Alien Earth - Phase 1
Substanz, gegeben von dem Mann, dem das Große Pack seine Existenz schuldete: Wolf.
Wolf hatte Sigma V verkündet. Wolf bürgte für die Richtigkeit seiner Botschaft. Wolf war über jeden Zweifel erhaben. Zumindest erweckten die Nomaden den Anschein, und Wieselflink hütete sich, seine eigenen Zweifel zu äußern. Jeder Mensch musste seinen eigenen Weg gehen, und Wieselflinks Weg würde sich nur zeitweilig mit dem des Großen Packs überschneiden. Die Lange Reise - sollte sie jemals stattfinden, Wieselflink erinnerte sie an die Wiedereinbürgerungsversprechen des Ministeriums, bloße Beruhigungspillen, um die Nomaden gefügig zu halten - würde er nicht mitmachen.
Doch einstweilen hörte Wieselflink zu. Jeder Happen Information, den er aufschnappte, konnte nützlich sein, sein Überleben sichern. Und zuzuhören machte unsichtbar. Kaum war die erste Woche vergangen, als die Nomaden bereits aufgehört hatten, ihn zu registrieren. Wieselflink gehörte zum Inventar wie die verklebten Scheiben, die abgewetzten Türgriffe und der ruhelose Fischer, der immerzu durch die Gänge lief und auf seinem Unterarmcomp herumtippte.
Im Schutz seiner neu gewonnenen Unsichtbarkeit machte sich Wieselflink an die Arbeit. Er hatte die Werkstatt. Ein Raum, in dem er ungestört war, ausgestattet mit Mitteln, die Wieselflink
sich nie hätte träumen lassen. Sein Vorgänger hatte Ersatzteile gehortet. Der Sinn der meisten blieb Wieselflink, dem Nicht-Elektriker, verborgen. Er ordnete sie, so gut das möglich war, damit sie ihm nicht im Weg waren, und verbrachte seine Zeit mit dem einen Gerät, mit dem er sich auskannte. Ein Rechner. Ein zwanzig Jahre altes Gerät, ein Fossil, dazu abgeschnitten von der Welt: Es war ohne Netzzugang. Aber dennoch, ein Rechner. Ein Botschafter von draußen. Möglicherweise ein Schlüssel nach draußen. Allein schon die Fingerspitzen auf die abgewetzte, schmutzige Tastatur zu legen - der Rechner war zu altmodisch, um über eine virtuelle oder eine Spracheingabe zu verfügen -, fühlte sich danach an, als hätte er ein Stück seines alten Lebens zurückgewonnen.
Wieselflink nahm sich Zeit, den Rechner zu erforschen. Zuerst die Software. Betriebssystem, Standard-Anwendungsprogramme, ein verstecktes Verzeichnis, in dem er das Bild einer Frau mit schlechten Zähnen und einem dick eingepackten Baby im Arm entdeckte, und eine Simulation. Die Simulation zeigte Sigma V, wie Schrauber es sich vorgestellt hatte: der Planet eine einzige endlose Vorstadt, blitzsauber, in jeder Garage zwei oder drei große Autos, die Hunde brave GenMods, die alleine Gassi gingen und ihre Häufchen mit geschickten Pfoten in Plastiktüten packten. Zu Hause seine Frau, die ihn mit strahlend weißen Zähnen immerzu anlächelte. Schrauber hatte den Kopf von dem Foto kopiert, die Zähne nachbearbeitet und der Figur in der Simulation aufgesetzt.
Diese Simulation erinnerte Wieselflink an einen Kollegen, den er in seinem früheren Leben am Institut gehabt hatte. Der Kollege hatte seine freie Zeit mit Taschenwelten verbracht, hatte über nichts anderes geredet. Einmal hatte er Wieselflink dazu überredet, eine auszuprobieren. Wieselflink hatte in eine Welt geblickt, die es an Abstrusität mit der Simulation von Schrauber aufnehmen konnte. Dennoch, Wieselflink hatte sich eingestehen müssen, dass die Taschenwelt eine Intensität besessen hatte, die ihn im Augenblick des Erlebens gefangengenommen hatte. Nicht so wie die primitive Simulation von Schrauber.
Wieselflink löschte das Verzeichnis und knackte das abgeschlossene Rechnergehäuse, um sich einen Überblick über die installierten Komponenten zu verschaffen. Eine Enttäuschung. Keine versteckte Antenne, kein Drahtlos-Chip. Wieselflink schraubte das Gehäuse wieder an, haderte eine Nacht und einen Tag mit der Grausamkeit des Schicksals, das ihm einen Rechner vor die Nase setzte, der sich als bessere Attrappe entpuppte, und kanalisierte seine Wut in Trotz. Dann eben nicht drahtlos. Dann eben Draht. Wenn es etwas gab, was er im Überfluss besaß, waren es Drähte.
Wieselflink bastelte. Sein Ansatzpunkt war die Schnittstelle seines Halsbands. Sie war unmöglich positioniert, am unteren Rand der Innenseite, im 45-Grad-Winkel gegen seinen Hals gerichtet. Wieselflink konnte sie mit dem kleinen Finger ertasten, die Plastikstege zählen. Es waren fünf. Verdrehte er das Halsband einige Zeit lang abwechselnd nach links und rechts, gab das Gewebe nach, getränkt von seinem Schweiß, und er konnte mit
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