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Alien Earth - Phase 2

Titel: Alien Earth - Phase 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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hörte. Aber sie sprach nur zu ihm, wenn sie ihm einen Befehl gab.
    War er ihr komplett ausgeliefert? Las sie jeden seiner Gedanken, jedes seiner Gefühle? Oder beschränkte sie sich auf das, was für ihre Absichten wichtig war? Es würde nicht schwerfallen, es herauszufinden. Er musste nur eine Simulation, die sie ihm auftrug, verweigern oder manipulieren. Würde sie es bemerken?
    Er ließ es sein, als ihm bei einem seiner Spaziergänge aufging, wie dumm es gewesen wäre. Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder Ekin konnte in seinen Gedanken lesen wie in einem offenen Buch. Dann war es egal, was er plante. Sie würde es immer zu vereiteln wissen. Oder sie beschränkte sich in dem Glauben, dass er ihr ohnehin gehorchte: Dann würde ihr sein Aufbegehren eine Warnung sein. Und das durfte nicht geschehen.
Wollte er entkommen, musste seine Flucht eine Überraschung sein.
    Und entkommen würde er.
    Beobachten, zuhören, sich nichts anmerken lassen, den richtigen Moment abwarten - und dann flitzen. So hatte er die Züge der Überschussmenschen überlebt, so hatte er es nach Kairo geschafft, so würde er es hier herausschaffen. Und diesmal würde er nicht so dumm sein, sich von einem Handlanger Mahmuts einfangen zu lassen.
    Er würde frei sein.
     
    Rainer gehorchte, fuhr weiter seine Simulationen, machte seine Spaziergänge und versuchte zu begreifen, was in seinem Kopf vorging. Da war Ekin. Alles beherrschend, alles wissend, eine niederdrückende Präsenz, die nichts Menschliches an sich hatte. Aber war da nicht noch mehr? Ekin sprach mit Blitz’ Stimme. Vielleicht konnte er zu Blitz sprechen?
    Er rief in Gedanken nach ihr. Manchmal, wenn er allein in seinem Labor war, sprach er seine Gedanken auch laut aus. »Blitz?«, flüsterte er. »Bist du da? Bitte, sag etwas! Hörst du mich?«
    Sollte sie ihn hören, zog sie es vor zu schweigen. Zumindest am Tag. Nachts träumte er. Er fand sich im Zug des Gro ßen Packs wieder, in der Werkstatt, die Fischer ihm zugeteilt hatte. Blitz war bei ihm. Ihre Augen waren groß, und in ihnen stand ein freches Funkeln, während sie im Schneidersitz auf dem Boden hockten, zwischen ihnen ein Berg von Alienbändern, und ihre Ratespiele spielten. Blitz kicherte, hüpfte vor Freude auf und ab, wenn sie gewann, trommelte vor Wut mit den Fäusten auf den Boden, wenn sie verlor. Und bevor sie ihn verließ, sagte sie immer: »Keiner kriegt Blitz!«, manchmal stolz, manchmal trotzig. Am Morgen, wenn er erwachte, erinnerte sich Rainer so klar an seine Träume, als wäre er in der Zeit zurückgereist und hätte sein Leben ein zweites Mal gelebt. Und dabei erfüllte ihn eine schmerzhafte Sehnsucht, der überwältigende Wunsch, dass dem tatsächlich so war. Dass er
einfach an diesen Zeitpunkt seines Lebens zurückkehren und für immer dort bleiben konnte. Dann rollte er sich im Bett zusammen, zog die Decke über den Kopf und blieb liegen, bis Ekins Stimme ihm befahl, aufzustehen und an die Arbeit zu gehen.
    Blitz, wo bist du?, fragte er, als er sich aus der warmen Höhle seines Betts zwang.
    Sie gab keine Antwort.
    Rainer tat seine Arbeit, ging spazieren, beobachtete. In ihm reifte ein Entschluss heran. Er musste nur den richtigen Moment abwarten.
    Als Renoir eines Tages in sein Labor platzte, wusste Rainer, dass er gekommen war.
    »Komm«, sagte der alte Mann. Er war ohne seinen Stock unterwegs. Sein Gesicht war gerötet, aber nicht wie sonst vom Rotwein. »Du sollst beim großen Augenblick dabei sein. Er ist mit dein Verdienst.«
    Renoir führte ihn in den Leitstand von Reaktor IX, einen Bereich, der einem Wissenschaftler gewöhnlich verschlossen blieb. Leute wie er schufen die Grundlagen, die praktische Umsetzung blieb anderen überlassen.
    Beifall empfing ihn, als er den Raum betrat, der an eine steile Tribüne erinnerte. Techniker erhoben sich von ihren Plätzen, beklatschten ihn, den Mann, dessen geniale Einfälle ihnen den entscheidenden Schritt nach vorn ermöglicht hatten, und den alten Fuchs, der selbst in den schwärzesten Stunden des Projekts keine Sekunde ans Aufgeben gedacht hatte.
    Renoir ließ sie eine Zeit lang gewähren, dann bat er die Techniker zurück an ihre Plätze. Er wandte sich an Rainer. »Von hier oben kannst du alles verfolgen. Wir sehen uns hinterher.« Renoir stieg die Treppe hinunter. Er war der Dienst älteste des Projekts, seine Erfahrung war von unschätzbarem Wert.
    Ein Wächter brachte einen Klappstuhl für Rainer. Er setzte sich und sah auf die große Datenwand, die

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