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Alice@Hollywood

Alice@Hollywood

Titel: Alice@Hollywood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bunzel , Andreas Gaw
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dass weder der Taxifahrer noch der Passagier dieses Gespenst überhaupt wahrgenommen hatten. Alles, was die Melville-Airfield-Angestellten für sie tun konnten, war, Name und Anschrift des Taxifahrers rauszukramen. Er würde nach dieser Fuhre sicher Feierabend machen. Es war der letzte Flug des Abends, und nach 22 Uhr brauchte in Menominee keiner mehr ein Taxi.
    »Fahr'n Se da aber nich heut Am'd noch hin«, hauchte die Schlaftablette. »Is keine gute Gegend.«
    »Und ob wir das tun«, bestimmte Ruth, »bei meinem Glück kriegt der Kerl morgen früh als Erstes eine Fuhre nach Mexiko. Ich hab keine Lust, mein Gepäck bis nach Tijuana zu verfolgen .«
    Hinter dem Namen Menominee verbarg sich ein Ort von bemerkenswerter Belanglosigkeit. Er war kuhfladenartig in die Landschaft geklatscht. Man schien hier der Meinung zu sein, mehr als zweistöckig zu bauen sei babylonischer Hochmut und würde den Zorn Gottes herausfordern. Es lebten nicht mehr als 3000 Menschen in dem Ort. Trotzdem beanspruchte er den Raum einer deutschen Kreisstadt. Etwa ein Viertel der Bevölkerung war schwarz und bewohnte den Ortsteil, von dem der Schlafwandler behauptet hatte, es sei keine gute Gegend. In Wirklichkeit ließ sich kein großer Unterschied zwischen den einzelnen Vierteln ausmachen. Und das lag nicht daran, dass es bereits dunkel war. Kraftlose Laternen befunzelten stille Straßenzüge. Ohne Schwierigkeiten fanden Ron und Ruth die angegebene Adresse, Crescent Drive. Walker Allison, das war der Name des Taxifahrers, bewohnte ein, Apartment im Block 46, ein etwa 30 Meter langes, zweistöckiges Gebäude. Die Apartments lagen im ersten Stock. Sie waren verbunden durch einen balkonartigen Vorbau, der sich über die ganze Länge des Gebäudes erstreckte und zu dem zwei  Eisentreppen hinaufführten. Unter dem Vorbau parkten einige Autos, die schon bessere Tage gesehen hatten. Dazwischen Schutt und Sperrmüll, ein paar Stühle neben einem Holzkohlengrill, Kinderfahrräder, Wäschespinnen. Es war niemand zu sehen, nirgendwo brannte Licht. Ruth wurde doch ein wenig mulmig.
    »Das ist nicht die Süd-Bronx«, sagte Ron beruhigend. »Und selbst da haben es nicht alle darauf abgesehen, unschuldige Bürger fertig zu machen .«
    Sein Optimismus wirkte beruhigend. Sie stiegen die Treppe hinauf. Walker Allisons Apartment war das achte in der schmucklosen Reihe. Seine Klingel funktionierte nicht, und auch auf ihr Klopfen kam keine Reaktion. Dafür reagierte die Tür, als Ruth sich in stummer Resignation dagegenlehnte. Sie gab nach, und Ruth landete etwas unsanft auf Walker Allisons muffigem Teppich. Ron half ihr auf. Beide sahen sich erstaunt um. So unvermittelt in die Wohnung eines Unbekannten geschubst worden zu sein, erzeugte ein merkwürdiges Gefühl. Warum war nicht abgeschlossen? Warum war in diesem ganzen Block niemand zu Hause? Und warum hatte Walker Allison so eine scheußliche Couchgarnitur? Ruth fühlte eine unangebrachte Erregung darüber, in fremdes Terrain eingedrungen zu sein. Wie jemand, der im Tagebuch eines anderen stöbert und unbedingt auf prickelnde Geheimnisse stoßen will. Sie spähte in das Dunkel der Wohnung, als erwarte sie, jeden Moment ihre Tasche entdecken zu können.
    »Mister Allison?« Auch Ron schien von eher zwiespältigen Gefühlen heimgesucht. Er hatte den Namen mehr gehaucht als gerufen.
    »Vielleicht ist was passiert«, sagte er leise und öffnete die Tür zum Bad. Auch ohne Licht konnte er feststellen, dass sich hier niemand aufhielt. Dem Bad gegenüber lag ein weiterer Raum, eingerichtet in der niederschmetternden Schlichtheit eines Motelzimmers.
    »Nichts«, flüsterte Ron. Sie waren derart in der knisternden Atmosphäre gefangen, dass sie den Wagen nicht hörten, der  unter dem Vorbau hielt. Erst als Schritte die Eisentreppe hochklackerten, begleitet von einer meckernden Stimme, erwachten beide aus ihrer Trance. Aber da war es schon zu spät. Sie waren gefangen. In böser Vorahnung zog Ruth ihren Begleiter ins Schlafzimmer. Sie schloss leise die Tür, gerade noch rechtzeitig, bevor jemand die Tür zu Allisons Apartment aufstieß.
    »O nein !« , ruft Nina laut aus, »der Taxifahrer hat euch erwischt, die Bullen gerufen und ihr habt die Nacht auf dem Polizeirevier verbracht!«
    »Wenn's nur das gewesen wäre«, stöhnt Ruth.
    »Was denn noch ?« , frage ich, »hat er euch vorher noch seine Familienfotos gezeigt?«
    »Es war nicht der Taxifahrer«, murmelt Ron, gleichzeitig auf Käse, Ei, Schinken und Bohnen

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