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Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Titel: Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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daß drei Raupen nebeneinander
hätten darauf fahren können. Die Oberfläche schimmerte
dunkel, und Dorthy hatte das Gefühl, ein Stück in sein
Inneres schauen zu können. Der Untergrund unter den
Stiefelsohlen war ziemlich weich und knirschte wie Sand. Zu beiden
Seiten des schwarzen Bandes trieben phosphoreszierende Schlamminseln
vorbei.
    Hinter dem See, der eher ein Sumpf war, stieg der Damm an und lief
als breite Rampe zwischen zwei Türmen her, die sich nach oben
immer wieder gliederten. Sie waren mit roten Lichtflecken
übersät, die so hell glühten wie die Ausläufe
eines Hochofens. Scylla und Charybdis, dachte Dorthy, als sie
und Andrews zwischen ihnen vorbeihuschten. Die Rampe verbreiterte
sich zu einem größeren Areal, das am anderen Ende wieder
in einer eleganten Biegung nach oben anstieg. Zwanzig Meter breit,
dreißig? Hier entsprangen schmälere Rampen und wanden sich
um Nebenfialen von unterschiedlicher Höhe, einige in glatter
Fläche spitz zulaufend, andere geflanscht, wieder andere mit
scharfen, dornenartigen Vorsprüngen gespickt. Die Burg sah nicht
aus, als sei sie entworfen und gebaut worden, sondern eher einer
unheimlichen Saat entwachsen.
    Die Rampe führte an einer mit dunklen Pflanzen bewachsenen
Fläche vorbei, über der Lichtbögen entsprangen und in
Kurvenlinien über die Mauern huschten.
    »Da drüben«, flüsterte Andrews. »Dort
beginnen die Inschriften.«
    Sie bestanden aus einer Linie, einer fließenden,
ununterbrochenen Zeichenfolge, ähnlich einer unglaublich
komplizierten Kurve eines Elektroenzephalogramms. Formen und Bilder,
in Viererabschnitte aufgeteilt, gingen nahtlos ineinander über.
Jede Gruppe hatte ein eigenes Konzept, und jedes Konzept war wieder
Teil einer größeren Gruppe, ähnlich den DNS-Codes aus
Amino-Säuren, die, miteinander verbunden, ein Protein bilden,
das sich abwechselnd zu einfachen, zweifachen oder dreifachen
Spiralen dreht und kringelt, die dann seine endgültig
funktionale Form darstellen.
    Andrews zog ein kleines Gerät aus der Tasche und schaute
aufmerksam auf den kleinen Bildschirm. Da sein Chamäleon-Umhang
sich der Farbe der Mauer angepaßt hatte, schienen sein Gesicht
und das kleine Gerät im Leeren zu schweben. Ein unirdischer
Anblick!
    »Ich versuche mich an die Fersen der letzten Gruppe zu
hängen, um in die Burg hineinzugelangen«, erklärte
Andrews. »Eine Sonde beobachtet sie – einhundert,
einhundertfünfzig Meter vor uns.«
    »Warten Sie hier«, flüsterte Dorthy und ging allein
weiter. Sie merkte, daß ihre Handflächen vor Erwartung
prickelten. Ihr Tarnumhang machte sie vor der dunklen Wand zu einem
dahinhuschenden Schemen.
    Das Schriftband verlief in Hüfthöhe. Dorthy ließ
eine Hand darüber hinweggleiten. Für das Auge schien das
Band in die Oberfläche der Wand eingehauen zu sein, doch bei
ihrer Berührung fühlte Dorthy keinerlei
Höhenunterschied. Das Material der Wand verursachte ein leichtes
Brennen auf ihren Fingerspitzen. Die Mauer war kalt, aber leicht
elastisch – wie der Panzer eines schlafenden Drachen. Sie fragte
sich, wie alt die Burg sein mochte – ob sie so alt war wie die
Umwandlung dieser Welt, und ob sie in irgendeinem Sinn lebendig war.
Kein Gebilde konnte der Erosion über eine Million Jahre hinweg
widerstehen, ohne Schaden zu nehmen, es sei denn, es erneuerte sich
selbst. Ihr fielen wieder die komplexen Moleküle ein, eine
Matrix aus molekularem Eisen, ein Nervensystem, das gerade in diesem
Augenblick vielleicht ihre Schritte übermittelte.
    Wenig später erfaßte sie das inzwischen schon vertraute
Gedankenmuster eines neuen Männlichen vor ihr, und alle
Spekulationen erloschen mit einem Schlag. Doch der Kontakt wurde
nicht stärker, während sie die weite Biegung der Rampe
hinter sich ließ. Sehen konnte sie nichts.
    An ihrem Ohr ertönte Andrews’ Stimme: »Sie
müßten jetzt bald die Sonde sehen können.«
    Dorthy antwortete nicht. Sie konzentrierte sich auf ihren
Atemrhythmus. In regelmäßigen Schlägen pumpte das
Herz Blut durch ihr Gehirn und machte es frei.
    Der Kontakt wurde plötzlich klarer, verdichtete sich zu einer
Wolke aus Empfindungen, aber das Bild des eigenen Selbst war seltsam
verzerrt, unterdrückt – ihr Verhaltensrahmen von einem
unklaren Imperativ überlagert.
    Ein Bündel dicker Ranken mit schwarzen Blättern wand
sich über die Maueroberfläche wie die Haare auf dem
monströs vergrößerten Haarschopf der Medusa.
    Als Dorthy daran vorbeiging, tauchte ein neuer Männlicher vor
ihr an

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