Alicia II
Nachbargebäude auch nur einen Kratzer davontrugen. Der Wagen mit Rosalie und ihrem Überwältiger blieb in der Nähe stehen, offenbar, damit sie der Vernichtung ihrer Kirche zusehen konnte. Als das Gebäude fast dem Erdboden gleichgemacht war, startete der Wagen und fuhr an mir vorbei zu der entgegengesetzten Ecke. Rosalie blickte unbeirrt geradeaus. Ich habe sie nie wiedergesehen, obwohl ich einmal glaubte, ihr erneuertes und etwas älter gewordenes zweites Ich von fern auf einer Straße der Stadt erblickt zu haben.
Vierter Teil
1
Als ich aus dem St. Ethel-Camp nach New York zurückkehrte, fand ich die Stadt abstoßender als je zuvor. In den Reihen der Wetterkontroll-Leute war irgend etwas schiefgelaufen, ein Streik in ihrer Mitte oder ein großes Versagen in der Überwachung, wie es von Zeit zu Zeit vorkommt.
Infolgedessen hatte sich eine unvorhergesehene Glocke aus Hitze und Feuchtigkeit auf die Stadt niedergesenkt. Straßen und Gehsteige auf allen Ebenen waren mit Menschen überfüllt, die aussahen, als brauchten sie nur eine geringfügige Provokation, um sich gegenseitig umzubringen.
Jetzt erst fiel mir auf, daß Teile der Stadt eindeutige Zeichen des Verfalls trugen. Hier blätterte eine Fassade ab, dort entstand ein Riß. Ich dachte daran, was ich in den alten Zeiten über die Stadt gehört hatte, als sie einer der schlimmsten Horte der Übervölkerung gewesen war. Später war sie entsprechend den fortschrittlicheren städtebaulichen Theorien, die die Volksmassen neu gruppierten und umsiedelten, umgebaut und renoviert worden. Nun fragte ich mich, ob die Geschichte sich wiederhole. Jedenfalls waren zu viele Menschen vorhanden.
In unserer Hotel-Suite stellte ich fest, daß Stacy sie nicht bewohnte. Er hatte eine kurze Nachricht hinterlassen, er habe sich an einen anderen Ort begeben – es ließ sich schließen, daß das außerhalb der Stadt war – und er wisse nicht, wann er zurückkomme. Bei Stacy wußte man so etwas nie. Er mochte bald auftauchen, er mochte jahrelang wegbleiben. Stacy würde kommen, wenn er Lust dazu hatte, und damit hatte es sich.
Aber es beunruhigte mich, daß ich in den Zimmern der Suite überhaupt keine Spuren mehr von ihm fand.
Ich versuchte, mich mit Ben in Verbindung zu setzen, doch auch er hatte die Stadt verlassen. Laut June im Auftrag der Regierung.
Aus Langeweile ging ich spazieren, aber ich kam nicht weit.
Eine Menschenmasse hatte sich einige Straßen vom Hotel entfernt versammelt. Es war kein Durchkommen. Ich fragte eine Frau am Rand der Menge, was geschehen sei. Nach dem, was sie mir berichtete, hatte eine sehr große Attentäter-Gruppe einen Überfall gemacht. Drei oder vier Kommandos hatten sich zusammengeschlossen und eine Reihe von Leuten auf der Straße niedergeknallt. Die meisten Toten waren offenbar in der dritten oder vierten Lebensspanne und auf dem Heimweg von einem Treffen gewesen. Es waren nicht genug Krankenwagen eingetroffen, um die Leichen wegzubringen, und mit einiger Wahrscheinlichkeit würden ein paar der nicht beschädigten Toten keine vierte oder fünfte Lebensspanne mehr bekommen.
Ich rechnete damit, daß Alicia jederzeit auftauchen könne, wie sie es früher so oft getan hatte. In den nächsten Tagen hielt ich ständig nach ihr Ausschau, besonders wenn die Luft sich seltsam anfühlte, aber sie zeigte sich nicht. Ich unternahm lange Spaziergänge in der Hoffnung, sie werde mir über den Weg laufen, und versuchte ein paarmal ohne Erfolg, sie aufzuspüren. Bei einem Anruf in ihrer Agentur teilte mir ein Mann mit angenehmer Stimme mit, sie wüßten nie, wo Alicia stecke, aber in der vergangenen Woche sei sie
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