Alien 2: Verborgene Harmonien
gedämpft durch den Dunst im Tal, an das
Zirpen der Heuschreckenlarven, die im weichen Schlamm des Feldrains
darauf warteten, daß ihre Beine kräftiger wurden. Deutlich
erinnerte er sich an all dies – aber nicht an das Gesicht seines
Vaters.
Er spielte die einzelnen Funktionsbefehle durch, rief die
verschlüsselten Programme auf und spulte sie herunter, als hoffe
er dadurch den Schlüssel zu finden, mit dem sie sich öffnen
ließen. Vielleicht war es nur ein Wort, eine Zahl. Es
mußte einen solchen Schlüssel geben, aber er blieb ihm
weiterhin verborgen.
Schließlich legte er das Gerät beiseite, ging zum Feuer
hinüber und drehte den Karnickelspieß. Flüssiges Fett
tropfte in die Glut und verbrannte zischend.
Rötlicher Sonnenschein fiel durch das Geäst und
zeichnete hart seine Konturen nach. Die Sonne stand schon tief am
Himmel.
Miguel ging zum Fluß hinunter und benetzte das Gesicht, ehe
er sich mit dem eiskalten Wasser Oberkörper und Bauch wusch.
Später setzte er sich ins farnartige Gras, riß
Fleischstücke aus einer Karnickelkeule und verzehrte sie mit
gutem Appetit. Er betrachtete dabei seine fettigen Finger, und ihm
wurde bewußt, daß er glücklich war. Sein Weg war der
richtige, Geheimnis hin oder her. Doch leider gab es niemanden, der
diesen Moment mit ihm teilte.
Die Sonne stand im letzten Drittel und färbte die Staubwolke,
die der Geländewagen bei seiner Fahrt durch ausgedorrte Steppe
hinter sich herzog, rosa. In der kühlen, summenden Hülle
der Kabine hatte Rick, der hinter den beiden Cops saß, sich in
seinen Compsim eingeklinkt und dachte über ein paar
Änderungen bei seinen Versuchsreihen nach, um die Nutzlast im
Ballon zu optimieren. Plötzlich machte der Geländewagen
eine scharfe Wendung. Rick zog den Verbindungsstecker aus dem
Stromspeicher am Gürtel und schaute auf. Sie hatten die
schnurgerade Piste verlassen und fuhren auf eine
ungleichmäßige grüne Linie zu, die den Verlauf eines
Canyons markierte.
Rick fragte nach der Ursache für die Richtungsänderung,
und der blonde weibliche Sergeant auf dem Fahrersitz erklärte
ihm, daß sie Rauch gesehen hätten. »Machen Sie sich
keine Sorgen, Dr. Florey. Wir wollen nur mal eben
nachsehen.«
»Wahrscheinlich ein paar Abos«, knurrte ihr Begleiter
auf dem Beifahrersitz gähnend und rieb sich das Kinn.
»Abos zünden keine Feuer an«, sagte Rick.
In scharfem Ton erwiderte der Sergeant: »Lassen Sie das
unsere Sorge sein. Oder haben Sie vergessen, daß Sie hier
lediglich Passagier sind?«
Der Overlander rauschte durch die letzten Grasbüschel und
rumpelte über den nackten Boden auf den Rand des Canyons zu. Der
Sergeant stoppte das Gefährt in sicherer Entfernung von dem
Absturz und öffnete krachend die Luke. Wie eine Lanze
schoß orangefarbenes Licht in die Kabine. Rick folgte den
beiden Cops nach draußen. Die Hitze traf ihn wie ein Schlag,
die Luft war trocken wie zusammengebackener Staub.
Schweißtropfen liefen ihm an Brust und Rücken herunter,
noch ehe er vom gerippten Wagendach heruntergestiegen war.
Steile Sandsteinklippen fielen zu einem dichten grünen Meer
aus Blättern ab. Irgendwo aus der Mitte des dichten Laubdaches
stieg eine dicke, weiße Rauchsäule kerzengerade und
weithin sichtbar in den Himmel.
»Sie warten hier auf uns!« befahl der Sergeant. Ihr
rundes, pockennarbiges Gesicht war schweißnaß. Sie
beschattete die Augen mit der Hand und starrte zu dem aufsteigenden
Rauch hinüber. Rick fragte sie, wer ihrer Meinung nach das Feuer
entzündet habe.
»Meine Meinung tut nichts zur Sache«, lautete die
barsche Antwort.
»Standard-Vorgehensweise!« brummte ihr Begleiter knapp.
»Sie geben auf den Overlander acht, okay?«
Rick begab sich an den Rand der Klippe und beobachtete, wie die
beiden Cops ungeschickt hinunterstolperten. Ihre Überheblichkeit
nagte an ihm. Er war auf dem Land aufgewachsen und kannte es
wahrscheinlich besser als jeder Polizist.
Etwa einen halben Kilometer entfernt verflachten die Klippen zu
Geröllhalden. Rick ging bis zu einer Stelle, an der der Absturz
nicht so steil war, hockte sich auf die Kante und ließ sich
über den Rand gleiten. Gestrüpp schrammte über seinen
Overall, und er landete mit ausgebreiteten Gliedern auf losem Sand
und Geröll. Der heftige Aufprall raubte ihm für einen
Moment den Atem. Er erhob sich und klopfte sich den Staub von
Händen und Kleidung. Dann sah er an den verwitterten Sandfelsen
hinauf zum indigofarbenen Himmel. Kleine Steinbrocken rollten
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