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Alice@Hollywood

Alice@Hollywood

Titel: Alice@Hollywood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bunzel , Andreas Gaw
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noch eine Methode, die Integration zu beschleunigen: das im Kollegenkreis so beliebte Lästerspiel.
    »Die Rempelmann soll ja was mit dem Umberto haben !« , sagte ich und eröffnete damit das Rennen. Gentlemen, please start your engines! Der Anstoß genügte, und ich konnte mich unbekümmert zurücklehnen, die Wolken und die Schmetterlinge betrachten und meinen Kollegen beim Ablästern über alle nicht Anwesenden zuhören. Es ist schon erstaunlich, wie viele Gehässigkeiten ausgetauscht werden, an die man sich später, sollte man einmal zur Rede gestellt werden, überhaupt nicht mehr erinnern kann. Ich hörte noch eine Weile zu, doch als Kampatzky anfing, Dinge auszuplaudern, die ihm ein Kollege unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut hatte, setzte ich dem Treiben ein Ende.
    »Jetzt wollen wir aber wirklich wissen, wo es hingeht !« , rief ich in die Runde und fügte hinzu: »Wer das Ziel richtig rät, bekommt eine Flasche Appelkorn!«
    Es funktionierte. Sofort begann ein munteres Ratespiel. Jeder hatte sich schließlich schon Gedanken darüber gemacht, was Herr Bartholomäus wohl ausgeheckt hatte. Lösungsvorschläge wie »zum Oktoberfest« oder »nach Mordor« lagen weit vom eigentlichen Ziel entfernt. Es folgten die üblichen heiteren Anmerkungen, »Ich frage das Publikum«, »Darf ich jemanden anrufen«, und so weiter. Aber alle Antworten waren falsch, und Bartholomäus blieb hart.
    Wir sattelten erneut auf. Drei Stunden später deutete ein Wegweiser mit der Aufschrift »Sportpark Waldaue« das Ziel unserer Odyssee an. Wir bogen in die Sportanlage ein, vorbei  an einem Dressurreit-Parcours und einem Freibad. Es folgten zwei Fußballplätze und eine Leichtathletikanlage.
    »Bartholomäus will mit uns für die Paralympics trainieren«, entfuhr es mir. Kampatzky fiel vor Lachen vom Rad.
    Ich erinnerte mich, wie ich in der vierten Klasse, schmalbrüstig und in kurzer Sporthose, beim Weitsprung einen Rekord aufstellte, aber die fette Elke behauptete, ich sei übergetreten. Das habe ich ihr bis heute nicht verziehen.
    Wir ließen die Aschenbahn hinter uns. Also doch keine Leichtathletik-Challenge! Schließlich stoppte Herr Bartholomäus, hob die Arme wie Moses, der das Meer teilen will, und gebot uns Stillschweigen. Er erklärte, dass ein Betriebsausflug immer einen Bezug zu dem Betätigungsfeld der Firma haben sollte. Es sei ihm gelungen, für uns eine solche Verbindung herzustellen.
    »Unser Sender hat ab nächster Saison die Übertragungsrechte für die Baseballspiele der amerikanischem Profiliga«, fuhr er fort, »doch die wenigsten von uns wissen, wie dieses Spiel überhaupt funktioniert !«
    »Und die wenigsten interessiert es, vielleicht liegt's daran !« , diskreditierte sich Katja. Herr Bartholomäus ließ sich nicht beirren.
    Er hatte die grandiose Idee gehabt, mit uns zu einem Baseballspiel zu gehen. Auf einer provisorischen Anlage am Ende des Sportparks spielten die »Westfalen Tigers« gegen die »Pfälzer Pirates«. Nur zweite Bundesliga, aber immerhin. Ein unheilvolles Raunen ging durch die Gruppe. Ich wartete darauf, dass einer Teer und Federn holte, um ihm das klassische Muff-Potter-Outfit zu verpassen und ihn an einen Baumstamm gebunden durch die Straßen zu tragen. Doch Bartholomäus war anscheinend darauf vorbereitet, dass er keine einhelligen Begeisterungsstürme hervorrufen würde.
    »Für die, die kein Interesse am Sport haben: Hinter dem Feld ist ein Grillplatz, da gibt's Barbecue. Und Freibier gibt's auch !«
    Bingo. Mit Gejohle donnerte die Gruppe zum Grill und
    stürzte sich auf die Nackensteaks, als kämen alle gerade von den Entbehrungen des Russlandfeldzuges gezeichnet zurück in die Heimat. Große Klasse, dachte ich. Der ganze Stress für ein paar Würstchen, warmes Bier und einen Deppensport, bei dem Männer in hautengen Hosen mit einem Stöckchen nach einem Ball schlagen. Aber ich hatte ja keine Wahl. Also beschloss ich, positiv an den restlichen Nachmittag heranzugehen.
    Der Hamburger vom Holzkohlegrill schmeckte erstaunlicherweise sogar richtig gut, und die kleine verbrannte Stelle übertünchte ich mit extra viel Heinz Chili-Curry-Ketchup. Das Bier war wider Erwarten angenehm kühl. Schließlich ließ ich mich sogar dazu hinreißen, den Tigern und den Piraten eine Chance zu geben. Auf den provisorischen Holztribünen war nicht viel los. Ich setzte mich auf einen Platz links oberhalb der Abschlagstelle, von wo aus ich eine recht gute Übersicht hatte. Irgendwie waren schon

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