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Alice at Wonderland

Alice at Wonderland

Titel: Alice at Wonderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bunzel Gaw
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allen Mut zusammen und sagen beim Hinausge hen leise: »Tschüss.« In der stillen Hoffnung, man könne beim nächsten Aufeinandertreffen an dieses Gespräch an knüpfen.
    Der zweite fällt in die Kategorie sophisticated. Er wartet ein Weilchen, schiebt einem dann eine Freikarte für eine Ingmar-Bergmann-Retrospektive zu, ist Cheftheoretiker in Sachen Gefühl und benutzt Worte wie »stückweit« und »angedacht«. Wenn's ganz dicke kommt, hat er was stück weit angedacht. Nimmt man die Karte dankend an, zückt er geschwind eine weitere und kommt todsicher mit dem genialen Vorschlag, man könne sich »Szenen einer Ehe« doch zusammen ansehen. Womit er in der Regel ein ganzes Stück weit daneben liegt.
    Der dritte ist der klassische Originelle, und das sind die gefährlichsten. Er sorgt zunächst dafür, dass man ihn aus den Augen verliert und wartet geduldig auf seine Chance. Wenn einem dann ein kleines Missgeschick passiert, das Feuerzeug fällt herunter oder das Glas wird umgestoßen, taucht er urplötzlich neben einem auf mit einem Witz auf den Lippen. Ein Lacher kommt immer an, im dritten Satz bringt er ein gut geöltes Kompliment unter, und schon sitzt man in der Falle.
    Der letzte ist ein Unverschämter. Die kommen ohne Übergang zur Sache und haben nicht das geringste Pro blem damit, eine Konversation mit dem Satz zu eröffnen: »Ich seh dir an, dass du Strapse trägst.« Ich weiß nicht, was niederschmetternder ist, diese Art der Anmache oder die Tatsache, dass sie damit bisweilen tatsächlich Erfolg haben. Andererseits gibt's dieses Oma-Sprüchlein: Jedes Töpfchen findet das passende Deckelchen. Dann stößt Unverschämtheit also gelegentlich auf Gegenliebe. Auch wenn die Typen im Kern fast immer falsch liegen. Kaum eine Frau geht in Strapsen aus.
    Glücklicherweise gehöre ich nicht in das Beuteschema des Unverschämten, sonst säße er längst neben mir. Andererseits frage ich mich, ob es nicht auch daran liegen kann, dass ich die ganze Zeit immer an Alex denken muss, was mir vermutlich in unkontrollierten Augenblicken so ein Sarotti-Mohr-Grinsen ins Gesicht treibt. Im Gegensatz
    zur allgemeinen Auffassung glaube ich schon, dass auch Männer ein gewisses Gespür für Situationen besitzen. Schließlich brauchen sie es, um herauszufinden, ob ein Weibchen paarungsbereit ist oder nicht. Wenn ich also mit einem verträumt seligen Ausdruck vor meinem Drink sit ze, kommt doch wohl keiner angerannt mit dem Sprüch lein: »Ich seh dir an, dass du in einen anderen verknallt bist und meine Anmache komplett zwecklos ist. Also, was trinken wir?«
    Und richtig, das tut jetzt auch keiner. Gut gelaunt nippe ich an meinem White Russian und durchschaue die Welt. Ich frage mich, warum Psychologiestudenten sich eigent lich die ganzen fetten Seminare antun. Hinein in die Bars, hier lernt man alles. Macht auch mehr Spaß. Das sieht El len sicher nicht so. Ellen habe ich damals an der Uni kennen gelernt. Sie hat Psychologie studiert, und sie hat sich die fetten Seminare angetan. Sie war schon damals kaum mit Waffengewalt zu einem Glas Wein zu überreden. Auf dem Spaß-Index liegen Psychologie und Lebensfreude an den beiden entgegengesetzten Enden. Wie Sex und Ing mar-Bergmann-Filme. Ich sehe Ellen nicht mehr so oft. Das liegt auch daran, dass sie der festen Überzeugung ist, alle, die beim Fernsehen arbeiten, gehörten auf die Couch. Wohingegen ich mich standhaft weigere, behandlungs würdige Depressionen zu entwickeln.
    »Gott, ist das nicht alles deprimierend?«
    Erstaunt drehe ich mich um. Hab ich vielleicht einen Typen übersehen? Den mit der Mitleidsmasche? Es ist Johnny Weißmüller, der Barmixer. Er wischt abwesend einen nicht vorhandenen Fleck vom Tresen.
    »Wie?«
    »'tschuldigung. Bin nur ein bisschen ...«, sagt er lahm, »... weißte, meine Freundin ist abgehauen.«
    Oje, damit hab ich jetzt gar nicht gerechnet. Ich möchte an dieser Stelle nur kurz erwähnen, dass es ein totaler Trugschluss ist zu glauben, alle Frauen seien die perfekten
    Trostspenderinnen. Meine Qualitäten in Bezug auf Trauerarbeit beschränken sich auf gelegentliches Kopfschüt teln und an passender Stelle eingeworfene »Jajas« und »Hm-hms«.
    »Hm-hm«, sag ich kopfschüttelnd. Das ist natürlich auch ein Trick, um das zur Schau getragene Interesse auf dem untersten Level zu halten. Leider vergesse ich immer, dass Ertrinkende auch nach Strohhalmen greifen. Sven, so heißt Johnny Weißmüller im wirklichen Leben, schreckt das deshalb kein

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