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Alicia

Alicia

Titel: Alicia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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pflegen. «
    »Ihr habt ein zu gütiges Herz, Lady Mary. Ihr solltet Euch nicht um die Bettelkinder bekümmern. Einige von ihnen haben Mörder zu Vätern. Auch zu Müttern, wenn man den Gerüchten glauben darf. «
    Mary wollte darauf etwas sagen, fuhr aber dann rasch lächelte Alicia an: »Ich hatte so ein Gefühl, als würde ich beobachtet. Ihr müßt Stephens Alicia sein! «
    Der Burghof war sehr dunkel. Nur der innere Bereich wurde vom Mond und einer Laterne erhellt. Mary war klein und hatte ein vollkommen ovales Gesicht. Es war ein Gesicht, zu dem jeder Vertrauen fassen mußte.
    »Woher wußtet Ihr? « entgegnete Alicia lächelnd. »Bisher habe ich noch keinen Montgomery täuschen können. «
    »Ich habe von der Art der Schotten gehört, die ein sehr naturverbundenes Leben führen. Und wer sich ohne Nöte so einem kalten Wind aussetzt, muß schon sehr abgehärtet sein. «
    Alicia lachte. »Komm mit mir in das Winter-Gästezimmer, und ich werde Euch in ein paar Minuten ein tüchtiges Feuer im Kamin angeschürt haben. «
    »Das klingt himmlisch«, sagte Mary, die ihre Hände unter dem einfachen Wollmantel geborgen hielt.
    Mary folgte ihrer Schwägerin in den großen getäfelten Raum und stand ruhig dabei, während Alicia wahrhaftig mit eigenen Händen Holz aufschichtete und ein Feuer entzündete. Sie lächelte, angetan von einer Lady, die sich nicht zu schade war, niedrige Arbeiten zu verrichten, obwohl sie Herrscherin über ein eigenes Land war.
    Alicia drehte sich um, als die Scheite brannten. »Ihr müßt müde sein. Vielleicht wollt Ihr lieber ein Feuer in Eurem Zimmer haben? «
    Mary setzte sich auf einen gepolsterten Stuhl und streckte ihre Hände dem Feuer entgegen. »Ich bin müde — zu müde, um schlafen zu gehen. Ich möchte eine Weile hier sitzen und mich aufwärmen. «
    Alicia blieb Sekunden neben dem Kamin stehen, ehe sie den Schürhaken in den Ständer zurückstellte. Mary sah tatsächlich aus wie eine Madonna. Ihr ovales Gesicht besaß eine hohe klare Stirn über sanften, ausdrucksvollen braunen Augen. Ihr Mund war klein und zart und hatte Grübchen zu beiden Seiten. Raines Grübchen, dachte Alicia bei sich.
    »Es ist gut, wieder zu Hause zu sein«. Mary seufzte und sah dann zu Alicia zurück. »Warum seid Ihr noch wach? « fragte sie scharf. »Hat Euch Stephen… «
    Alicia lachte und stellte einen Stuhl neben Marys Sessel. »Er ist mit Gavin nach Schottland zurückgekehrt, um… um die Leiche eines Freundes heimzuholen. «
    »Christopher«, sagte Mary seufzend und lehnte sich im Sessel zurück.
    »Ihr wißt davon? « fragte Alicia bang.
    »Ja. Stephen schrieb mir, als er zu Tode kam. «
    Alicia war sehr still. »Schrieb er, daß ich es war, der ihn in den Tod schickte? «
    »Nein! Und Ihr solltet so etwas niemals denken. Er schrieb, Chris’ eigene Arroganz sei schuld an seinem Tod gewesen. Er schrieb, alle Engländer begingen Selbstmord, wenn sie sich in das Hochland hinein wagten. «
    »Die Engländer haben viele Hochländer erschlagen! « sagte Alicia heftig, drehte sich dann um und sah rasch auf Mary. »Verzeiht! Ich vergaß… «
    »Daß wir Engländer sind? Das ist ein Kompliment. Dessen bin ich sicher. « Sie betrachtete Alicia im warmen Schimmer des Holzfeuers. »Stephen schrieb mir, wie schön Ihr seid. Er hat die Wahrheit nicht einmal halb getroffen. «
    Alicia schnitt eine Grimasse. »Er legt zu viel Gewicht auf das Aussehen von Frauen. «
    Mary lachte. »Ihr habt entdeckt, was Judith ebenfalls auffiel. Meine Brüder glauben, alle Frauen wären wie ich — ohne Temperament und Leidenschaft. «
    Alicia betrachtete sie. »Aber sicherlich müßt Ihr… «
    Mary legte ihr die Hand auf den Arm. »Sicherlich müßte eine Frau, die so leidenschaftliche Brüder hat wie ich, etwas davon abbekommen haben? Das habt Ihr doch fragen wollen, wie? « Sie wartete Alicias Antwort nicht ab. »Nein, ich fürchte, ich neige dazu, vor dem Leben zu flüchten. Frauen wie Judith und Ihr — wenn ich Stephens Briefe richtig gelesen habe — halten das Leben mit beiden Händen fest. «
    Alicia wußte nicht, was sie darauf sagen sollte. Sie redeten miteinander, als kennten sie sich nicht erst seit ein paar Minuten, sondern wären seit Jahren miteinander befreundet. Doch irgendwie sorgten die Stille des Raumes und der Schein des Feuers, der sie gegen die dunklen Ecken des Zimmers hin abschirmte, dafür, daß ihr Gespräch sich wie von selbst ergab.
    »Sagt mir — fühlt Ihr Euch einsam? « fragte Mary. »Vermißt

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