Alien 2: Verborgene Harmonien
Ramaira. Sein schmutziges Gesicht war
schweißüberströmt, und er preßte die Hände
so heftig zwischen die Beine, daß die Adern dick
hervortraten.
»Ja, Miguel«, antwortete Constats Stimme aus dem
Funkgerät. »Du überwindest allmählich mein
Fragment in deinem Kopf, so daß du all diese Dinge verraten
kannst. Aber ich werde zu dir zurückkehren.«
»Hundesohn«, knurrte der Dingo. »Das Stück von
dir in meinem Kopf würde mir gern die Schädeldecke
sprengen, wenn es könnte. Aber ich hätte es ihnen ohnehin
verraten. Du kannst mich meinetwegen umbringen, aber ich werde nicht
mehr für dich arbeiten.«
»Was ich mit dir vorhabe, ist schlimmer als der Tod«,
drohte Constats Stimme.
»Eier…« De Ramaira schloß die Augen. Mit den
Händen bedeckte er den Verband am Oberschenkel. »Constat
möchte einen neuen Stamm von Abos züchten. Ja, jetzt wird
mir einiges klar.«
»Sie sehen so aus, als hätten Sie ebenso starke
Schmerzen wie ich«, meinte der Dingo zu ihm, zog eine schmierige
Plastiktüte aus seinem weißen Poncho und hielt sie de
Ramaira hin. »Hier, nehmen Sie sich ein Stück. Kratzen Sie
es mit dem Fingernagel ab und schieben Sie es unter die Zunge. Die
Schmerzen werden dann weniger wirklich.«
Als de Ramaira seinen Worten folgte, richtete die Frau die Pistole
auf den Dingo.
»Nur zu!« lachte Miguel. »Wenn du mich jetzt
umbringst, kannst du mich nicht mehr zu deinem Sklaven machen.«
Er kratzte mit dem Daumennagel über den dunklen Extrakt in der
Tüte und steckte den Daumen in den Mund, eine Geste, die
gleichzeitig herausfordernd und obszön wirkte.
»Du wirst mir für all das büßen«, sagte
Constat aus dem Funkgerät.
»Verpiß dich, du Arsch!«
Rick fragte de Ramaira, ob er sich besser fühle. Der
Schoßweltler lächelte. »Besser? Ich weiß nicht,
irgendwie sonderbar. Als ob der Schmerz zu Licht
würde…« Er schloß die Augen. »Zuviel
Licht.«
»Schlangenwurz«, erklärte Miguel, ohne näher
darauf einzugehen. Es folgte ein langes Schweigen. Sie hatten die
Vororte hinter sich, die hohen Glasfenster der Auktionshäuser
auf der Fifth huschten vorbei. Wenig später ragte das
Polizeipräsidium vor ihnen auf.
Die Cops schienen das Gelände geräumt zu haben. Die
Stacheldraht-Barrikaden waren unbewacht. Abgesehen von der Statue des
ersten Gouverneurs waren die Parkplätze um das hohe weiße
Haus leer.
Die Frau befahl Rivington, um die Ecke zu fahren. Der Wagen bog
langsam in eine schmale Gasse und brummte zwischen hohen Steinmauern
entlang. Wenig später tauchte er in die Dunkelheit einer
Lieferanten-Einfahrt.
»Halt!« befahl die Frau mit ihrer flachen Stimme.
Nachdem das Motorengeräusch verklungen war, herrschte einen
Moment lang drückende Stille. Nur die Kontroll-Lichter des
Compsims leuchteten durch die Finsternis und erhellten die
Fahrerkabine so weit, daß jeder schemenhaft die Hand der Frau
sehen konnte, die den Lauf ihre Pistole gegen Jonahs Kopf gerichtet
hielt. Plötzlich ein Summen, ein Ruck, der in eine
gleichmäßige Sinkbewegung überging.
Rick fühlte, wie der Dingo neben ihm sich regte.
»Ein Lastenfahrstuhl«, murmelte de Ramaira. »Siehst
du, Rick, ich sagte dir doch, daß wir in die Unterwelt
fahren.«
»Wo sind denn die Cops alle?« fragte Miguel. »Ich
hätte nie gedacht, daß ich mal Sehnsucht nach ihnen haben
würde.«
»Sie sind alle draußen und kämpfen gegen
uns«, antwortete Rivington. »Schätze, ich hätte
auch nichts dagegen, jetzt einigen von ihnen zu begegnen.«
»Trotzdem ist die Frage berechtigt«, sagte Rick.
»Es müßten doch zumindest ein paar hier sein, selbst
in einer solchen Situation.«
»Die Polizei hat das gesamte Gebiet evakuiert, Dr. Florey, um
das Präsidium sofort zu zerstören, wenn es in die Hand des
Feindes fällt«, schnarrte die Frau.
»Ach ja, Rydells Bomben«, sagte de Ramaira.
»Stimmt. Auf Anweisung von Mr. Savory gelegt. Er glaubt, er
könne mit seinem Plan die Stadt retten und mich, weil ich ihm im
Weg bin, gleichzeitig loswerden. Ich bewundere seine Raffinesse, wenn
auch nicht seine Beweggründe dafür. Wie auch immer, ich
habe die Bomben so verlegen lassen, daß nur der oberirdische
Teil zerstört wird – zu einem Zeitpunkt, den ich bestimme,
und nicht Mr. Savory. Die Trümmer werden mich schützen und
verbergen – genau wie Ihre Zeitkammer, Dr. de Ramaira.«
»Rydell würde platzen, wenn er das
wüßte«, sagte der Schoßweltler.
Der Fahrstuhl wurde langsamer und blieb stehen. Ein leichtes,
metallisches
Weitere Kostenlose Bücher