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Alien 2: Verborgene Harmonien

Alien 2: Verborgene Harmonien

Titel: Alien 2: Verborgene Harmonien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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war nur Flickwerk, das seinen Gefühlen, welche die Droge
und der monotone Gesang der Abos in ihm weckten, nicht annähernd
gerecht wurde. Er ahnte die Wahrheit, die große Wahrheit,
konnte sie aber nicht greifen.
    Er riß sich von den Aufzeichnungen los und streute
Kräuter und Samen in das kochende Wasser, schöpfte den Sud
ab, nachdem die Brühe aufgekocht war, und stellte den Topf zum
Abkühlen beiseite. Danach rief er anstelle seiner armseligen
Einspeicherungen die ausführlichen Selbstmord-Aufzeichnungen
auf. Er hatte sie immer noch nicht ganz durchforstet. Trotzdem waren
ihm die Namen und die mit ihnen verbundenen Intrigen, im
Stenogrammstil eingespeichert, inzwischen vertraut. Je länger er
darin wie in einem Roman las, um so klarer formte sich aus den Worten
eine Person heraus. Als ob jemand hinter ihm stünde.
Tatsächlich drehte Miguel sich um, sah aber nichts als
Bäume, die im Halbdunkel hinter den Worten verschwanden, welche
der Compsim auf sein Sichtfeld projizierte.
    Aber aus irgendeiner anderen Dunkelheit ertönte
plötzlich eine Stimme, ein warmer Bariton, überraschend
vertraut.
    - Hab keine Angst, Miguel. Ich will dir nichts Böses. Ich
will dir helfen, wenn ich kann. -
    »Wer bist du? Woher kennst du meinen Namen?«
    Die Worte des toten Mannes schwankten und verblaßten, als
würden sie von einem Wind aus Miguels Sicht davongeweht. Einen
Augenblick lang sah er nichts als samtene Dunkelheit. Dann rauschte
eine gitterartige geometrische Form auf ihn zu, deren blaue Linien so
grell waren, daß sie seine Sicht blendeten. Im gleichen Moment
riß eine prickelnde Paralyse Miguels Arme auseinander. Er fiel
ihr entgegen und kippte dabei den Topf ins Feuer. Die Brühe
verdampfte auf den heißen Steinen der Feuerstelle, und der
beißende Geruch von verbrennenden Kräutern brachte Miguel
wieder zu sich. Er spreizte die steifen Finger und ließ den
Compsim los…
    Eine ganz normale Nacht, Sterne über den Baumwipfeln. Wasser,
das im Feuer zischend verdampfte. Aus der Tiefe des Tales drang ein
Schrei herauf.
    Und über ihm, etwas weiter entfernt zwischen den Bäumen
das Aufblitzen des roten Lichtes am Relaisturm.
    Das muß es gewesen sein, dachte Miguel. Irgendwie hatte er
den Funkverkehr zwischen der Stadt und den Minen am Coopers Hill
gestört. Er hob einen Zweig auf und schaltete mit seiner Spitze
den Compsim aus.
    Jetzt erst ergriff ihn Panik. In fiebernder Hast trat er die Glut
aus, die die Brühe noch nicht gelöscht hatte, und packte
sein Bündel zusammen. Fast hätte er den Compsim am Boden
vergessen. Aus einem Impuls heraus hob er ihn mit den Fingerspitzen
vorsichtig auf und steckte ihn in sein Bündel.
    Mit großen Schritten eilte er durch den dunklen Wald und
folgte der Hügelkette nach Norden und Westen.
    In dieser Nacht war an Schlaf nicht zu denken. Wen oder was er
immer gestört haben mochte – es war durchaus möglich,
daß man ihn geortet hatte.
    Es war durchaus möglich, daß er wieder gejagt
wurde.

 
8    Herbst
----
     
     
    Am nächsten Morgen ging Rick wie gewöhnlich zur
Universität. Er nahm den üblichen Weg durch baumbestandene
Straßen zwischen den halbversteckten Häusern entlang.
Trotzdem fühlte er sich anders als sonst, weil er wußte,
daß Cath im Haus schon ihre Tasche packte, um den Mittagsbus
nach Arcadia zu nehmen. Seine innere Unruhe verstärkte sich noch
bei den drei Vorlesungen für die Erstsemester, die sehr stark
frequentiert waren und daher noch sehr anonym abliefen. Während
er seinen Vortrag auf der großen Trivia-Bühne hielt,
erkannte Rick aber deutlich, daß sehr viele Studenten fehlten.
Offenbar machte nicht nur Cath sich Gedanken, was in der
nächsten Zeit alles geschehen könnte.
    Nach der letzten Vorlesung eilte Rick nach Hause, um mit Cath ein
frühes Mittagessen einzunehmen. Gemeinsam saßen sie am
gescheuerten Küchentisch. Durch das Panoramafenster fiel heller
Sonnenschein. Das Laub der Bäume, das sich schon verfärbte,
leuchtete wie ein bunter Flickenteppich. Cath hatte eine Flasche
Weißwein geöffnet. Wortlos stießen sie miteinander
an. Danach räumte Rick das benutzte Geschirr in den Spender.
Dabei fragte er: »Hast du alles Notwendige
veranlaßt?«
    »Da war nicht viel zu veranlassen. Betrachte unsere Trennung
doch einfach nur als kurzen Urlaub, Rick, und schau nicht so verdammt
ernst drein.« Cath wechselte das Thema. »Ich habe die
Morgennachrichten gehört. Die All-Kolonien-Versammlung hat ihren
Kongreß eröffnet.«
    Rick drehte sich um.

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