oh«, sagte sie leise. »O mein Gott!«
    Es war so einfach, so offensichtlich. Sie hatte sich nicht die Zeit genommen, sich hinzusetzen und in aller Ruhe nachzudenken. Sie wusste, was Sondegger wollte, und erkannte, welchen Plan er verfolgte.
    Sie griff nach dem Telefon, und zwei Minuten später war sie verbunden. »Ich muss umgehend mit Mr. Highcastle sprechen. Es ist von höchster Wichtigkeit.«
    »Er ist im Augenblick nicht im Büro, Ma’am. Vielleicht kann ich …«
    »Wo ist er?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen, Ma’am.«
    »Sagen Sie ihm, er soll mich sofort zurückrufen. Mein Name ist Harriet Wall, und ich bin zu erreichen unter …«
    »Mrs. Wall«, sagte der Mann. »Ich verstehe. Von wo telefonieren Sie?«
    »Ich bin zu Hause.«
    »Ich rufe Sie gleich zurück.«
    Sie legte auf und starrte zwei Minuten lang aufs Telefon, bevor es klingelte. Sie hatte Highcastles Stimme in der Leitung: »Zu einem grauen Hemd, Mrs. Wall – welcher Mann trägt denn goldene Manschettenknöpfe zu einem grauen Hemd?«
    »Verzeihung?«
    »Grau mit Gold – das tut man doch nicht, oder?«
    »Mr. Highcastle, ich habe Informationen, die mir wichtiger erscheinen als Fragen des Stils.«
    »Aber es geht doch nicht, oder?«
    Sie seufzte. »Grau zu Gold ist durchaus angemessen und seit Beau Brummel allgemein akzeptiert. Worum geht es hier?«
    »Wir haben einen Manschettenknopf gefunden …«
    »Nein – vergessen Sie die Frage. Ich will es nicht hören. Ich weiß, was Sondegger mit dem Mikrofilm bezwecken will.«
    Schweigen in der Leitung.
    »Mr. Highcastle?«
    »Fahren Sie fort.«
    »Es ist ganz einfach. So einfach, dass man es glatt übersieht. Warum sollte ein Nazi die Amerikaner vor einem japanischen Angriff warnen?«
    »Weil es nicht wahr ist. Der Hunne ist verschlagen und abgefeimt. Er versucht den COI zu infiltrieren, mit oder gegen Ihren Ehemann. Haben Sie ihn gefunden?«
    »Nein«, sagte sie. »Aber das ist nicht …«
    »Ist Tom bei Ihnen?«
    »Er sucht noch.«
    »Es geht ihm gut?«
    »Interessiert Sie das?«
    Highcastle schnaubte. »Den Geist von Davies-Frank interessiert es.«
    »Die Informationen des Mikrofilms entsprechen der Wahrheit, Mr. Highcastle. Ich kann es beweisen, auch ohne den zweiten Mikropunkt. Warum sollte Sondegger den Mikrofilm einem amerikanischen Zivilisten übergeben? Warum benützt er nicht die offiziellen diplomatischen Kanäle?
    Weil Japan dann natürlich davon erfahren würde. Tom sagt, Sondegger agiere im Auftrag einer kleinen, halboffiziellen Gruppierung, richtig? Und die glaubt, und völlig zu Recht, wie ich meine, dass ein Angriff auf Pearl

Weitere Kostenlose Bücher