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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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mach dir kei­ne Sor­gen, mor­gen früh bin ich pünkt­lich um acht Uhr drei­ßig hier.«
    »Gut. Komm, ge­hen wir zum Abendes­sen. Und da ich der Gast­ge­ber bin, wol­len wir uns ech­te Le­bens­mit­tel leis­ten.«
    »Al­so, wenn es dich da­zu bringt, von dei­ner Brief­ta­sche das Vor­hän­ge­schloß ab­zu­neh­men, soll­te ich mich öf­ters er­neu­ern las­sen.«
    Er lä­chel­te.
    »Wenn ich es mir recht über­le­ge, bist du ein gu­tes Ar­gu­ment ge­gen das Er­neu­ern. Viel­leicht schrei­be ich der auf­rüh­re­ri­schen Grup­pe einen Brief.«
     

 
8
     
    Wir aßen in ei­nem nach­ge­mach­ten Fischre­stau­rant. Das heißt, das Re­stau­rant war nach­ge­macht, das Es­sen war recht gut. Es gab ei­ne köst­li­che See­zun­ge mit Man­deln (So­ja­boh­nen an­stel­le der Man­deln, aber was soll’s), und der Fisch war ge­ra­de rich­tig ge­kocht, we­der so weich wie ein nas­ser Lap­pen noch so hart, daß er ei­nem die Keh­le zer­kratz­te. Da­zu gab es al­le mög­li­chen Bei­la­gen. Zum Bei­spiel Rü­ben. Es war Jah­re her, daß ich ei­ne saf­ti­ge ro­te Rü­be pro­biert hat­te, aber hier gab es sie, ge­zo­gen auf wie­der ur­bar ge­mach­tem Land und je­dem Er­satz, der mir je be­geg­net war, weit über­le­gen.
    Was das Re­stau­rant gro­tesk mach­te, war sei­ne pseu­do-nau­ti­sche De­ko­ra­ti­on. Ein Raum schwank­te so­gar sanft in Imi­ta­ti­on ei­nes Schiffs auf ho­her See. Dort speis­ten wir nicht.
    Da das Lo­kal am Ufer lag, gin­gen die Fens­ter auf den Erie-See hin­aus, aber die Fens­ter hat­ten be­son­ders ge­färb­tes Glas, das sei­ne to­te Häß­lich­keit in ei­ne schein­bar un­ver­gif­te­te, rei­zen­de See­land­schaft ver­wan­del­te. Eben­so gut hät­te man ei­ne Mam­mut-Ver­si­on von Bens ganz und gar künst­li­chen Fens­ter­bil­dern an­brin­gen kön­nen, grü­ne Fel­der und sprin­gen­de Hirsche. Ich hät­te das bes­ser ge­fun­den als die­se Ver­schö­ne­rung ei­ner ab­sto­ßen­den See­land­schaft. Ich be­klag­te mich bei Ben dar­über, doch er zuck­te nur die Schul­tern und sag­te: »Das ist Cle­ve­land.«
    Ich er­zähl­te ihm von mei­nen Plä­nen, wie ich mein Le­ben in die­ser Run­de rei­cher an Aben­teu­ern ge­stal­ten woll­te.
    »Zwei­te-Le­bens­span­ne-Syn­drom«, be­merk­te er.
    »Was ist das?«
    »Am En­de der ers­ten Le­bens­span­ne ist es nur na­tür­lich, daß der Mensch da­zu neigt, Rück­schau zu hal­ten. Die meis­ten Rück­schau­en sind Ka­ta­lo­ge von Ver­lus­ten – ver­paß­te Ge­le­gen­hei­ten, Ge­schmä­cke, die un­ge­schmeckt, und Freu­den, die un­ge­freut blie­ben. Was ei­nem ent­gan­gen ist, möch­te man nach der Er­neue­rung und Er­ho­lung als ers­tes tun.«
    Mir ge­fiel es nicht, wie Ben in sei­ner pro­fes­sio­nel­len Art mei­nen Träu­men den Schmelz nahm, des­halb wech­sel­te ich das The­ma. Spä­ter am Abend kam er dar­auf zu­rück.
    »Wenn dich der Ha­fer oder ei­ne an­de­re Ge­trei­de­art sticht, gehst du am bes­ten hin­un­ter zum Hough-Dis­trict. Dort ist jetzt al­les or­ga­ni­siert, so ei­ne Art sorg­fäl­tig pro­gram­mier­ter Un­ord­nung. Das gan­ze Ge­biet ist neu auf­ge­baut. Es lag jahr­zehn­te­lang in Trüm­mern, nach­dem der große Brand es zer­stört hat­te und der Be­fehl er­ging, es lie­ber lie­gen­zu­las­sen, wie es war, als nur das Get­to wie­der­her­zu­stel­len. Das End­er­geb­nis war, daß das Get­to nach Cle­ve­land Heights ver­legt wur­de. Hough nennt sich jetzt Ver­gnü­gungs­vier­tel, und es ist Klas­se. Ge­fähr­lich, aber Klas­se.«
    »Warum ge­fähr­lich?«
    »Nun, re­gel­mä­ßig kommt es dort zu ei­nem ge­wis­sen Maß an Ge­walt­tä­tig­keit. Die Aus­ge­mus­ter­ten se­hen das Vier­tel als ei­ne Art sym­bo­li­schen Ha­fens an, und manch­mal ge­fällt es ih­nen, ein biß­chen Är­ger zu stif­ten, um die Glück­li­che­ren zu stra­fen. Es liegt dort ei­ne Men­ge Bit­ter­keit und Groll in der Luft, wenn man weiß, wo man da­nach su­chen soll. Aber wer sich um nichts wei­ter als sein ei­ge­nes Ver­gnü­gen und Ver­lan­gen küm­mert, dem ge­schieht nichts. Auch sind vie­le Po­li­zis­ten da, und …«
    »Er­zähl mir bloß nicht, al­le die­se ge­mei­nen Ge­set­ze sei­en

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