Alice@Hollywood
herummampfend.
»Ein Einbrecher«, stellt Nina fest. »Ihr seid von einem Einbrecher überrascht worden, der hat dann die Bullen gerufen und ... nee, das macht ja keinen Sinn .«
»Es macht mehr Sinn, wenn du Ruth die Geschichte erzählen lässt«, sage ich amüsiert. Nina liest gerne Kriminalromane und hat ein ausgesprochenes Talent, jeden Hinweis falsch zu deuten. Sie behauptet immer, spätestens auf Seite 3 zu wissen, wer der Mörder ist, und tippt dann mit frappanter Treffsicherheit stets auf das nächste Opfer.
»Es war Walker Allisons Freundin«, fährt Ruth fort. »Der Strom in der Bude war abgeschaltet. Sie fummelt also da im Dunkeln rum und mir fällt ein, dass ich meine Handtasche auf dem Wohnzimmertisch abgelegt habe .«
Nina schlägt eine Hand vor den Mund: »Oh, Gott. Und dann hat sie ...«
»Nein, hat sie nicht«, erwidert Ruth geduldig. »Sie ist unverrichteter Dinge wieder raus. Sie hat ihrem Walker eine Nachricht dagelassen, wo er sie treffen kann .«
»Fat's Diner«, grunzt es aus Rons Kehle, hinter etwas doppelt Gewhoppertem hervor.
»Also wir nichts wie hin, denn da würde ja auch mein Gepäck auftauchen. Und unterwegs stell ich fest, dass ich mich die ganze Zeit an eine wildfremde Handtasche klammere .«
Nina macht wieder ihr Oh-nein-Gesicht, sagt aber vorsichtshalber nichts mehr.
»Ich hab im Dunkeln die Falsche erwischt. Wir mussten wieder zurück in Walkers Wohnung, meine Handtasche holen .«
Die Nachricht für Walker klebte noch an der Tür. Mister Allison war also noch nicht aufgetaucht. Und es war immer noch offen.
»Hallo? Jemand zu Hause ?« , fragte Ron in der Hoffnung auf das Gegenteil. Nichts rührte sich im Dunkel der Wohnung. Ruth tastete sich zum Tisch vor, Ron gab ihr Rückendeckung.
»Scheiße. Sie ist nicht mehr da !«
»Dann hat ...«, fing Ron an, wusste aber auch nicht, wer was hatte.
Ruth ließ die Schultern sacken und erklärte es ihm: »Toll. Jetzt hat ein Typ, den ich nicht kenne, mein Gepäck und eine Frau, die ich auch nicht kenne, meine Handtasche .«
»Aber es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass das alles heute Nacht noch in Fat's Diner auftaucht .«
Ron war so stolz auf seine Feststellung, dass er für den entscheidenden Moment die Rückendeckung vernachlässigte. Wieder bemerkten sie das nahende Unheil erst an den Schritten auf der Metalltreppe. Und wieder wurde das Klacken der Absätze von einer zeternden Stimme begleitet, als gehöre das in dieser Gegend zum guten Ton. Nur dieses Mal war es eine männliche Stimme. »Dämliche Kuh ... mhm ... keine Ahnung ... hmm ... Dreck, verdammter .«
Ruth zerrte Ron wieder ins hintere Eck der Wohnung. Sie konnte Allison schlecht in seiner eigenen Wohnung nach ihrem Gepäck fragen, noch dazu bewaffnet mit der Handtasche seiner Frau.
»Das wird allmählich zur Routine«, zischte sie, als sie sich erneut im Schlafzimmer zusammendrängelten. Auch Allison polterte ohne Licht einzuschalten im Dunkeln durch die Wohnung. Entweder war der Strom ausgefallen oder er hatte seine Rechnung nicht bezahlt. Seine Schritte näherten sich. Die Türklinke zum Schlafzimmer wurde heruntergedrückt. Ruth kniff die Augen zusammen wie ein Kind, das das Monster unter dem Bett nicht sehen will. Ron schien still an einer Ausrede zu basteln, da überlegte Allison es sich anders. Er stieß irgendwo an, fluchte, machte ein paar Schritte von der Tür weg. Über den Flur hörten sie ihn kurz darauf geräuschvoll in ein Becken strullern. Seine Blase musste zum Platzen voll sein, denn Ruth glaubte, sechsmal das Vaterunser runtergebetet zu haben, bevor das Plätschern abstarb. Dann schlurfte Allison zurück ins Zimmer, fluchte etwas Unverständliches, und dann schlug die Apartmenttür wieder zu.
Ruth und Ron warteten eine Weile, bis sie Walker in sicherer Entfernung wussten, verließen dann auf leisen Sohlen die Wohnung und liefen direkt in den Lichtkegel einer Taschenlampe.
»He! Was macht'n ihr da in Walkers Wohnung ?« , kam es mit brüchiger Stimme von jenseits des Lichts.
Ruth hatte nicht einmal Zeit, auf die Situation zu reagieren. Ron kam ihr zuvor, unfassbar schnell. Er packte sie und zog sie die Treppe hinunter.
»Lauf !« , rief er ihr zu. »Nicht umsehen. Und Gesicht nach unten.«
Verfolgt von Flüchen und dem Licht der Taschenlampe rannten sie in eine schmale Gasse, die auf ein Brachgelände führte, rannten weiter, zwischen verrosteten Kühlschränken und Mikrowellenherden hindurch, bis sie feststellten, dass sie nicht
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