Alien Earth - Phase 1
schon! Nimmst du mich mit? Ich bin nicht blöd, das weißt du. Ich kann flitzen. Ich kann lernen. Und ich kann dir helfen!«
»Du mir helfen? Wie willst du das anstellen?«
»Das wirst du sehen. Also: Gehen wir zusammen?«
»Hm … in Ordnung.«
»Abgemacht?« Sie hielt ihm die rechte Hand hin.
»Abgemacht.« Er schüttelte sie. Ihre kleine Hand legte sich wie eine Klammer um seinen Daumen und Zeigefinger.
»Ich habe einen Traum. Von einer anderen Welt, einer besseren Welt. Sie ist weit weg und doch ganz nah. Sie ist im Ozean, unter dem Ozean. Sicher. Verborgen. Geborgen. Sie wartet auf mich. Ich muss los. Bitte, lasst mich los. Bitte, bitte, bitte … ich …
LASST MICH LOS!«
Verdächtige/r: Maya Senft, Dateneinzelhandelskauffrau
Alter: 42
Zugriff: 04.10.2063, nach Anzeige aus Nachbarschaft. Keine Gegenwehr.
Symptomatik: Kopfschmerz, erhöhter Blutdruck, Alkoholmissbrauch, eingeschränkte soziale Funktionsfähigkeit
Status: unentschieden (zwei Stimmen pro Manifestation, zwei kontra, eine Enthaltung)
Empfehlung: indefinite Sicherheitsverwahrung nach § 12 Alien-Gesetz, II. Novellierung 2062
KAPITEL 22
Trixie fuhr manuell.
Mit einer Lässigkeit, wie sie Paul in seinen besten Zeiten nicht hätte überbieten können, hatte Trixie ihr Korps-Abzeichen in den Kartenschlitz des Mietwagens geschoben und alles heruntergefahren: Antischlupfsystem, Abstandswarner, Klimaanlage, Navi-System, sogar den Datenstreifen.
»Ist doch ganz einfach«, sagte Trixie, als sie auf die Autobahn einbog, das Gaspedal durchdrückte und auf 350 km/h beschleunigte. »Paul ist ein Mensch ohne feste Bindungen. Ohne Konstanten. Das hängt natürlich mit dem Lebensstil zusammen, den Hunter zwangsläufig führen. Ein Job, der im Geheimen stattfindet, niemand, dem man sich anvertrauen kann, ständig unterwegs, Überstunden, die Verantwortung - nach einem Jahr als Hunter ist vom sozialen Netzwerk nur noch eine rauchende Trümmerwüste übrig.«
»Danke, das ist genau der Trost, den ich gerade brauche«, sagte Ekin. Sie saß kerzengerade im Sitz. Um vor Trixie zu verbergen, wie fest sie mit ihrer Rechten den Türgriff umklammerte, und - wenn sie ehrlich zu sich selbst war - weil sie nicht anders konnte. Sie konnte Auto fahren, auch wenn sie es selten tat. Auf dem Weg zu Einsätzen überließen sie dem automatischen System die Steuerung. Dieses fuhr mit der unerschütterlichen Gleichmäßigkeit eines Fahrstuhls, die nichts mit der Impulsivität Trixies gemein hatte.
»War nicht persönlich gemeint.« Trixie drehte den Kopf zur Seite und lächelte ihr versöhnlich zu. Die Geste benötigte nur einen Augenblick, aber in der Zeit überholten sie zwei Dutzend Frachter. Diese fuhren auf der rechten Spur, mit kaum
mehr als einer Armlänge Abstand zwischen den einzelnen Modulen, um den Windschatten optimal auszunutzen. Normalerweise wirkten sie wie ein endloser, bunter Konvoi. Jetzt, mit Trixie am Steuer und dem Gaspedal am Anschlag, kamen sie Ekin vor wie ein zweiter Lärmschutzwall.
»Ich habe nur beschrieben, was ist.« Trixie sah wieder auf die Fahrbahn. »Hunter ist ein einsamer Beruf. Der eine Hunter hat das Glück, in ihrem oder seinem Partner einen emotionalen Anker zu finden. Der andere nicht. Das sind die ganz armen Schweine, wie du. Und manche dieser armen Schweine haben Glück im Unglück, und das Schicksal schickt ihnen eine Seelenschwester, die einen raushaut. Oder …«, Trixie scheuchte einen Wagen, der mit 300 auf der linken Spur herumtrödelte, in die Fahrbahnmitte, »… oder man mutiert zum komischen Kauz. So komisch, dass eines Tages ein Alien in einen hineinfährt.«
»Aha. Ein Sprung in der Schüssel macht anfällig für eine Alien-Manifestation?«
»Könnte sein. Zumindest scheint mir das manchmal der kleinste gemeinsame Nenner der Leute zu sein, die wir in die Finger kriegen. Die Frage ist nur, was hier die Henne und was das Ei ist. Manifestieren sich Aliens in Menschen, weil sie psychische Probleme haben? Oder sind psychische Probleme Symptome einer Alien-Manifestation?«
»Woran glaubst du?«
»Fünf Minuten vehement an das eine, die nächsten fünf vehement an das andere. Kommt darauf an, wen ich als Letzten in den Fingern hatte.«
»Klingt ausgesprochen professionell.« Ekin konnte sich die Spitze nicht verkneifen. »Und was ist die Meinung deiner werten Kollegen?«
»Oh, wenn dir deine Haut lieb ist, sprichst du das Thema niemals an. Nimm einen Haufen Vernehmungsspezialisten, sperr sie in eine Halle und
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