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Alien 2: Verborgene Harmonien

Alien 2: Verborgene Harmonien

Titel: Alien 2: Verborgene Harmonien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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tauchte vor seinem inneren Auge
auf, schien direkt unterhalb seiner Nasenspitze entlangzufluten. Der
ruhige Bariton des Computers, vertraut wie Gottes Stimme,
verkündete: »Analyse beendet. Alle Komponenten arbeiten mit
akzeptablen Werten. Vielen Dank für Ihre Hilfe bei diesem
interessanten Problem.«
    Bei jedem anderen Computer auf Elysium wäre dies nicht mehr
als eine mechanische Nettigkeit gewesen, die Schrulle irgendeines
Programmierers. Aber Constat war ein Megahertz-Computer und
besaß ein begrenztes eigenständiges Bewußtsein
– wie selbst einige Philosophen inzwischen bestätigten. Die
Tatsache, daß die Überholung von Teilen des interstellaren
Kommunikationssystems für das unscheinbare, abstrakte Arbeiten
von Constat besonders wichtig war, beunruhigte viele Leute, schien
ihnen verdächtig. Aber Richard Damon Florey, in Gedanken schon
mit den Experimenten beschäftigt, die er mit einem
Höhenballon durchführen wollte, sagte das nichts.
    Überhaupt nichts.
     
    Über Nacht hatten sich in Miguels Schlingen zwei Karnickel
verfangen – keine schlechte Beute für einen
Flußcanyon mitten im Outback. Er hatte sie gehäutet,
ausgenommen und auf einen Spieß gesteckt. Jetzt schmorten sie
über einem niedrigen, rauchenden Feuer. Er selbst hatte sich auf
einem moosigen Felsen am Rande des Flusses ausgestreckt und spielte
mit der kleinen Maschine herum, die er aus dem Geländewagen des
toten Mannes gestohlen hatte.
    Zwei Drittel seines Lebens hatte Miguel im Outback verbracht,
meist allein. Er war schon so lange hier draußen, daß er
ziemlich lange überlegen mußte, um sich an seinen eigenen
Namen zu erinnern. Miguel Lucas. Mickey. Seines Vaters rauhe,
leise Stimme. An die Stimme seines Vaters konnte sich Miguel
erinnern. Nicht an sein Gesicht. In seiner Vorstellung verbarg es
sich immer im Schatten des breitkrempigen Hutes, den der große,
stämmige Mann mit dem müden Gang selbst im Haus zu tragen
pflegte. Miguel erinnerte sich an seinen Vater nur als alten Mann,
aber inzwischen war er selbst älter als sein Vater zum Zeitpunkt
seines Todes.
    Seit mehr als dreißig Jahren allein, zwei Drittel seines
Lebens.
    Ein Dingo werden – so nannten die Siedler das. Die
Hälfte der ursprünglichen Kolonisten war aus Australien
gekommen – um den verletzten Nationalstolz der Bewohner ein
wenig zu beschwichtigen, nachdem dieser Kontinent seine
Unabhängigkeit aufgegeben hatte und der größte aller
Vereinigten Staaten geworden war. Sie hatten die leeren Grassteppen
nach dem öden Herzen ihres Heimatlandes benannt und ebenso den
eingeborenen halbintelligenten Bewohnern von Elysium den Namen der
längst ausgestorbenen Ureinwohner von Australien gegeben. Ein
Dingo werden hieß, sich aus der Gemeinschaft zu lösen und
es allein zu versuchen. Gewöhnlich taten sich ein oder zwei
Familien zusammen und versuchten, sich ein Leben in der Wildnis
östlich der Trackless Mountains aufzubauen. Daß jemand,
der nicht mehr unter anderen Menschen sein wollte, allein in die
Wildnis ging, kam seltener vor. In beiden Fällen war es
illegal.
    Miguel Lucas war eigentlich ein eineiiger Zwilling, doch sein
Bruder starb einen Tag nach der langen, schweren Geburt, die ihre
Mutter dahinraffte, an den Folgen einer Art Vergiftung im
Mutterleib.
    Miguel wuchs zu einem scheuen, einsamen Jungen heran. Manchmal
stellte er sich vor, sein toter Bruder sei bei ihm – den
unförmig aufgequollenen Kopf an sein Ohr gebeugt, die Augen mit
einer durchsichtigen Membran verschlossen – und flüstere
ihm Worte zu, die Miguel nicht verstehen konnte, Worte über
Dinge, die die Herzen der anderen bewegten. Obwohl er die Worte nicht
verstand, war er meist von den Gefühlen, die sie bargen,
überwältigt – ganz besonders aber von den
abgründigen Lust- und Haßgefühlen, die selbst die
sanftmütigsten Heranwachsenden offenbarten. Noch Tage nach
solchen Besuchen war Miguel erschöpft und wie im Fieber, und er
erkannte bald, daß es das Beste war, sich von anderen Menschen
fernzuhalten.
    Auch Miguels Vater war auf seine Weise ein Einzelgänger
gewesen. Die windschiefe Hütte am Rand der Siedlung, in der sie
lebten, beherbergte ein Sammelsurium schrottreifer Maschinen, deren
Innenleben sein Vater zur Reparatur der Geräte verwendete, die
die Siedler ihm brachten. »Wir brauchen die Menschen
nicht«, pflegte der Vater zu sagen. »Du mußt wissen,
Mickey, die Menschen haben unsere Familie immer nur schlecht
behandelt. Das war schon immer so.«
    Manchmal zeigte er

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