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Alien 4: Die Herren der Erde

Alien 4: Die Herren der Erde

Titel: Alien 4: Die Herren der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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Essen, machte Botengänge oder sah zu, wie er mit Zweigen und
Pflöcken ausprobierte, wo die Seilhalterungen angebracht werden
mußten. Nein, noch nie zuvor war ich so glücklich
gewesen.
    Der Fremde hielt uns alle in seinem Bann – ob er
herumwanderte und in kurzen energischen Worten den Männern
Anweisungen erteilte, oder ob er, den Rücken gegen einen
Pinienstamm gelehnt, mit geschlossenen Augen im Gras saß,
während ich sein weißes Gesicht betrachtete.
    Und am Abend dann seine Erzählungen…
    Gespannt lauschte die ganze Familie stundenlang, wenn Florey von
anderen Welten erzählte und nur kurz innehielt, um einen Schluck
Apfelwein zu trinken, den ich für ihn bereitgestellt hatte. Er
erzählte uns von den singenden Steinen auf Ruby, von den
öligen Fluten der Ozeane, die Nowaja Rosja säumten, im
Sommer kochten und im Winter zu wachsfarbenen Eisflächen
gefroren. Von dem großen Canyon auf Nowaja Semlja, in dem alle
Menschen leben mußten, von den wunderschönen,
menschenleeren Küsten auf Serenity. Seine Schilderungen waren so
bildhaft und lebendig, als würden wir alles mit eigenen Augen
sehen, und er erzählte uns Geschichten, die so phantastisch und
trotzdem so plausibel klangen, daß selbst die Bäume in der
Nähe sich herabzubeugen schienen, um seinen Worten zu lauschen.
Danach pflegte er sich lächelnd zu strecken und zu sagen,
daß es Schlafenszeit sei. Und wir erwachten allmählich aus
unserer Verzauberung, hörten wieder das Glucksen des Flusses und
spürten die Stiche der Mücken, denen wir bis dahin keine
Beachtung geschenkt hatten, spürten die kalte Nachtluft,
hörten Kinder und Tiere nach Nahrung jammern.
    Sogar Elise lauschte einen Abend lang gebannt den Worten des
Fremden, sagte aber hinterher zu mir: »Diese Geschichten sind
nicht die Wirklichkeit, Clary. Sie zählen nicht, sind nicht
wichtig.« Dabei hielt er meine Hand fest umklammert, als
fürchte er, ich könnte zu einer von Floreys
märchenhaften Welten davonfliegen. Und das hätte ich auch
getan, wenn ich dazu in der Lage gewesen wäre.
    »Aus Gils Mund klingen sie jedenfalls echt, völlig real.
Ist das nicht dasselbe?«
    »Er hat euch verhext – euch alle auf diesem Hof. Das
sagt jedenfalls mein Vater.«
    »Dein Vater ist nur eifersüchtig – wie du
auch.«
    Er fuhr sich mit der Hand durch das kurzgeschnittene Haar, das
unter der Berührung regelrecht knisterte. »Vielleicht bin
ich das wirklich. Ist es denn nicht so, Clary, daß du bald
meine Frau sein wirst?«
    »Ja, natürlich, es ist doch alles arrangiert.«
    »Durch die Brücke ist dein Vater nicht mehr auf den
Brautpreis angewiesen. Glaubst du, er ist immer noch einverstanden,
daß du mich zum Mann nimmst?«
    Mir war bis jetzt nicht bewußt geworden, daß sich die
Umstände durch den Bau der Brücke grundlegend
verändert hatten. »Ich denke, dazu sind die Vorbereitungen
schon zu weit gediehen, um jetzt alles wieder abzusagen.« Sein
ängstlicher Blick berührte mich. Ich merkte, daß ich
mich immer noch zu ihm hingezogen fühlte. »Keine Sorge, ich
werde mich nicht vor der Heirat drücken.«
    »Dann solltest du nicht so oft in seiner Nähe sein,
wie… wie…«
    »Du bist noch nicht mein Ehemann. Also sag mir nicht, was ich
tun soll.«
    Wir starrten uns wütend und aufgebracht an. Unten am
Fluß quakten die Frösche. Beim Haus sang eine Frau den
Refrain eines alten Liedes. Ihre klare Stimme drang leise durch die
Dunkelheit zu uns herüber. »Ach, wie die Zeiten sich
verändern…«
    Elise fluchte laut, machte auf dem Absatz kehrt und stapfte zum
Flußufer, wo er in der Nähe der Furt sein Pferd angebunden
hatte. Seine Hündin sah mich einen Moment lang an, fuhr herum
und sprang hinter ihrem Herrn her.
     
    Am nächsten Morgen – wir waren noch keine volle Stunde
oben bei der Brücke – sagte Florey plötzlich:
»Gibt es hier in der Nähe nicht irgendwo Ruinen,
Clary?«
    »Einige. Ich glaube, hier in der ganzen Gegend sind welche zu
finden. Wollen Sie sie sehen?«
    »Ja, jetzt gleich.«
    »Und was ist mit der Brücke?«
    Florey deutete auf die Männer, die mit entblößten
Oberkörpern Planken für die Seitenwände
zurechtschnitten und schälten. »Sie verstehen mehr vom
Zimmermannshandwerk als ich. Ich kann ihnen höchstens zeigen,
wie man alles zusammenbauen muß. Aber so weit werden wir
frühestens morgen sein. Man dürfte uns hier also kaum
vermissen.« Er nahm die Tasche mit dem Essen, das ich ihm
gebracht hatte, sah mich mit seinen silbern schimmernden Augen an

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