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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Ross
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ich erwartet habe.«
    Er grinste. »Du schmeichelst mir.«
    »Aber noch immer abschreckend genug. Die Schwester sagt, alles, was du bräuchtest, wäre eine Nacht Ruhe.«
    »Ist das ein Angebot?«
    Der Anflug eines Lächelns blitzte in ihren Augen auf, schaffte es aber nicht auf ihre Lippen.
    »Es waren keine Straßenräuber, Harry«, sagte er. »Straßenräuber erkundigen sich nicht danach, mit wem man gesellschaftlichen Umgang pflegt.«
    »Haben sie nach Earl gefragt?«, sagte sie spontan. Er lachte. Auf ihren Wangen erschienen zwei rote Flecken. Sie stellte sich nur selten so ungeschickt an. »Nein, Harriet. Sie haben mich nicht nach Earl gefragt. Deshalb bist du ja hier, um mich nach ihm zu fragen.«
    »Das ist einer der Gründe.«
    »Du hast die Botschaft angerufen?«
    »Heute Morgen.«
    »Und man hat dir gesagt, du sollst dir nicht deinen hübschen Kopf zerbrechen?«
    »Ja.«
    »Was dich zu der Frage veranlasst, wie verblendet ich bin. Schwer zu sagen. Hast du in Earls Club nachgefragt?«
    Sie nickte kurz.
    »Er ist auch nicht im Waterfall. War dort nicht mehr seit Dienstag oder Mittwoch.« Earl hatte ein Zimmer im Rapids, er hatte Mädchen dort. Die Worte, das Wissen um Earls Verrat lagen Tom schwer auf der Zunge. »Warum fragst du nicht deinen Boss … Oh. Kann sich nicht mit dem amerikanischen Geheimdienst anlegen. Nein, du hast mit deinem Vater geredet, und der hat dir gesagt, du sollst dich verziehen. Also willst du wissen, was ich über Earl weiß. Bist du deswegen gekommen?«
    »Ganz sicherlich nicht wegen deiner unwiderstehlichen Ausstrahlung.«
    Er lachte freudlos. »Wahrscheinlich nicht.«
    »Wer hat dir gesagt, dass Earl vermisst wird?«
    »Jemand namens Rupert. Wenn du zwei Dinge für mich tun willst, bring ich dich zu ihm.«
    »Was?«
    »Erstens, hol mich hier raus.«
    »Du weißt, dass ich das nicht kann.«
    »Ich weiß, dass du es kannst.«
    »Ich werde es nicht tun.«
    »Wie du willst. Es ist deine Entscheidung.«
    Es war ihre Entscheidung, und sie brauchte zwanzig Minuten, bis sie sich dazu durchgerungen hatte. Eine halbe Stunde später kam sie mit der Kleidung aus seinem Seesack und einem Ausgangsschein zurück.
    »Du hast noch gar nicht nach dem zweiten gefragt«, sagte er, als er sich anzog.
    »Ich will es lieber nicht wissen.«
    »Zehn Buchstaben. ›Dieser kleine Adlige hat sehr viel von einem königlichen Faun.‹«
    »Fauntleroy«, sagte sie, ohne zu lächeln. »Komm schon.«
     
    Der Himmel klarte auf, bevor sie die Hälfte der Wegstrecke nach Hennessey Gate zurückgelegt hatten. Tom sagte Harriet, an der nächsten Kreuzung würde eine alte weiße Kirche mit einem kleinen Friedhof kommen. Es kam keine Kirche und kein Friedhof. Er sagte, dann vielleicht an der nächsten Kreuzung. Wieder nichts.
    Sie bog in die Anfahrt zu einem von Efeu umrankten Fachwerkgebäude mit spitzem Giebel ein. Goldene Blätter klammerten sich an die Platane hinter ihr und rahmten ihr Gesicht wie der Heiligenschein einer russischen Ikone.
    »Ich werde drinnen mal fragen«, sagte sie und öffnete die Fahrertür. »Bin gleich wieder zurück.«
    Er legte ihr die Hand auf den Arm. »Du glaubst mir doch, oder? Dass Earl vermisst wird.«
    »Ich glaube, dass Earl weiß, wo er ist, und dass er weiß, was er tut.«
    »Er arbeitet für den COI.«
    »Natürlich«, sagte sie.
    »Mit oder gegen die Nazis?«
    »Du solltest Earl besser kennen.«
    »Die Vereinigten Staaten und Deutschland sind nicht im Krieg.«
    »Es ist nicht Earl, um den ich mir Sorgen mache. Die Schwester sagt, du hättest im Rowansca nicht geschlafen und zur Ruhe kommen können.«
    »Er könnte sein eigenes Ding durchziehen. Unter Wild Bill Donovans Leitung werden Revolverhelden sogar noch ermutigt.«
    »Wenn du so redest, Tom …« Sie schüttelte den Kopf. »Wild Bill und Revolverhelden und Earls Verrat. Deine Wahnvorstellungen nützen niemandem.«
    »Earl hat mich verraten, Harry.«
    »Mehr als ich?«
    Tom wandte den Kopf ab. Er war es leid, zu reden. Er sah aus dem Fenster. Die rotgoldenen Blätter steckten am Gitterwerk nackter Zweige. Harriet wartete einen langen Moment, dann stieg sie aus, um nach der Richtung zu fragen. Tom rief ihr nach. »Hey, Harry. Warum ›königlicher Faun‹?«
    »Fauntleroy«, sagte sie. »Der kleine Lord.«
    Tom sah ihr nach, bis sie im Haus verschwunden war. Er glitt hinters Steuer, drückte auf den Anlasserknopf und fuhr davon. Er musste Davies-Frank vor den Schwarzhemden warnen, die ihn überfallen hatten, musste eine neue

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