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Alien Earth - Phase 1

Titel: Alien Earth - Phase 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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einem Drahtstück oder einem Schraubenzieher darin herumstochern. Wieselflink tat es, wütend auf sich selbst. Was konnte er mit dem Herumgestochere schon erreichen? Bestenfalls, einen Kurzschluss oder die Sicherheitsschaltung auszulösen. Dann würde das Halsband seine gesammelte Energie mit einem Schlag abgeben. Dennoch, Wieselflink konnte der Versuchung nicht widerstehen. Die Schnittstelle war wie ein schmerzender Zahn, den man wider besseres Wissen mit der Zungenspitze befühlte.
    Nichts geschah.
    Wieselflink kramte den Rucksack aus seinem Versteck hervor. Er hatte ihn am ersten Morgen hinter Ersatzteilen verborgen. Fischers Versprechen, dass der Rucksack jedes Angehörigen des Großen Packs sicher war, hatte er nicht getraut. Seine Schätze waren vollzählig. Vier Schnittstellen mit Steckern. Alle stanken furchtbar. Sie hatten sich nicht sauber aus den Schädeln gelöst, und Wieselflink hatte keine Gelegenheit gehabt, sie zu säubern. Er holte es nach, kratzte mit einem Schraubenzieher die Katzenreste weg und sammelte sie in
einer Plastiktüte, um sie bei der nächsten Gelegenheit das Klo hinunterzuspülen. Es war seine einzige Möglichkeit, sie loszuwerden, die Fenster und Türen waren fest verschlossen.
    Dann besah er sich die Stecker genauer. Achteckig. Wie, möglicherweise, die Schnittstelle an seinem Halsband. Er hielt den ausgestreckten kleinen Finger neben einen Stecker. Ja, mit etwas Glück konnte es hinkommen. Die Halsbänder waren keine aufwändigen Sonderanfertigungen. Das Bahnministerium konnte sich keine leisten. Es musste sich mit dem begnügen, was im Angebot und günstig war. Mit den Beamten, die andernorts überflüssig oder unerwünscht waren, mit dem auseinanderbröselnden Schienennetz, den altersschwachen Zügen - und natürlich mit den überschüssigen Menschen. Die Halsbänder waren so billig wie möglich gefertigt. Aus Aramidfaserresten, die bei der Fertigung von Hunter-Körperpanzern anfielen - so ein Gerücht. Und aus Chips - so ein weiteres Gerücht -, die bei der allgemeinen Umrüstung auf hunterkonforme Hardware angefallen waren. Ersteres hielt Wieselflink für eine Legende. Auf jeden Hunter mussten Hunderte, wenn nicht Tausende von Bahnnomaden kommen. Die Richtigkeit des Letzteren glaubte er am eigenen Leib zu erleben. Veteranen unter den Nomaden wussten, dass es gute und schlechte Bänder gab. Hatte man das Pech, ein schlechtes Band zu erwischen, hielt man nicht lange durch. Selbst eine milde Verwarnung ließ das Herz des Trägers bereits aussetzen. Hatte man ein gutes erwischt, taumelte man unter den Schlägen, fiel aber nicht. Hatte man eines wie das Wieselflinks, war man vom Schicksal auserwählt. Nur, dass Wieselflink nicht an das Schicksal glaubte, sondern an Zufall und Serienstreuung. Die Halsbänder durften nichts kosten, also war es unvermeidlich, dass manche ihren Zweck besser verrichteten als andere - und manche, wie seines, überhaupt nicht. Der schlimmste Schlag, den Wieselflink je verabreicht bekommen hatte, war nicht schlimmer gewesen als der, den ein elektrischer Weidezaun austeilte.
    Innerhalb der Züge und Fabriken schenkte ihm das Halsband eine ebenso unerhörte wie brüchige Freiheit. Wieselflink
musste sich vorsehen, sich gegenüber anderen Nomaden nicht zu verraten. Zu viel unverdientes Glück beim Nächsten war schwer auszuhalten. Also zog sich Wieselflink zurück, sah zu, dass er auf sich allein gestellt durchkam, oder hängte sich an Einzelgänger wie Fleischberg, mit denen sich niemand anlegen wollte. Dieser Teil störte ihn nicht weiter. Er zog es ohnehin vor, ungestört von anderen seinen Weg zu gehen. Aber da war die Ungewissheit. Der Steuerchip seines Halsbands war defekt, verschonte ihn vor schlimmen Schlägen. Nur: Wie lange würde das anhalten? Was, wenn der Chip komplett ausfiel und das Pendel in die andere Richtung ausschlug? Es konnte jeden Augenblick geschehen. Oder in einer Woche, in einem Monat oder niemals. Oder, wenn er den Schlag selbst auslöste?
    Mit einem Katzenstecker, den er einführte.
    Er konnte passen. Er war ein Standardbauteil. Sein Halsband war aus Standardbauteilen gefertigt.
    Wieselflink verdrehte das Halsband mit der rechten Hand, zwängte den Stecker in die Schnittstelle. Der Winkel reichte nicht ganz aus. Der Stecker bohrte sich in seinen Hals. Wieselflink schluckte den Schmerz herunter, drückte fester, und der Stecker rastete ein.
    Es machte »klick«.
    Und dann »buh!«.

    Nur zum internen Dienstgebrauch!
     
    Anatomische

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