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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Ross
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Schreibtisch lag. »Sie sind hier seit … Ich glaube, Sie sind heute Morgen um fünf Uhr gekommen?«
    »Doch nicht um fünf, das kann nicht sein.«
    »Sie haben sich sieben Minuten nach fünf eingetragen. Jetzt ist es einundzwanzig Minuten nach fünf am Nachmittag. Zwölf Stunden Arbeit reichen an einem Tag.«
    »Es gibt aber noch eine Menge zu tun«, sagte sie und wies auf das Chaos auf ihrem Schreibtisch. »Diese Meldung, die reinkam, ist alarmierend. Ich dachte …«
    »Sie sollten sich wirklich um Ihren Haushalt kümmern, Mrs. Wall.«
    Sie verkniff sich einen spitzen Kommentar. »Ja, Mr. Uphill. Es sind auch wirklich nur noch ein paar Dinge …«
    Die Meldung war diesen Morgen eingetroffen, von einer durch ALBANS autorisierten Quelle an ausgewählte Dienststellen adressiert, die Agenten im besetzten Europa unterhielten. Es hatte sich eine ernsthafte Sicherheitslücke aufgetan: Ein Nazi-Agent sei in England auf freiem Fuß und könne alle Agenten, ihre Agenten, gefährden. Governess war gefoltert worden, Mathilde exekutiert, Nanette wurde vermisst. Ein einziger Nazi-Agent konnte nun alle übrigen in den Tod schicken. Die Meldung forderte Harriet auf, alle Dokumente gemäß den acht gesondert dargelegten Richtlinien zu bewerten. Eine Arbeit, die drei Wochen in Anspruch nahm. Sie hatte drei Tage. Sie konnte ihre jungen Frauen nicht retten; sie konnte nur dafür sorgen, dass außer ihnen selbst nicht noch andere zu Schaden kamen, wenn sie aufflogen.
    »Mrs. Wall?«, sagte Uphill.
    »Ich bin bald fertig«, sagte sie.
    »Nein, meine Liebe. Sie sind jetzt fertig«, sagte Uphill. »Sie nützen uns nichts, wenn Sie völlig erschöpft sind. Fehler schleichen sich ein, und wir wollen doch lieber auf Nummer sicher gehen.«
    Alles in ihr sträubte sich bei seinen klischeebefrachteten Worten, aber sie wusste, er konnte nicht anders. Er sprach, wie er dachte. Und in seltenen Fällen »sprach er ein Machtwort« und ließ nicht mehr mit sich reden. Unter seinem wachsamen Blick räumte sie den Schreibtisch auf und war bald darauf und viel zu früh zu Hause. Das Haus war leer. In die Angst um ihre jungen Frauen schlich sich die Sorge um Earl. Er war abgetaucht aus Gründen, die sie sich noch nicht einmal vorstellen konnte, und würde wieder auftauchen aus Gründen, die sie niemals erfahren würde. So war Earl, Angst oder Misserfolge konnten ihm nichts anhaben, von Schuldgefühlen ließ er sich nicht beeinträchtigen. Ganz anders als Tom, der in den Bombenangriff hinauslief, um dort den Tod zu finden, dem er auf Kreta entkommen war.
    Es klopfte an der Tür: Mrs. Turnbull von nebenan. »Ich würde Sie gern hereinbitten, Mr. Turnbull, aber …«
    »Ach, ich hab ja eh keine Zeit. Mr. Pomfret kommt zum Abendessen. Aber heute Morgen war eine junge Frau da und hat mich gebeten, Ihnen was zu geben.« Sie reichte Harriet ein Blatt Papier, in dem ein kleiner Gegenstand eingewickelt war. »Sie haben nicht vielleicht einen Tropfen Kondensmilch übrig?«
    Harriet winkte Mrs. Turnbull in die Küche und faltete den Zettel auseinander. Darin lag ein Schlüssel. In sauberer, mädchenhafter Schrift stand zu lesen, dass Mr. Wall in Schwierigkeiten sei und Mrs. Wall brauche. Es sei von größter Wichtigkeit. Wenn möglich, möge sie zur folgenden Adresse kommen …
    Keine Unterschrift. Die Adresse war das Waterfall. Sie war niemals dagewesen. Sie hatte es nie sehen wollen. Aber wenn Earl dort war, wenn er sie brauchte …
     
    »Vier, die verfluchte Drei …« Renard legte die Messerspitze auf Toms Handfläche und hob den Tristram Shandy hoch, um ihn niedersausen zu lassen, als würde er mit einem Hammer einen Nagel einschlagen. »Pass auf, dass er nicht zu lange schreit, Rugg. Die Tür ist dicht, aber es wird …«
    »Ich rede«, sagte Tom. »Verdammt noch mal, ich werde singen.«
    »Der erste Schlag wird doch nicht viel Schaden anrichten, was, Arschgeige? War ich bei zwei oder drei?«
    Von der Tür kam ein Geräusch.
    »Polizei!«, schrie Tom. »Holt die Poliz…«
    Rugg brachte ihn zum Schweigen und riss die Brandschutztür auf. »Wir hauen lieber ab. Haben hier nichts mehr verloren.«
    Renard, der noch immer den Tristram Shandy und das Messer in der Hand hielt, fluchte und griff nach seinem Mantel. Tom hielt sich mit beiden Händen an den Armlehnen fest und trat nach Renard. Er traf ihn hinten am Bein und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Renard ließ Mantel und Buch fallen, ging mit wutverzerrter Miene auf Tom los und stach mit dem

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