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Alien 2: Verborgene Harmonien

Alien 2: Verborgene Harmonien

Titel: Alien 2: Verborgene Harmonien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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zumindest so. Das schwarze Haar lag wirr über ihren
vorspringenden Schulterblättern.
    Rick ließ sie weiterschlafen. Schließlich hatte sie
bis kurz vor Mitternacht auf seine Rückkehr gewartet – und
hatte auch anschließend die ganze Zeit aufmerksam seinem
Bericht gelauscht. Er schlurfte ins Bad. Im hellen Licht, das zudem
noch von den Glas- und Plastikflächen reflektiert wurde,
erwachte wieder dieses seltsame drängende Gefühl in ihm. Er
urinierte und wusch sich gründlich Gesicht und Hände,
kehrte danach in das halbdunkle Schlafzimmer zurück und
schlüpfte hastig in die schlichte Kleidung, die er sich für
das bevorstehende Gespräch zurechtgelegt hatte. Graue Hose mit
scharfer Bügelfalte, ein weißes Hemd mit halbem Arm,
Sandalen. In der Küche lieferte ihm der Spender das übliche
Frühstück: Haferkuchen, in Milch getaucht, und Milchtee.
Dazu eins von Bachs Violinkonzerten als Hintergrundmusik.
Draußen vor dem Panoramafenster ein Sommermorgen, goldene
Strahlen, die durch weite Zedernzweige fielen, erste Anzeichen von
Hitze.
    Er zog das asymmetrische Leinenjackett über und trat hinaus.
Hinter seinem Rücken rollte die Tür leise ins Schloß.
In der Küche schloß der Spender seine Haube über dem
benutzten Geschirr und verschwand mit einem satten Klicken in der
Wand. Irgendwo ließ ein Haushaltsgerät ein kurzes
Klick-Stakkato ertönen und verstummte. Der Baldachin über
dem Lichtband in dem verdunkelten Schlafzimmer drehte sich um einen
Gradbruchteil, und das Licht wurde eine Spur heller. Darunter auf der
kühlen Bettstatt murmelte Cath etwas im Schlaf und streckte die
Hand aus.
     
    Die Häuser der Universitätsbediensteten wanden sich um
einen künstlich gestalteten Hügel über dem
ausgedehnten Campus, waren halb in die Erde vergraben oder standen
versteckt hinter Erdwällen und Baumgruppen. Zedern und Pinien,
Eichen und Ulmen, Kastanien und Maulbeerbäume – alle
aufgezogen aus Zellschablonen der beiden Archen-Schiffe, die Elysium
ursprünglich besiedelt hatten. Die Wege gesäumt von
grünen Hecken, überall kunstvoll angelegte Lichtungen und
Buschinseln. Man mußte schon sehr genau hinsehen, um ein
Stück einer pastellfarbenen Hauswand, einen Dachfirst oder den
Lichtschein in einem der Fenster zu sehen.
    In Gedanken versunken folgte Rick einem Kiesweg, der
übersät war mit den abgefallenen Früchten der
Kastanienbäume, zum Campus hinüber, der sich langsam
belebte. Vorbei an weiten Rasenplätzen und langen, niedrigen
Gebäuden, deren Flachdächer gespickt waren mit
Antennenmasten, Windmühlen-Generatoren und Solarzellen. Die
Bewässerungskanäle und Spiegelgerüste der
hydroponischen Versuchsfarmen glänzten im morgendlichen
Sonnenschein. Rick hätte aus einem der öffentlichen
Ständer ein Fahrrad nehmen können, aber er wollte lieber
laufen. Ihm war ein Rad angeboten worden, aber er hatte abgelehnt,
weil er wußte, daß man ihm schlimmstenfalls nur Zeit
stehlen würde mit den gleichen Fragen, deren Antworten er schon
in der vergangenen Nacht immer wieder heruntergebetet hatte…
    Aber daran mochte er nicht mehr denken.
    Er ging am Neo-Bauhaus-Architekturgebäude mit seinen
rostfarbenen Betonflächen, polyederförmigen Zwischendecken
und metallgerahmten Fenstern vorbei und stieg den grasbewachsenen
Hang am Rand des Campus hinauf. Eine Straße verlief um den
Fuß des Hügels herum und verschwand zwischen den hohen
Umfassungsmauern der Grundstücke der Reichen. Die selten
sichtbaren Spitzdächer ihrer weitläufigen Häuser waren
wie Inseln im Meer der Bäume, das sich hangabwärts bis zur
Straße dehnte. Weit unterhalb lagen die Kuppeln der
Vorstädte, an allen Seiten umgeben von diesem rätselhaften,
unerkundeten Naturforst. Sie drängten sich bis zum
Dächergewirr der Altstadt am Rand des versandeten
Flußdeltas. Dort unten lebten über hunderttausend Leute.
Für die meisten war alles, was er tat, völlig unerheblich.
Die Vorstadt-Kultur war tief in der irdischen Tradition verwurzelt:
körperliche Lust nicht nur zum Zweck der Vermehrung,
Wirklichkeitsstrukturierung, Allzeit-Kunst, Kultgläubigkeit,
Müllästhetik. Die Wissenschaft war da kaum relevant. Die
Bürger von Port of Plenty orientierten sich lieber nach innen
und holten sich Rat bei den gespeicherten
Persönlichkeits-Matrizen ihrer toten Angehörigen, anstatt
selbst ihre Entscheidungen zu treffen. Dem weiten, unerforschten
Kontinent zeigten sie die kalte Schulter.
    Und trotzdem sang die Stadt für Rick einen
verführerischen

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