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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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mehr­mals kurz da­ge­we­sen. Ich hin­ter­ließ ei­ne Nach­richt für sie.
    Ich grü­bel­te viel über un­se­ren Aus­flug zum St. Ethel-Camp.
    Manch­mal be­dau­er­te ich al­les, was sich dort er­eig­net hat­te, manch­mal be­dau­er­te ich nur einen Teil der Er­eig­nis­se, und im­mer be­dau­er­te ich die­se letz­ten Au­gen­bli­cke, als ich sah, wie Ro­sa­lie fort­ge­führt wur­de. Da ich nichts Bes­se­res zu tun hat­te, such­te ich Kon­takt mit je­man­dem auf­zu­neh­men, der mir sa­gen konn­te, was mit Ro­sa­lie ge­sche­hen war. Schnell fand ich her­aus, daß es kei­ne Mög­lich­keit gab, die­se In­for­ma­ti­on aus­zu­schnüf­feln. Kein ein­zi­ger Be­am­ter sprach es mir ge­gen­über je aus, daß die Sa­che un­ter Ge­heim­hal­tung fiel, aber es war klar, daß sie es tat. Be­son­ders arg­wöh­nisch mach­te es mich, wenn ich bei mei­nen Nach­for­schun­gen an­ge­ben soll­te, wer ich sei und wie­so ich mich für ei­ne Po­li­zei­ak­ti­on in­ter­es­sie­re, die ei­ne Aus­ge­mus­ter­te be­tref­fe. Ein­mal er­kun­dig­te ich mich, ob sie in die Er­neue­rungs­kam­mer ge­schickt wor­den sei. Mein Ge­sprächs­part­ner schi­en die Fra­ge als Be­lei­di­gung auf­zu­fas­sen, als ein The­ma, das höf­li­che Men­schen gar nicht erst an­schnei­den. Das war ei­ne Hal­tung, der ich frü­her schon be­geg­net war.
    Ich hät­te gründ­li­che­re Nach­for­schun­gen über Ro­sa­lies Ver­schwin­den an­stel­len kön­nen, aber mit dem Ein­tritt Pi­er­re Ma­dlings in mein Le­ben wur­de mei­ne gan­ze Welt auf den Kopf ge­stellt.
     

 
2
     
    Pi­er­re Ma­dling war in­ter­essant an­zu­se­hen, und zwar auf die Wei­se, wie be­son­ders unat­trak­ti­ve Men­schen in­ter­essant sind.
    Er war klein mit schma­len Schul­tern und en­ger Brust über ei­nem nicht da­zu pas­sen­den Ku­gel­bauch und Spin­del­bei­nen. In den Zei­ten, als Bir­nen reich­li­cher vor­han­den wa­ren, hät­te man ihn bir­nen­för­mig ge­nannt. Trotz­dem hät­te er mit die­sem Kör­per im­mer noch fa­bel­haft aus­ge­se­hen, wä­re sein Ge­sicht nicht wirk­lich ab­sto­ßend ge­we­sen. Stän­dig trä­nen­de Au­gen trie­ben un­ter schwe­ren Wol­ken von di­cken schwar­zen Au­gen­brau­en da­hin. Sei­ne Na­se, röt­lich ge­färbt und von der Form ei­nes Bal­lons, aus dem ein Teil der Luft ent­wi­chen ist, deu­te­te auf Al­ko­ho­lis­mus hin, ei­ne so gut wie aus­ge­stor­be­ne Krank­heit. Sei­ne Lip­pen wa­ren dünn, ob­wohl al­les an­de­re in sei­nem Ge­sicht ver­lang­te, daß sie dick sei­en. Ein ko­mi­scher wei­ßer Fleck an der Spit­ze sei­nes Kinns sah aus wie die Schmin­ke ei­nes Clowns, war aber ein Haut­feh­ler. Sein Haar war ge­wöhn­lich un­ge­kämmt, und ob­wohl es echt war, wirk­te es oft wie ei­ne Pe­rücke. Er war in den Fünf­zi­gern, und im Ge­gen­satz zu den meis­ten Leu­ten der heu­ti­gen Welt sah man es ihm auch an.
    Ich hat­te in ei­nem Stra­ßen­ca­fe ge­ses­sen und ein bit­te­res Ge­bräu ge­trun­ken, von dem be­haup­tet wur­de, es schme­cke wie Es­pres­so. Plötz­lich wur­de mir be­wußt, daß die­ser klei­ne, fet­te Mann an mei­nem Tisch stand.
    »Ich wer­de mich zu Ih­nen set­zen, Sir«, sag­te er. »Sie ge­stat­ten doch?«
    Ich wies auf den Stuhl ne­ben mir.
    »Dan­ke.« Er nahm Platz. »Be­stel­len Sie nie­mals den Es­pres­so.«
    Aus ir­gend­ei­nem Grund woll­te ich ihm nicht die Wahr­heit sa­gen.
    »Warum nicht? Ich trin­ke ihn recht gern.«
    »Das ist aus­ge­schlos­sen. Er schmeckt wie der Urin ei­nes al­ten Af­fen. Er­lau­ben Sie mir, et­was an­de­res zu be­stel­len.«
    Er nahm mein Mok­ka­täß­chen und schüt­te­te den In­halt mit ka­va­liers­mä­ßi­ger Ges­te auf die Er­de ei­nes in der Nä­he ste­hen­den Blu­men­top­fes. Ich er­war­te­te, die Blät­ter auf der Stel­le wel­ken zu se­hen. Er gab mir die Tas­se zu­rück. Auch wenn ich den Kaf­fee ver­ab­scheu­te, nahm ich ihm sei­ne Ein­mi­schung übel. Er wink­te ei­nem Kell­ner mit die­sem Schwung, der so­for­ti­ge Be­die­nung ver­langt, und sag­te: »Ich bin Pi­er­re Ma­dling. Ich tue nichts Nütz­li­ches in die­ser Le­bens­span­ne, denn nach zwei frü­he­ren, die vol­ler Ak­ti­vi­tät wa­ren, ha­be ich

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