Alias XX
eine Botschaft an das Hauptquartier der alliierten Streitkräfte auf Kreta:
A N BEIDEN F LANKEN IN SCHWERE K ÄMPFE VERWICKELT .
K AUM NOCH M UNITION . K EINE M ASCHINENGEWEHRE .
K EINE H ANDGRANATEN . W ÜRDEN U NTERSTÜTZUNG
SEHR ZU SCHÄTZEN WISSEN .
Der Himmel war überzogen mit Flakfeuer, ihre Verteidigung war völlig hinüber. Sie hatten nur noch einen Zug, als Waffen nur Schrott, dazu kamen unaufhörlich die Deutschen. Sie kämpften, bis die Sonne unterging. Mit dem Einbruch der Dämmerung kehrte etwas Ruhe ein. Und dann erhielten sie die Antwort des Hauptquartiers:
B EDAUERN , KÖNNEN KEINE U NTERSTÜTZUNG SCHICKEN . A LLES G UTE .
Die Männer lachten. »Und Gottes Segen.«
»Für uns, die wir sterben werden.«
»Hey, Sarge«, sagte Manny mit sehr leiser Stimme.
»Ja, Manny?«
»Hör zu, Sarge.« Manny standen Tränen in den Augen, sein Gesicht war dreckverschmiert. »Das heißt doch, das heißt
doch …«
»Ich weiß, Junge«, sagte Tom, die Hand fest auf Mannys Schultern. »Ich weiß.«
Sie hörten Schüsse über dem Gefechtsfeld. Das achtundzwanzigste Maori-Bataillon, das zur Verstärkung anrückte? Unmöglich zu sagen. Dann Stille. Tom kauerte sich im Splittergraben neben den Lieutenant der C-Kompanie. »Wir müssen einen Gegenangriff starten, in der Dunkelheit. Die Höhe säubern. Wenn die Krauts auf dem Flugplatz landen, ist alles vorbei.«
Der Lieutenant nickte. »Ihre Männer haben heimliche Munitionsreserven?«
»Meine Männer haben heimliche Kraftreserven.«
»Verstärkung wird bald eintreffen. Muss einfach.« Der Lieutenant lächelte schwach. »Ihr Trupp könnte sie schon mal ausfindig machen. Kontakt herstellen, sie einweisen. Setzen Sie Ihre Kraftreserven ein.«
Tom scheuchte die Jungs hoch. Sie erkundeten entlang der alliierten Stellungen und fügten die Neuigkeiten zusammen: Das achtundzwanzigste Maori-Bataillon war gekommen und hatte festgestellt, dass die B-Kompanie bereits abgezogen, dass die A-Kompanie aufgerieben worden war. Captain Winchell vom Dreiundzwanzigsten war nirgends zu finden. Der Kommandoposten des Zweiundzwanzigsten war verlassen; der fünfzehnte Zug meldete schwere Verluste. Die Maori waren sechs Stunden marschiert, um sie zu verstärken, und dann sofort wieder zum Brigadehauptquartier zurückbeordert worden. Es gab keine Verstärkung.
Um 3.40 Uhr fand ein Meldegänger Tom am nordöstlichen Abschnitt des Flugplatzes. Ihm und seinen Männern wurde befohlen, sich zurückzuziehen. Sich die Stiefel um den Hals zu hängen, fortzukriechen und Höhe 107 den Krauts zu überlassen. Der Befehl war völliger Schwachsinn. Wenn sie Höhe 107 verloren, verloren sie die Insel. Sie könnten sie noch halten. Nachts wurden keine Fallschirmjäger abgesetzt. Sie sollten Höhe 107 nehmen – die gesamte Höhe – und sich verschanzen. Sie würden dem Gegner die doppelten, dreifachen Verluste zufügen, die sie selbst hinnehmen müssten. Tom führte den Trupp zur C-Kompanie zurück, um gegen den Befehl Einspruch zu erheben, aber das Lager war bereits verlassen. Sie kamen zu spät. Sie hatten die Höhe 107 verloren. Die Deutschen würden mit ihren Junkers-Transportern auf dem Flugplatz landen, ohne auf Gegenwehr zu treffen. Kreta war verloren.
Tom setzte sich auf eine halb verfallene Steinmauer. »Zieht eure Stiefel aus und hängt sie euch um den Hals.«
Er beugte sich nach unten, um die Schnürsenkel zu lösen – damit die Jungs sein Gesicht nicht sehen konnten. Eine Wolke zog vorüber, kurz kam das Mondlicht durch und leuchtete auf eine Plane, die beim Rückzug zurückgelassen worden war. Eine Plane über einer Lattenkiste …
»Heilige Scheiße«, sagte er.
»Sarge?«
Es war um Erlaubnis gebeten worden, den Flugplatz zu verminen. Pioniere waren eingetroffen und hatten den Sprengstoff, Minen mit Zehn-Kilogramm-Sprengladungen, vorbereitet. Die Kiste stand keine zwei Meter von ihm entfernt und war unter der Plane kaum zu erkennen. Er starrte in den Schatten. Die Kiste musste leer sein. Natürlich wäre sie leer.
»Rosey, komm, hilf mal mit.«
Sie brachen die Kiste auf. Sie war nicht leer.
»Die verdammten Pioniere«, sagte Tom. »Diese faulen Drecksäcke.«
Die Jungs sahen ihn an. Ein merkwürdiges Lächeln huschte über sein Gesicht.
»Beim RAF-Einsatz in Griechenland«, sagte er mit drängendem Unterton. »Im November 1940. Die verdammt noch mal einzigen Englisch sprechenden Kampfschweine im Umkreis von tausend Kilometern.« Er hielt inne, die Jungs
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