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Alien 4: Die Herren der Erde

Alien 4: Die Herren der Erde

Titel: Alien 4: Die Herren der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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ihr rufen. Und abwarten, ob sie seinem Sirenengesang
antwortete und alle Weisheiten, die sie inzwischen gesammelt hatte,
mit ihm teilte.

 

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KÖNIG AUF ZEIT

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    Ich will mit meiner Geschichte so beginnen, wie alle alten
Geschichten beginnen:
    Es war einmal – ein großer Wald, der sich im Schatten
eines hohen Berges erstreckte, und mitten darin lag auf einer
großen Rodung ein Gehöft, dessen Gebäude ganz aus
dicken Bohlen gebaut waren. Dicke Rasensoden deckten ihre
Dächer. Dieser Hof war das Heim der Familie Lemue, und mein
Vater der Familienvorstand. Ich war sein jüngstes Kind und die
einzige Tochter. So standen die Dinge, als eines Tages Gillain Florey
bei uns auftauchte.
    Nach all dieser Zeit sehe ich ihn noch genau so deutlich vor mir,
als habe er gerade das Zimmer verlassen. Denn ich begegnete ihm als
erstes Mitglied unserer Familie, und ich sollte auch der Anlaß
für seinen Absturz werden. Damals, vor all diesen Jahren, war
gerade Frühling. Am schlammigen Ufer des Baches und im jungen
Schilf war das heisere Quaken der Frösche zu hören, und an
den Zweigen der Hornsträucher und Erlen zeigte sich der erste
Hauch von Grün. Die Magnolien blühten schon. Auf den
stillen Teichen, deren Oberflächen sich wie Laken über
unruhigen Schläfern in der leichten Brise kräuselten,
schwamm eine dicke Schicht goldfarbener Pinienpollen.
    Es ist nicht dasselbe hier unter der Kuppel, wo man den
Frühling nur am Wechsel des Tageslichtes erkennen kann –
wenn man ihn überhaupt bemerkt. In meiner Kindheit dagegen waren
die längeren Tage und das wärmere Wetter nur ein Teil von
ihm. Der Frühling war wie ein allumfassendes Wiedererwachen, ein
Aufruhr der Gefühle und Triebe, und auch ich spürte diesen
Aufruhr. Damals war ich siebzehn – richtig, genau so alt wie du
jetzt. Das ist auch der Grund, weshalb ich dir das überhaupt
erzähle. Siebzehn Jahre, und ich dachte, ich hätte schon
alles kennengelernt, was man im Wald überhaupt kennenlernen
konnte. Ich fühlte mich eingeengt, wie in einer Falle gefangen
durch die alltägliche Vertrautheit meines Heims und der
Umgebung. Beim Gedanken an die bevorstehende Hochzeit erfaßte
mich jedesmal wieder Panik. Ja, ich glaube, ich liebte Elise
Shappard, auch wenn die Hochzeit zwischen seinem und meinem Vater
ausgehandelt worden war. Ich liebte Elise, aber nicht so, wie man
üblicherweise jemand liebt – aus freien Stücken, nach
eigener Wahl. Ich fühlte, daß da eigentlich mehr sein
müßte, aber ich wußte nicht, was das war. Meine
Familie, den Hof und einen kleinen Teil des Waldes – mehr kannte
ich in Wirklichkeit nicht.
    An diesem Frühlingstag also – meine Mutter hatte gesagt,
jemand solle Efeu sammeln, dessen Sud ein gutes Färbemittel war,
um unsere Wolle rot einzufärben – ging ich fröhlich
mit einem Topf und einem kurzen scharfen Messer zu den Efeuranken bei
den Pinien am Flußufer, die gerade frische Knospen zeigten. Und
dort fand ich den Mann.
    Er lag ausgestreckt auf einem Moosteppich in der Nähe einer
schlanken Pinie. Die Füße, die in Stiefeln steckten, hatte
er übereinander gelegt. Seine Hose war aus dunklem, schimmerndem
Stoff, die Lederweste über der glatten nackten Brust klaffte
weit auf. Sein Gesicht war so weiß wie das einer Frau, und das
lange, lockige Haar kringelte sich wie kleine schwarze Schlangen um
seinen Kopf. Ich weiß noch, daß ich kaum zu atmen wagte,
während ich ihn betrachtete, als sei er eine Erscheinung,
heraufbeschworen durch eine schöne und höchst delikate
Zauberformel.
    Und dann öffnete er die Augen. Ich ließ meinen Topf und
das Messer fallen und rannte davon.
    Ich muß einen netten Aufruhr verursacht haben, als ich den
Hof erreichte und Hühner und Gänse bei meinem Geschrei
erschreckt zur Seite stoben. Die Leute steckten die Köpfe aus
Türen und Fenstern. Mir blieb kaum genügend Zeit, um
keuchend die Neuigkeit, ich hätte oben im Wald einen fremden
Mann gefunden, loszuwerden, als jemand einen warnenden Ruf
ausstieß. Alle drehten sich um.
    Aus dem Schatten der Bäume drüben am Waldrand löste
sich eine Gestalt und schlenderte den grasbewachsenen Hang herab auf
den Hof zu, als sei es der seine, zu dem er nun zurückkehrte.
Als er den Feldrain erreichte, verschwand er kurz aus dem Blickfeld,
durchquerte den Trenngraben, tauchte auf der anderen Seite wieder auf
und kam quer über die brachliegenden Felder auf uns zu.
    »Keine Bange, Clary«, rief einer meiner Onkel, »wir
werden ihn schon gebührend

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