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Alien 3: Ewiges Licht

Alien 3: Ewiges Licht

Titel: Alien 3: Ewiges Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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gewesen. Aber man hatte ihn
entfernt und das Loch verklebt. In der Schublade waren nur kleine
Staubflocken. Auch sonst war in dem kleinen Raum nichts, das sie
brauchen konnte außer vielleicht den peitschenartigen
Drähten, die von der Maschine herabhingen, die mit Bolzen am
Kopfende des Bettgestells befestigt war. Aber sie konnte sich nicht
überwinden, diese anzufassen.
    Wenn sie sich auf den Stuhl stellte, konnte sie durch das hohe,
schmale Fenster blicken. Aber sie konnte nichts sehen außer den
gezackten Wipfeln einer Palmengruppe, die sich vor blauem Himmel
abzeichneten.
    Die meiste Zeit über saß sie in zazen- Haltung
auf dem Tisch. Die Zeit wurde markiert durch den Lichtfleck, der vom
Fenster auf die gegenüberliegende Wand geworfen wurde und
langsam nach oben wanderte, während Dorthy versuchte, ihre
Gedanken zu ordnen und den Schweiß zu ignorieren, der ihr
über den Körper rann, und den dumpfen Schmerz in den Nieren
(sie hatte sich zweimal verstohlen in einer Ecke des Zimmers
erleichtern müssen. Ihr Urin war beide Male mit Blut
gefärbt). Es lief darauf hinaus, daß sie nicht zulassen
konnte, benutzt zu werden. Diesmal nicht. Sie konnte sich nicht
vormachen, der Tortur widerstehen zu können. Jener eine Schlag
hatte in ihrer Psyche schon seine Spur hinterlassen. Und Hiebe waren
noch das geringste Übel dabei. Es gab Auswege. Die hatte sie
ein- oder zweimal nach besonders quälenden Sitzungen im
Kamali-Silver-Institut versucht (einmal mit einem Bleichmittel,
einmal mit einem Messer; und einmal hatte sie versucht, sich in dem
freischwebenden tropfenförmigen Schwimmbecken im gewichtslosen
Zentrum des Instituts zu ertränken. Versucht und versagt. Aber
sie war damals nur ein Kind gewesen.)
    Aber da war ihre Tochter. Dorthy konnte sie nicht
zurücklassen. Aber sie mitzunehmen (falls sie es könnte)
würde bedeuten, die Hoffnungen einer ganzen Rasse zu verraten.
Die Zeugen wußten das. Vielleicht nicht offenkundig, aber
dennoch mit der Art von Instinkt, der einen wilden Hund sich das
schwächste Tier einer Herde heraussuchen läßt,
welches mit der geringsten Mühe zu erlegen ist.
    So waren auch die Zeugen, dachte Dorthy, oder noch minderwertiger.
Sie waren Aasfresser, die an den Knochen der Geschichte nagten. Sie
besaßen genügend Drohvermögen und Imponiergehabe, um
schwächere Kreaturen in die Flucht zu jagen, hatten aber nicht
das nötige Quentchen Mut, um selbst zu töten. Selbst wenn
sie sie durch Gehirnwäsche dazu brächten, ihre
Glaubenssätze zu bestätigen, waren sie immer noch im
Unrecht und rückständig. Lügen würde ihren
Glauben keineswegs realer machen. Sie würden weiterhin der Erde
Elend auferlegen. Aber weil ihre Religion die Entweihung des
Weltraums durch etwas anderes als ihre Gebete verbot, würden sie
sich nicht anderswohin ausbreiten.
    Man konnte es nicht zulassen, daß die Schattentänzer
als gefrorene Potentiale in der zarten Kurve des Schädels ihrer
Tochter als Totgeburten in diesem Universum endeten; denn sie
schwammen trotz alledem immer noch im Ozean der Interzone. Wenn sie
könnte, würde sie sie retten, ihre Tochter und die
Schattentänzer. Sie müßte am Leben bleiben und
wachsam jeder Chance entgegensehen, die sich bieten könnte.
Alles, was sie hatte, war das, was sie immer besessen hatte –
ein leichter Hauch von Hoffnung.
    Der helle Fleck von Sonnenschein erreichte den Winkel zwischen
Wand und Decke und begann zu sinken. Dabei verlor er seine
Schärfe. Als er nicht mehr heller war als die vergitterte
Leuchtröhre, die nie ausgeschaltet worden war, brachte ein Zeuge
ein Stahltablett ins Zimmer mit quadratischen Stücken einer
blassen, in Bottichen erzeugten matschigen Masse und einem randvollen
Becher mit lauwarmem, trübem Wasser. Dorthy nahm den Becher und
sagte, daß sie das Essen nicht wollte. Aber sie bat um Windeln
zum Wechseln für ihre Tochter.
    Der Zeuge nahm das Essen mit, ohne ein Wort zu sagen, kam aber
erstaunlicherweise wieder mit einem Stapel gestärkter und
gebügelter Handtücher. Dorthy wickelte ihre Tochter, die
weiterschlief und immer noch von Schwimmern in dunklen Gewässern
unter rosafarbenem Himmel träumte. Als Paul Marquira
zurückkam und ihr sagte, es wäre Zeit zu gehen, herrschte
nur Dunkelheit hinter dem Fensterspalt.
     
    Ein neues Luftschiff war jenseits des Radioteleskops verankert und
lag im grellen Licht sich überkreuzender Scheinwerfer. Es war
klein und schwarz. Seine kreuzweise angeordneten Propellerflügel
blitzten an den Kanten.

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