Alien 2: Verborgene Harmonien
gekämmten dünnen Haarsträhnen, wirkte bei
seiner Erklärung nicht sehr überzeugend. Ein
abgewirtschafteter Athlet, ein Kompromißler, der viel zu hoch
aufgestiegen war. Am nächsten Tag mußte Max Rydell, ein
loyaler Konstitutionalist, Rick gegenüber eingestehen: »Das
kleine Fiasko gestern ist unserer Sache sicher nicht besonders
dienlich gewesen, nicht wahr?«
»Was wird deiner Meinung nach jetzt geschehen?«
Sie lehnten am Geländer des Balkons, der auf den Jai
Alai-Platz hinausging, und warteten auf das Ende des laufenden
Spiels. Laute Rufe, harter Aufprall des Balls auf der Wand.
Schlitterndes Quietschen von Turnschuhen, wenn die Spieler hinter den
Abprallern herjagten.
Gedankenverloren beobachtete Rydell das Spiel. Schließlich
sagte er: »Vermutlich wäre der Rücktritt des Burschen
die einzige Möglichkeit, das Gesicht zu wahren und den Schaden
zu begrenzen. Man muß das einfach so sehen: Der Kerl hat
gepokert und darauf gehofft, daß alles gut ausgeht. Aber leider
ging’s in die Hose. Er wird seinen Sessel räumen
müssen, oder man zwingt uns Neuwahlen auf.«
Rick fächelte sich mit dem Vorderteil seines
schweißgetränkten Hemdes etwas Kühlung zu. Die
Klimaanlage wurde mit der Hitze der Sonnenstrahlen, die durch die
Glasüberdachung des Platzes fielen, einfach nicht fertig.
»Also bekommen wir nur einen neuen Gouverneur, und sonst
geschieht nichts.«
»Was willst du denn? Eine Revolution?«
»Jesus – nur das nicht. Für mich macht es ohnehin
keinen Unterschied, wer hier an der Macht ist.«
»Rick, wenn wir nicht jemanden finden, der mit den
Separatisten rigoros aufräumt, wird jeder auf dem Planeten hier
in der einen oder anderen Weise davon betroffen sein.«
Rick lachte über Rydells ungewohnt salbungsvollen Tonfall.
Der bullige Werkstoff-Ingenieur reagierte beleidigt. »Der Kummer
mit dir ist, daß du immer glaubst, über allem zu
stehen.«
»Erst wenn das nächste Kolonistenschiff auch nicht
eintrifft, mache ich mir Sorgen. Port of Plenty hat Erde einfach
immer zu wichtig genommen.«
»Dann frag mal besser deinen Freund David de Ramaira, wie
ernst die Sache hier wirklich ist. Ich habe ihn übrigens seit
seinem Auftritt an der Jones Beach nirgends mehr gesehen.«
»Zufällig treffe ich ihn heute abend. Ich werde ihn von
deinen Befürchtungen in Kenntnis setzen.«
Die Glocke läutete und beendete eine Spielzeit. Die
Männer und Frauen auf dem Platz unter dem Balkon begaben sich zu
ihren jeweiligen Teams. »Ein Mann in deiner Position täte
im Moment besser daran, sich von diesem Burschen fernzuhalten«,
warnte Rydell.
»Seltsam – eine Menge Leute haben mir das schon
geraten.« Rick nahm seinen Schläger auf. »Komm,
versuchen wir mal, die Landwirtschaftliche Fakultät vom Platz zu
fegen.«
Gegen Abend lockerte die Hitze ihren lähmenden Griff ein
wenig, und die Leute trauten sich wieder auf die Straßen. Rick
stellte fest, daß er fast der einzige Mensch ohne Begleitung
war. Cath nahm an einer Familienbesprechung teil, hätte aber
sicher auch so eine Ausrede gefunden. Langsam ging er durch die
Altstadt zu de Ramairas Haus. Menschen saßen auf den Stufen der
Häuser oder lagen im Fenster und klatschten mit den Nachbarn.
Die Openair-Restaurants und -Cafes auf den baumbestandenen
Plätzen des Viertels waren dicht bevölkert, und Gruppen von
Menschen flanierten im Sonntagsstaat daran vorbei.
Das Altstadt-Viertel lag auf dem größten Hügel
mitten in der Stadt. Auf ihm hatten die ersten Kolonisten vor achtzig
Jahren begonnen, den außerirdischen Wald zu roden. De Ramairas
Haus lag am oberen Ende einer dieser engen Gassen, die sich zur
Hügelkuppe emporwanden. Es war ein solides rechteckiges
Gebäude in einem Park mit hohen Kastanien und dürren
Wiesen.
Rick berührte die Signaltaste in der schweren Holztür.
Irgendwo im Innern ertönte eine Glocke, doch die Minuten
verstrichen, und nichts rührte sich. Die schmalen Fenster mit
den hübschen Metallbrüstungen waren geschlossen und dunkel,
aber von oben hörte man viele Leute laut durcheinanderreden. Das
Stimmengewirr vermischte sich mit dem Dröhnen der Automaten, die
auf der dem Meer zugewandten Seite des Hügels installiert
waren.
Rick wollte gerade ein zweites Mal auf die Signaltaste
drücken, als die Tür sich knarrend öffnete. »Rick
– schön dich zu sehen«, rief de Ramaira. Für
einen Moment huschte ein Lächeln über sein Gesicht.
»Deine junge Lady – Miss Krausemann – sie ist nicht
mitgekommen?«
»Sie hat etwas
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