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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Ross
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Harriet. Mosley wurde interniert, die BUF geächtet.« Er schüttelte den Kopf. »Und die Leute erdreisten sich, uns zu unterstellen, dass wir abweichende Meinungen unterdrücken.«
    Sie mochte dieses wir nicht. Ihre Blicke trafen sich; seine Augen waren ebenso grau wie ihre.
    »Du bewunderst die Amerikaner«, sagte er. »Aber es gelingt dir nicht, dich ihnen anzupassen. Es gibt siebenhundertsiebzig faschistische Gruppen in den Vereinigten Staaten. Father Coughlin hat fünfzehn Millionen treue Hörer, der Bund hat eine halbe Million Mitglieder. Die beliebtesten Zeitschriften – Reader’s Digest, The Saturday Evening Post – treten für das ein, was du ›Isolationismus‹ nennst. Die Frage ist ganz einfach: Sind dir Faschisten lieber als Kommunisten?«
    »Ich ziehe Demokraten den Tyrannen vor.«
    Ihre Unterhaltung wurde noch unangenehmer. Es war ein Fehler gewesen, ihn um Hilfe zu bitten. Aber schließlich konnte sie nicht die SOE fragen, für die sie arbeitete, oder die Amerikaner. Das kam überhaupt nicht in Frage, außerdem hätten die Amerikaner ihr sowieso nicht weitergeholfen. Zwei Jahre herrschte schon Krieg, und alles, was sie zu bieten hatten, war der Lend-Lease Act, während die Briten und Sowjets im Kampf gegen den Faschismus starben. Sehr unwahrscheinlich, dass sie einer besorgten Ehefrau halfen.
    Sie stand auf. »Ich sollte jetzt wohl besser fahren.«
    »Ich werde dich anrufen, sobald ich etwas höre«, sagte ihr Vater.
    »Was hörst?«
    »Über deinen Mann – meinen Schwiegersohn.« Er stand ebenfalls auf, um sie zur Tür zu begleiten. »Familie ist schließlich Familie.«
    »Ja«, sagte sie. »So ist es wohl.«
    »Und sprich mit Mrs. Godfrey, bevor du gehst. Sie hat Steak und Nierchen zur Seite gelegt.«
    »Vater …« Er wusste, sosehr ihr seine Generosität missfiel, so sehr mochte sie Steak-und-Nierchen-Pie – was ihm stets ein Schmunzeln über ihren schlechten Geschmack entlockte.
    »Bitte, Harriet. Es würde mich freuen. Das Päckchen wartet nur auf dich.«
    »Dir zuliebe«, sagte sie.
    »Sehr freundlich.« Er lächelte; sein Gesicht hellte sich auf.
    »Und Harriet – ich mache mir Sorgen um Tom.«
    »Der arme Tommy. Eine einzige Katastrophe. Er ist, hoffe ich, mittlerweile wohlbehalten ins Rowansea zurückgekehrt.«
    »Wohlbehalten?«, sagte Vater. »Dann hast du es noch nicht gehört?«
     
    Tom ging im Zimmer auf und ab. Er drehte sich im Kreis, er kam nirgendwohin. Er setzte sich auf einen Stuhl am Fenster, was ihn ebenfalls nicht weiterbrachte. Die Tür ging auf, und der Pfleger mit dem Walrossschnauzer trat mit einer Zeitung ein.
    Tom las, dass der deutsche Angriff bei Sidi Rezegh zurückgeschlagen worden war. Die Briten hatten achtzehn Feindflugzeuge zerstört. Die Rote Armee gab Tichwin an der Eisenbahnlinie Leningrad-Wologda auf, konnte aber einen Sieg am Asowschen Meer vermelden. Er faltete die Seite zusammen und suchte nach Neuigkeiten aus der Heimat. Ah, hier. SPANNUNGEN IM PAZIFIK – HEKTISCHE AKTIVITÄTEN IN WASHINGTON. Japanische Unterhändler sprachen mit Hull und Roosevelt im Weißen Haus und ließen verlautbaren, die Verhandlungen noch mindestens zwei Wochen lang fortsetzen zu wollen. In Japan ließ der Kabinettsbeschluss unter Ministerpräsident Tojo, die Gespräche fortzuführen, die Hoffnung auf eine friedliche Einigung Wiederaufleben. Der Aktienmarkt reagierte mit Kursgewinnen. Die nächste Spalte berichtete, dass Japan nach wie vor auf einem »Asien für die Asiaten« beharrte, das allerdings »unter der Führung Japans« stehen solle. Die amerikanischen Grundsätze der Gewaltlosigkeit und der »offenen Tür« lehne man ab.
    Er konnte nichts tun. Er wandte sich dem Kreuzworträtsel zu. Eins senkrecht lautete: »Dieser kleine Adlige hat sehr viel von einem königlichen Faun.« Zehn Buchstaben. Was zum Teufel war ein »königlicher Faun«?
    Die Tür ging auf, und Harriet trat ein. Es war nicht ihr Tag, um schön zu sein – ihre Augen waren trüb, das Gesicht wirkte ausgezehrt.
    »Ich hab gehört, du bist überfallen worden«, sagte sie.
    »Ja, ausgeraubt. Ob man’s glauben mag oder nicht.«
    »Du glaubst es nicht?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    Sie ging durch das Zimmer, berührte den Türrahmen und die Tapete. Benutzte fast wie eine Blinde ihre Hand, um zu sehen. Sie berührte den Rand des Spiegels. Berührte den kalten Metallrahmen des Bettes. Eineinhalb Meter vor ihm blieb sie stehen.
    »Ich hab gehört, es sei schlimm«, sagte sie. »Du siehst besser aus, als

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