Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Titel: Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
Vom Netzwerk:
Dorthy
öffnete stöhnend die Augen. Und zuckte entsetzt
zurück. Der Schreck lähmte jeden Muskel in ihrem
Körper. Auf der anderen Seite des kleinen, runden Raumes hockte
ein Hüter auf seinen Fersen und betrachtete sie teilnahmslos.
Seine schwarzen Augen schimmerten wie riesige Opale ohne
Facettschliff im Schlagschatten seiner Hautkapuze. Das blutrote Licht
legte leuchtende Reflexe auf jedes einzelne Haar seines schwarzen
Pelzes.
    Dorthy war in ihrem Schädel eingesperrt. In dem kurzen
Intervall, ehe sie ihr Bewußtsein wiedererlangte, hatte sich
der Antiblocker verbraucht. Sie trug immer noch ihren Overall, und
auch sonst schien nichts von ihrem Gürtel oder aus ihren Taschen
entfernt worden zu sein. Aber außer einem Messer besaß
sie keine Waffe, nichts, das ihr helfen konnte außer ihrer
Klugheit und ihrem Wissen.
    Als der Hüter bemerkte, daß sie aufgewacht war, drehte
er sich um und verschwand wendig durch die niedrige Öffnung in
der Wand. Dorthy begriff, daß sie sich in einer Art Zelle
befand, mit glatten, aber sphärischen Wänden, erhellt von
rotem Licht, dessen Quelle sie nicht ausmachen konnte. Es war, als
befände sie sich im Innern eines ausgeblasenes Eies.
    Nach einer Minute kam der Hüter, oder einer, der ihm
ähnlich war, zurück. Mit langen, steifen Fingern –
drei an der Zahl, alle abgespreizt von der runden, nackten
Handfläche – drängte er sie durch die niedrige
Öffnung nach draußen. Sie mußte sich hindurchducken.
Der Hüter folgte ihr auf Händen und Füßen. Um
sie herum waberten Lichtbahnen an den Oberkanten der glatten
Wände entlang und verbreiteten ein Glühen, das die Luft
darüber zu einer undurchdringlich schwarzen Decke zu versiegeln
schien.
    Dorthy war das Zentrum vieler schwacher, stumpfer Schatten.
    Der Hüter berührte sie erneut.
    Sie schüttelte seine Hand ab und fauchte: »Zum Teufel
mit dir! Zeig mir, wohin es gehen soll!«
    Als ob das Wesen sie verstanden hätte, sprang es ein paar
Schritte voraus und schaute sich um, ob sie ihm auch folgte, ehe es
weiterlief. Es führte sie durch enge, steil ansteigende
Gänge und Passagen zwischen glatten Wänden. Bäume
wuchsen direkt aus dem federnden schwarzen Boden, und wo die Streifen
roten Lichtes breiter streuten, konnte Dorthy ineinander
verschlungene Zweige dicht über der Oberkante der Wände
erkennen. Sie begegneten keinen anderen Hütern, aber hier und
dort hockten Grüppchen affengroßer Kreaturen mit langen,
gegabelten Schwänzen und seidigen Pelzen auf höheren Simsen
und beobachteten, wie sie vorbeiging. Ihre kleinen, ernsten Gesichter
hatten sie hinter gespreizten Fingern versteckt – wie
Internatsschüler, die ein Wunder betrachteten, das unerwartet in
ihre Studien hinter verschlossener Tür hereingeplatzt war.
    Der Gang machte einen Knick, und Dorthy folgte dem Hüter auf
eine Art Plaza, die an jeder Ecke von einem runden Turm mit flachem
Dach begrenzt wurde. Auf der anderen Seite bildete eine Gruppe
Hüter ein grobes Halbrund. Einige hockten auf dem Boden, andere
standen mit gespreizten Beinen und hatten beide Armpaare, die kleinen
unter den großen, quer über ihren Brustkorb gelegt. Alle
schauten auf Dorthy, die mit klopfendem Herzen ihrem Bewacher zur
Mitte der Plaza folgte, wo das weibliche Neutrum zurückgelehnt
thronte, so regungslos wie eine ausgestopfte Puppe. Eins dieser
Affenwesen hockte auf seiner Schulter und kraulte mit gespreizten
Fingern den schwarzen Pelz der Weiblichen.
    Obwohl Dorthy inzwischen wieder voll unter dem Einfluß ihres
Implantats stand, obwohl sie im landläufigen Sinn völlig
bei sich war und sich in keiner Weise auf ihre ruhende Mitte
konzentrierte, kam es ihr so vor, als sei dieses weibliche Neutrum
von einer Art Aura umgeben, unruhig wie der Lichthof eines Sterns,
gespeist aus Hunderten von Quellen. Sie wirbelten in doppelten Lohen
herum, die sich von einem gemeinsamen Zentrum ausdehnten.
    Ohne sichtbare Aufforderung hüpfte einer der Hüter
hinter der Weiblichen plötzlich nach vorn. Er sah übel
mitgenommen aus, sein Fell war stumpf und matt, seine Hauthaube
schlackerte wie der Kehllappen eines alten Mannes. Zitternd schaute
er mehrmals zwischen Dorthy und dem weiblichen Neutrum hin und
her.
    Und dann redete er.
    Seine Stimme war kreischend, und er spuckte und rollte die
Konsonanten. Trotzdem sprach er ein menschliches, reines,
akzentfreies Portugiesisch.
    »Ich werde durch meinen Diener hier zu Ihnen sprechen. Er hat
eure Verhaltensweisen studiert, wenn auch auf Kosten

Weitere Kostenlose Bücher