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Alicia

Alicia

Titel: Alicia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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sie begegnet war. Sie hatte sich eine weiche, nachgiebige Frau vorgestellt, doch nichts an dieser Judith war weich oder nachgiebig. Kein Diener in diesem Haus, der nicht sofort sprang, wenn sie eine Anweisung gab.
    Ehe Alicia richtig wußte, wie ihr geschah, war sie bereits ausgekleidet und lag im Badewasser. Sie hatte nicht gewußt, daß ein heißes Bad genau das war, was sie brauchte.
    Die Tür öffnete sich leise, und Judith kam herein. »Fühlst du dich jetzt besser, « fragte sie.
    »Viel besser. Ich hatte vergessen, wie es ist, wenn man verwöhnt wird. «
    Judith verzog das Gesicht und hielt Alicia ein großes, vorgewärmtes Badetuch hin. »Ich fürchte, die Montgomery-Männer sind nicht dazu erschaffen, ihre Frauen zu verwöhnen. Gavin hält es für selbstverständlich, daß ich mit ihm durch die schlimmsten Wolkenbrüche reite. «
    Alicia wickelte sich in das Badetuch und betrachtete Judith mit nachdenklichem Blick. »Und was würdest du tun, wenn er dir befähle, zu Hause zu bleiben? «
    Judith lachte warm. »Ich würde nicht zu Hause bleiben. Gavin übersieht zu oft Dinge, die er für nebensächlich hält.
    Wenn seine Pächter Getreide aus seinen Vorratshäusern stehlen, ist das keine Kleinigkeit. «
    Alicia setzte sich vor das Feuer und seufzte. »Ich wünschte mir, du könntest dir mal meine Haushaltsbücher ansehen. Ich fürchte, da liegt auch manches im argen. «
    Judith nahm einen Kamm aus Elfenbein und fuhr damit durch die frischgewaschenen Haare ihrer Schwägerin. »Aber du hast ja noch andere Pflichten als das Zählen der Bohnen in den Vorratsräumen. Sag mir, wie fühlt man sich als Herrscherin eines Klans? Wie ist es, wenn all die hübschen jungen Männer sich beeilen, dir jeden Wunsch zu erfüllen? «
    Alicia brach in ein Gelächter aus, als sie Judiths nachdenkliche Stimme und deren absurde Vorstellungen vernahm. Sie warf sich einen von Judiths Hausmänteln über und beschäftigte sich mit ihren Haaren. »Es ist eine große Verantwortung«, sagte sie ernst. »Und was den Gehorsam meiner Männer betrifft… « Sie klaubte seufzend ein paar Haare aus den Zinken des Kamms.
    »In Schottland werden Frauen nicht so behandelt wie hier in England. «
    »Als hätten wir keinen eigenen Verstand! « sagte Judith.
    »Ja. Doch wenn Männer glauben, daß ihre Frauen intelligent sind, erwarten sie auch mehr von ihnen. «
    »Das verstehe ich nicht. «
    »Meine Männer gehorchen mir nicht blind. Sie stellen jeden meiner Schritte in Frage. In Schottland glaubt jeder, er sei allen anderen ebenbürtig. Stephen befiehlt seinen Männern, sie sollen ihre Pferde satteln und in einer Stunde abmarschbereit sein. Sie fragen ihn nicht danach, warum. Sie tun es. «
    »Ich fange an, zu begreifen«, sagte Judith. »Würden deine Männer erst von dir wissen wollen, wohin sie ritten und warum? falls ja, könnte das sehr… «
    »… viel Verdruß bringen zuweilen«, beendete Alicia den Satz für ihre Schwägerin. »Da ist ein Mann in meiner Burg, ein älterer Mann, Tam, der jeden meiner Schritte beobachtet und jede meiner Entscheidungen kommentiert. Dazu kommen seine vielen Söhne, die mir bei jeder Gelegenheit widersprechen.
    Tatsächlich treffe ich nur in Nebensachen meine Entscheidung allein. In wichtigen Dingen ist es ein gemeinsamer Beschluß. «
    »Aber was geschieht, wenn du etwas willst, und die Männer sind dagegen? Was machst du dann? «
    Alicia lächelte versonnen. »Es gibt Methoden, mit denen man selbst Männer, die einen beäugen wie Adler, hintergehen kann. «
    Diesmal war es an Judith, in ein Gelächter auszubrechen. »Wie bei unserer Molkerei! Ich durfte nicht zulassen, daß sie so gebaut wurde, wie Gavin sie entwarf. Das wäre ein schlimmer Reinfall geworden. Also ließ ich die Männer die ganze Nacht über graben, ehe er hier wieder ankam. Ich wußte, daß er ein viel zu sparsamer Mann ist, die Fundamente wieder zuschütten zu lassen, und viel zu stolz, um zuzugeben, daß ich recht hatte. «
    Alicia setzte sich auf die Bank neben ihre Schwägerin. »Und ich habe mich davor gefürchtet, dich kennenzulernen! Stephen sagte… nun, er beschrieb dich, daß ich glauben mußte, du wärst nichts als eine hübsche, aber nicht sehr lebendige Puppe mit Stroh im Kopf. «
    »Stephen? « Judith lachte und nahm dann Alicias Hand. »Ich war diejenige, die das Zuspätkommen zu seiner Hochzeit verursachte. Ich war entsetzt, als ich hörte, er hatte nicht einmal einen Boten geschickt, der sein Versäumnis erklärte. « Sie

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