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Alice@Hollywood

Alice@Hollywood

Titel: Alice@Hollywood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bunzel , Andreas Gaw
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versprechend zu sein. Achtzig Prozent der Beziehungen entstehen am Arbeitsplatz, habe ich mal gelesen. Unsere Firma kann der Statistiker dabei nicht berücksichtigt haben. Volkshochschulkurse hatte ich schon einige belegt, aber es fanden sich keine gut aussehenden Kerle, die Interesse an Makramee-Eulen haben. Und für das schnöde »jemanden in der Kneipe ansprechen« fühlte ich mich nicht cool genug.
    Ich fuhr den Computer runter und nahm ein Bad. Logischerweise klingelte es an der Haustür, als ich gerade mitten im prickelnden Limonenschaum verschwunden war. Auch egal, dachte ich, ich erwartete niemanden. Milch, um irgendwelchen Nachbarn damit auszuhelfen, hatte ich ohnehin nicht im Haus. Ich ließ noch einmal warmes Wasser nachlaufen, als es erneut klingelte und dann sogar an der Wohnungstür klopfte. Also schön. Möglicherweise stand ja das Haus in Flammen und irgendein Bewohner wollte mich in einem Anflug von Hilfsbereitschaft warnen. Ich schlüpfte in den Bademantel und tropfte quer durch die Wohnung. Vor der Tür nahm ich weder Rauchgeruch wahr, noch sah ich jemandem im Treppenhaus. Allerdings brach ich mir fast den kleinen Zeh, als mein Fuß gegen eine Flasche Wein stieß, die vor der Tür geparkt war. Ein amerikanischer Wein aus dem Hause Mondavi. Darunter lag ein handschriftlicher Zettel. Ich nahm beides an mich und tröpfelte zurück ins Wohnzimmer. Es war eine Nachricht von meinem Tiger, Mr. Miller:
    Hallo Alice. Habe Ihre Adresse von Ihrem Chef erfragt. Nicht böse sein. Ich wollte mich noch einmal für den abgeprallten Ball entschuldigen. Wenn der Wein nicht schmeckt, würde ich Sie ersatzweise auch zum Essen einladen. Liebe Grüße, Steve Miller
    Steve Miller, »some people call me the gangster of love«. Dann folgte seine Handynummer und ein PS, in dem Steve seiner Hoffnung Ausdruck gab, der Wein würde mir bitte nicht schmecken.
    Wie süß, dachte ich. Und wie aufdringlich. Was bildet der sich eigentlich ein. Ist das jetzt die neue Masche? Frauen mit Basebällen abschießen? Womenbatting, der neue Trendsport aus den USA. Ich öffnete den Cabernet Sauvignon und verzog mich wieder in die Badewanne. Der Wein schmeckte ausgesprochen gut. Nach dem zweiten Glas hatte ich den Zettel schon vor- und rückwärts auswendig gelernt. Dann entschied ich, dass das Tröpfchen korkt. Nein, so einen miesen Wein hatte ich schon lange nicht mehr heruntergestürzt. Frechheit. Das musste ich diesem Steve sofort mitteilen.
    Nach einem peinlichen Telefonat, in dem ich erst völlig behämmert rumkicherte und dann gegen Amerika wetterte und alle Amerikaner als Kriegstreiber bezeichnete, verabredeten wir uns für den folgenden Nachmittag zum Kaffee.
    Das Cafe Dezentral war bis auf den letzten Platz gefüllt. Ich schlug vor, uns nach draußen zu setzen. Steve betrachtete argwöhnisch die dunklen Wolken am Himmel, folgte mir dann aber und zog sogar einen Stuhl beiseite, um mich Platz nehmen zu lassen. Der letzte Mann, der mir einen Stuhl zurechtgerückt hatte, war mein Vater. Da war ich vier Jahre alt und kam nicht an den Tisch mit den Schokoflocken heran. Steve setzte sich mir gegenüber, strich sich durch sein dunkelblondes lockiges Haar, das vor ein paar Tagen von einem unvorteilhaften Baseballhelm verborgen gewesen war. Die Sonnenbrille auf seiner Nase ließ seine blauen Augen nur erahnen. Steve lächelte mich an und griff nach der Brille. Bitte nicht hoch in die Haare schieben, dachte ich. Männer, die ihre Sonnenbrille als neckisches Accessoire in den Haaren tragen, sind nicht nur schlecht im Bett, das wusste ich von Jenny, sondern zudem absolut nicht bindungsfähig. Ein eindeutiges Anzeichen für einen zu stark ausgeprägten Narzissmus, der dem Partner im Laufe der Beziehung die Luft abgräbt. Das hatte ich in einer Frauenzeitschrift mit Heidi Klum auf dem Cover gelesen. Gott sei Dank: Steve setzte die Sonnenbrille ab. Ein klarer Pluspunkt.
    »Ich hasse es, wenn ich Leuten gegenübersitze, die ihre Sonnenbrille aufbehalten«, sagte er mit einem süßen amerikanischen Akzent, »deshalb will ich auch niemanden anderen damit verprassen !«
    »Verprassen?«
    »Ja. Vor den Kopf schlagen! Verprassen !« , versuchte Steve sich zu erklären. Instinktiv rieb ich meine Baseball-Beule und musste grinsen.
    »Du meinst verprellen ?« , korrigierte ich und versuchte, ihm
    den Unterschied von »verprassen« im Sinne von Geld ausgeben und »verprellen« zu erklären. Ob »verprellen« etwas mit einer Sportverletzung zu tun hat,

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