Alicia II
diesem blöden Hurensohn nicht erlaubte, ihn zu benutzen. Warum habe ich ihn nicht getötet? Kannst du mir das sagen?«
Triplett schlug mit der Hand gegen die Lehne der Bank. Das Holz drohte zu splittern. Offenbar hatte er sich verletzt, denn er saugte eine oder zwei Sekunden lang an der schmerzenden Stelle.
»Jedenfalls, als ich die Stimme hörte, drehte ich mich um und wußte, was ich zu sehen bekommen würde. Gott, er füllte den gottverdammten Türrahmen beinahe aus, so massig war er. Ich hatte bereits vergessen, wie massig dieser Körper war. Wie die Dinge lagen, war sein neuer Bewohner natürlich in hoffnungslosem Zustand. Seine Schultern stießen zu beiden Seiten des Türrahmens an. Ihr Bastarde habt alle Mühe, euch an eure neuen Körper zu gewöhnen, aber wenn euch ein so gewaltiger wie der Richards zugeteilt wird, gibt es dreifache Schwierigkeiten. Ein Kerl wie Longwood würde normalerweise viel mehr Zeit im Rekonvaleszenten-Zentrum verbringen als andere. Deshalb schickten sie ihn aus offensichtlichen Gründen zu mir. Ich hatte bereits bemerkenswerte Fähigkeiten beim Training von Erneuerten bewiesen. Longwood sollte die Probe aufs Exempel werden, ob ich in meinem Beruf wirklich so gut war, wie es den Anschein hatte. Die meisten meiner anderen Fälle gehörten schon zu den Fortgeschrittenen. Deshalb entschloß ich mich, sie abzugeben und mich ganz Longwood zu widmen. Das sagte ich ihm, und er antwortete, er wisse es zu schätzen. Nie habe ich einen Erneuerten gesehen, der so im Kriegszustand mit dem ererbten Körper war. Longwood konnte kaum rund um meinen Arbeitsraum gehen. Er mußte sich an Gegenständen festhalten, sich weiterziehen, auf seine Füße sehen, um sich zu vergewissern, daß er sie ordnungsgemäß bei jedem Schritt auf den Fußboden setzte. Als ich ihm zusah, hätte ich beinahe laut losgeheult. Statt dessen setzte ich ihn hin und tat, als müsse ich seinen Lebenslauf aufnehmen. Das war absolut unnötig, ich wollte über den Bastard nur herausfinden, was ich konnte. Wie ich erfuhr, war Longwood Architekt, und während seiner vorhergehenden Lebensspanne hatte er die meiste Zeit auf seinem Arsch gesessen und Striche und Zahlen auf Papier gemalt. Er sagte, er habe nie viel Sport getrieben und sei ein bißchen erschrocken – das Wort war es, das er benutzte, erschrocken –, daß er diesmal einen so gewaltigen Körper erhalten habe. Was solle er damit anfangen? fragte er mich. Mich! Mir drehte sich der Magen um, aber ich schlug vor, er könne in Erwägung ziehen, den Körper in guter Kondition zu halten, er könne vielleicht diesmal einen aktiveren Beruf wählen. Er machte ein langes Gesicht. Er habe gehofft, von neuem in die Firma einzutreten. Er hatte eine eigene Firma, der Bastard, eine sehr reiche Firma, die etwas von der Größe halb Seattles baute. Und er wollte dahin zurück und gleich damit weitermachen, was er bereits sechzig oder siebzig Jahre lang getan hatte, der reiche Hurensohn. Wie es Ihnen beliebt, sagte ich, aber trotzdem müssen Sie etwas tun, um den Körper in Form zu halten, denn sonst wird er ein Pfannkuchen werden. Na und? fragte er. Ich sagte, wenn der Körper ein Pfannkuchen werde, sei er ihm nichts mehr nütze, und nicht nur das, wahrscheinlich werde er auch Jahre zu früh versagen. Er bekäme einen Herzinfarkt oder so etwas. Na und? fragte er noch einmal. Ich wollte wissen, was er meine. Er sagte, es sei vielleicht sogar besser, diesen Körper früher als normal wieder loszuwerden und einen anderen zu erhalten, der seinem Leben und seiner Arbeit angemessener sei. Als ob ein Körper etwas wäre, das ein Schneider zusammengenäht hat! Er redete weiter, etwas darüber, daß er
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