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Alice at Wonderland

Alice at Wonderland

Titel: Alice at Wonderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bunzel Gaw
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wieder auszuziehen und von vorn zu beginnen. Ich probiere sechs weitere Outfits, von keusch über neutral zu frivol und lande letztlich bei einem, das der ersten Kombination verdächtig ähnlich sieht. Ein kritischer Blick sagt mir, dass das nicht stimmt. Sie sieht exakt wie die erste aus. Was war daran auszusetzen? Sieht doch topp aus. Wenn doch alles so einfach wäre. Doch da fällt mir etwas ein. Ich wer de die dunkelhaarige Single-Lady im pinken Shirt sein, das habe ich Alex geschrieben, damit er mich erkennen kann. Stöhnend vor Blödheit blättere ich mich aus dem Man go-Geraffel und ziehe mir das an, was schon seit mehr als
    achtundvierzig Stunden feststeht. Aber die Unterwäsche bleibt. Wie das Gefühl. Leichtes Kribbeln.
    Wie er wohl aussieht? Kurz ziehen Schreckensvisionen von Sumoringern und spindeldürren Basketball-Spielern an mir vorbei. Ältere Herren im Lodenmantel, Klein wüchsige in Nadelstreifen-Anzügen, Vorstadt-Knalltüten, die die Heckscheiben ihrer Kleinwagen verdunkeln. Ver huschte Typen, die sich noch nicht zu einer Geschlechts umwandlung entscheiden konnten, und andere, die's getan haben. Das Horrorkabinett ist dichter bevölkert als der Rest des Universums. Vielleicht liegt es auch nur daran, dass ich zwar sagen kann, wie er nicht aussehen soll. Aber nicht, wie denn nun genau. Ich bin nicht so vermessen, ei nen Hollywood-Schauspieler zu erwarten. Aber was liegt zwischen Keanu Reeves und Homunkulus? Was soll's. Gut wird er aussehen. Wie es die Situation erfordert.
    >Lass ihn um Himmels willen nicht schwul sein<, schießt es mir durch den Kopf. >Das ertrag ich nicht.<
    »Was spielt das für eine Rolle?«, meldet sich wieder mein Yang.
    »Weil ich genug Schwule kenne, mit denen ich prima auskomme«, antworte ich gereizt, »und jetzt halt die Klappe!«
    Alex und ich, wir befinden uns auf einer Wellenlänge. Das muss doch auch mit einem Hetero-Mann möglich sein. Ich muss ihn ja nicht gleich heiraten. Jedenfalls nicht heute.
    Da ich nicht weiß, wie Alex aussieht, bin ich ein bisschen früher am Treffpunkt. Eine Viertelstunde reicht. Vielleicht einen Tick eher, um meine Aufregung in den Griff zu bekommen. Überhaupt erst mal runterkommen wär nicht schlecht. Und noch ein paar Minuten für einen klaren Kopf. Als ich endlich im Cafe Viola aufschlage, habe ich noch mehr als eine Stunde Wartezeit vor mir. Cafe Viola. Das war sein Vorschlag. Er wird doch nicht
    zu der bis zum Erbrechen verständnisvollen Softie-Liga gehören. Das Cafe Viola ist das, was man etwas abfällig als Teesocken-Treff bezeichnet. Neunzig Prozent des Umsatzes werden mit Aufgussgetränken und Softdrinks ge macht. Wenn es einer ganz verrucht treibt, bestellt er sich einen Irish Coffee. Wer die Stirn hat, auf einem Tequila zu bestehen, bekommt gratis die Adresse der Anonymen Alkoholiker dazu. Aus den Boxen dudelt Chris de Burgh, leicht unterhalb der Hörschwelle. Solche Cafes haben für acht Tische vier Bedienungen. Um von einer überhaupt wahrgenommen zu werden, wartet man trotzdem länger als auf Godot. Irgendwie passt der Laden überhaupt nicht zu Alex.
    Aber eigentlich ist es mir recht. Besser als die Innenstadt-Cafes, wo alle paar Minuten ein bekanntes Gesicht auftaucht. Ich wüsste nicht, wie ich mir innerhalb von einer halben Stunde acht originelle Ausreden einfallen lassen soll auf so eine simple Frage wie: »Na, was machst'n du hier?«
    Und wenn sie dann endlich festgestellt haben, was ich hier mache, geht das Gefeixe hinter meinem Rücken los. »Ist das der Neue von Alice?«
    Vielleicht hat Alex aus dem gleichen Grund dieses Cafe vorgezogen. Hier ist man ungestört. Ziemlich un gestört. Noch immer hat sich keine Kellnerin durch die lichten Reihen zu mir durchringen können. Alle starren auf imaginäre Punkte an Wänden, Decke und Klotür, als erwarteten sie dort das Erscheinen des Messias. Ein lau tes »Hallo!« meinerseits erzielt seine Wirkung. Einer der Gäste bekommt einen Herzinfarkt und ich die gewünsch te Aufmerksamkeit. Die übrigen hyperventilieren noch kurz, und dann kehrt alles in die flauschige Atmosphäre eines von einem irischen Barden umsäuselten Nachmit tags zurück.
    Ich überlege, ob ich Alex erkennen werde, wenn er hereinkommt. Da ich ganz sicher bin, dass er nicht zu
    den Birkenstock-Typen gehört, dürfte das aber eigentlich kein Problem sein. Es wird der erste Mann sein, der das Cafe betritt und auch wie einer aussieht. Belustigt stelle ich fest, dass dies mein erstes Blinddate ist. Also, nicht

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