Alien 3: Ewiges Licht
Mann ihr gegenüber beugte sich vor. Sie konnte ihn kaum
sehen wegen des Lichtkegels, der auf sie herunterfiel. Er sagte:
»Wissen Sie, wo Sie sind?«
»Ich habe so eine Idee«, sagte Suzy. Sie versuchte, sich
auszumalen, wo etwa. Vielleicht eines der Gymnasien.
»Ich meine nicht das Schiff, sondern ich meine, wo sich das
Schiff befindet, im Zentrum der Galaxis. Ah, das haben Sie nicht
gewußt? Und dennoch scheinen Sie nicht überrascht zu
sein.«
»Maschine hat gesagt, es wäre ein Ort, den noch nie
zuvor jemand gesehen hätte«, erklärte Suzy. Sie
wunderte sich, wo der Mistkerl steckte. Und Robot… »Ich
nehme an, er hatte recht. Das ist schwer zu erklären, aber ich
will mein Bestes tun. Ich meine, falls Sie es wissen wollen.«
Plötzlich erkannte sie, wie verängstigt sie war, schlimmer
als damals, wo ihr Schiff in die Grube jenes Mondes hineingezogen
worden war. Das Unbekannte war nicht so erschreckend wie das Wissen,
was Menschen anderen Menschen antun konnten – ihr antun
konnten. Sie sagte: »Sie haben doch nicht etwa mit der Navy zu
tun?«
»Suzy, wir sind nicht an Ihren Motiven interessiert. Oder
denen Ihres Gefährten«, sagte der Mann. »Glauben Sie,
daß die uns etwas ausmachen? Glauben Sie, daß die
Aktionen eines Individuums irgendeinen Unterschied in der Entwicklung
der menschlichen Rasse bewirken können?«
»Nicht, daß ich wüßte«, erwiderte sie.
»Sehen Sie, Sie kennen meinen Namen und wissen, daß ich
bei den Feldzügen gedient habe. BD 20, Kampfeinzelschiff. Ich
fliege direkt aus diesem Schiff auswärts. Was kann ich
Ihnen erzählen?« Zwischen ihren Brüsten troff
Schweiß. Das Unterzeug klebte an ihrem Rücken und ihren
Schenkeln. In dem Raum befand sich noch jemand. Wenn sie den Atem
anhielt, konnte sie die Person hören. Vielleicht einen Meter
hinter ihr, nicht mehr als zwei. Sie wagte nicht, sich umzuschauen,
sondern hielt den Blick fest geradeaus. Sie sagte:
»Tatsächlich, ich kann Ihnen alles erzählen, was Sie
wissen wollen.«
»Natürlich können Sie das. Aber alles, was wir
wollen, ist die Wahrheit, Suzy. Schnell und einfach. Wir wollen
wissen, wo Sie gewesen sind und was mit Ihnen dort geschehen ist. Das
ist alles.«
Ihre Augen gewöhnten sich allmählich an die Dunkelheit.
Sie sah, daß er ein alter Bursche war, mit sauber geschnittenem
Bart und weißem Haar, das seine Kopfhaut knapp bedeckte. Der
Weihnachtsmann in einer Toga. Den linken Arm hielt er steif vor die
Brust, als ob er angebunden wäre.
Sie fing an, ihm von dem endlosen Strand zu erzählen und der
fraktalen Wüste, den Schattentänzern und den Engeln. Aber
nach einer Minute erhob er die rechte Hand mit gespreizten Fingern
und nach außen gekehrter Handfläche. »Sie sind noch
nicht bereit, uns dies zu erzählen. Noch nicht.«
»Nun, das ist die Wahrheit. Das ist es, wo wir waren, tief in
jenem Loch. Das ist es, was geschehen ist, Mann, ob Sie mir glauben
oder nicht.«
»Was ist ein Engel?«
»Ich bin nicht sicher. Die lebten dort. Wo wir
waren.«
»Und wo war das?«
»Ich weiß nicht, nicht genau. Es sah aus wie ein Strand
irgendwo in den Tropen. Aber das war so, weil der menschliche Teil
von Robot es träumte.«
»War es ein Ort oder ein Traum?«
»Ich vermute, etwas von beidem. Maschine sagte, es wäre
eine Art von Interzone zwischen diesem Universum und dort, wo die
Engel lebten.«
»Aber Sie wissen nicht, was die Engel waren?«
»Sie sagten Ihnen, daß Sie etwas für sie tun
sollten.«
»Den Marodeuren Einhalt gebieten. Was die da draußen
tun, verletzt die Engel. Die Engel wollten, daß es
aufhörte. Es ist schwer, dies in meinem Kopf richtig zu ordnen.
So, wie es mir gesagt wurde, schien es eine Selbstmordmission zu
sein. Als ich Ihre Sendung hörte, hielt ich deshalb direkt auf
Sie zu. Ich meine, was hätte ich sonst tun sollen?«
Der alte Mann hob wieder die Hand, jetzt mit gekrümmtem
Zeigefinger. Da war jemand, den Suzy gar nicht kannte – nicht
der Mann hinter ihrem Rücken; der hatte sich nicht bewegt. Eine
Frau in militärischem Overall mit einer großen funkelnden
Brosche über der linken Brust trat aus dem Schatten. Sie hielt
dem alten Kerl eine Notiztafel vor das Gesicht. Er sagte
»Gut«, erhob sich aus seinem Sessel und trat dahinter, mit
einer Hand auf der Schulter. Er sagte zu Suzy: »Wir haben nicht
viel Zeit und müssen wissen, ob man uns die Wahrheit
erzählt.«
»He, das ist alles, was ich Ihnen sagen will.«
»Das ist gut. Aber, sehen Sie, wir müssen dessen
Weitere Kostenlose Bücher