Alicia II
angepaßten Augen beinahe.
»Willkommen«, sagte eine sanfte Stimme. Irgendwer stand in der Tür. »Willkommen in der Washingtoner Kammer für die Vergabe neuen Lebens. Treten Sie bitte ein.«
Wir traten einer nach dem anderen ein. Als wir alle in einem Büro versammelt waren, schnappte die Tür hinter uns zu, und die Frau mit der sanften Stimme sprach von neuem.
»Wir von der Washingtoner Kammer für die Vergabe neuen Lebens freuen uns, daß Sie sich zu dieser Besichtigung eingefunden haben. Wir bitten um Entschuldigung für alle Unbequemlichkeiten, die Sie auf der Herfahrt erdulden mußten, aber bestimmte Prozeduren sind aus Sicherheitsgründen notwendig. Wie Sie selbst spüren werden, bewegen wir uns schon wieder. Dies Gebäude, wie es Ihnen erscheint, ist in Wirklichkeit ein geschlossenes Fahrzeug, das uns zum eigentlichen Eingang bringt. Entspannen Sie sich, wir sind gleich da.«
Unsere Hosteß war eine kurvenreiche junge Frau mit großen braunen Augen in einem engelhaften Gesicht. Leuchtend rotes Haar war sorgfältig zu altmodischen Wellen gekämmt.
Derartig akkurat gelegtes Haar hatte ich seit langer Zeit nicht mehr gesehen, vielleicht seit meiner Kindheit nicht mehr, als kurze Zeit Locken modern waren und meine Mutter sich eine solche Frisur machen ließ. Ich betrachtete das Gesicht unserer Hosteß und fragte mich, warum sie die Stelle des männlichen Führers einnahm, der ursprünglich vorgesehen gewesen war.
Irgend etwas an ihr kam mir bekannt vor.
»Mein Name ist Cheryl Hidalgo«, sagte sie, »und ich werde bei Ihrer Besichtigung der Kammer Ihre Führerin sein.«
Cheryl Hidalgo! Alicias Kollegin aus dem Public-Liaison-Büro. Warum hatte Cheryl Hidalgo die Führung übernommen?
Unser Fremdenführer hatte ein Mann namens William Tannenbaum sein sollen, ein Mann, über den ich durch den Absorber genauestens Bescheid wußte. Ich kannte Tannenbaums Art des Vortrags, seine eindrucksvollen Statistiken, seine Liebe zu einer Frau, die er in einem nicht wiederaufgebauten Viertel Washingtons außer Sicht hielt. Ich wußte, daß er unter Druck wahrscheinlich zusammenbrechen würde und welchen Geschmack er auf den Gebieten der Malerei und der Musik hatte. Mir wurde sehr mulmig. Erst die Änderung des Termins, jetzt dies. Es machte mich nervös, daß diese vollbusige junge Frau kein reformierter männlicher Jude mit einer geheimgehaltenen Mätresse war.
Wie ich Alicia erzählt hatte, waren die Daten über Cheryl Hidalgo vage und widersprüchlich, besonders bezüglich ihrer Verdienste als Romanautorin in ihrer früheren Lebensspanne.
Als spüre sie, daß ich über sie nachdachte, sah Cheryl Hidalgo in meine Richtung. Ihre klugen braunen Augen blickten so wissend, daß ich einen Moment lang überzeugt war, sie habe Kenntnis von der Verschwörung und sei hier, um sie zu verhindern. Und als sie sprach, schien sie mich anzureden.
»Einige von Ihnen mögen sich fragen, warum Mr. Tannenbaum, der ursprünglich vorgesehene Fremdenführer, nicht hier ist. Unglücklicherweise hat Mr. Tannenbaum eine Familienkrise und kann in dieser Woche keine Führungen übernahmen. Da ich mich mit ihm nach unserm Dienstplan abwechsle, bin ich natürlich eingesprungen. Ich bedauere, daß Sie auf seine gutformulierten Darstellungen der Vorgänge hier verzichten müssen, aber ich will mir Mühe geben, mein Bestes zu tun, um Ihnen zu gefallen.«
Auf diese Weise fuhr sie noch eine Weile fort. Sie gab uns ein paar einführende Erklärungen über die Funktion der Washingtoner Erneuerungskammer. Oder, wie sie sie ständig nannte, die Washingtoner Kammer für die Vergabe neuen
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