Alien Earth - Phase 3
euch ein!« Die beiden Smartie-Gehilfen waren im Begriff, die Rolltrage wegzuschieben, auf der ihr Artgenosse mit dem zertrümmerten Brustkorb lag - zum Hinterausgang des Frachtdecks, dem »Friedhof«. »Nein, keine Stasis! Nicht diesen hier. Das ist eine Sache von einer Stunde. Ich operiere ihn!«
»Du musst dich ausruhen«, sagte der größere der beiden Smartie-Gehilfen. »Du bist seit …«
»Ich bin hier der Arzt! Ich weiß, was ich tue! Ich operiere.« Er wandte sich wieder an Melvin. »Du wolltest noch etwas sagen?«
Melvin schüttelte den Kopf. »Das hat Zeit bis später. Mach du zuerst deine Arbeit.« Er wusste, dass es in diesem Moment unmöglich war, zu Pinero durchzudringen. Der Arzt lebte für
die Smarties. Eine Atombombe? Tausende, vielleicht Zehntausende tote Menschen? Pinero würde es mit einem Achselzucken abtun und sich wieder daran machen, das Leben eines Smarties zu retten.
Der Arzt operierte zwei Stunden lang. Melvin sank auf eine der Rolltragen und sah Pinero zu. Die Trage war mit Blut verklebt und roch nach Fisch. Melvin war es egal. Die Smarties waren seine Kameraden, er war sowohl den Geruch ihres Schweißes wie ihres Bluts gewöhnt, und außerdem setzte der Entzug ein. Sein Puls raste in Schüben, als die letzten Reste des Neurobeschleunigers von seinem Körper verarbeitet wurden. Für endlos lange Momente erstarrte der verbissen vor sich hin schneidende, hämmernde und flickende Pinero, wurde zu einer toten Statue. Dann erwachte er wieder zum Leben, aber der Arzt bewegte sich langsam, brauchte scheinbar eine halbe Ewigkeit, um den Arm zu heben. Doch wenn Melvin den eigenen Arm hob, um seine Finger zu betrachten, die von unzähligen heißen Nadelstichen geplagt wurden, schien ihm die Bewegung noch viel träger.
Schließlich flauten die Nadelstiche zu einem Kitzeln ab. Melvins Wahrnehmung stabilisierte sich, die Abläufe rundum kehrten wieder zu ihrer gewohnten Geschwindigkeit zurück.
Und dann spürte er Pineros Hand auf der Schulter. Der Arzt beugte sich über ihn. »Zurück in der Schildkröten-Welt der gewöhnlichen Sterblichen?«, fragte er.
Melvin nickte. »Ich glaube, ja.«
»Freut mich.« Pinero reckte sich. »Dann lass uns …«
Ein Dröhnen verschluckte den Rest des Satzes, ließ den Rumpf erzittern: die aufheulenden Triebwerke eines landenden Luftfischs. Ein neuer Transport. Neue Aliens - und, wenn kein Wunder geschah, neue Arbeit für Pinero.
Der Arzt schloss die Augen, holte das Kreuz hervor, das er an der Brust trug, und sprach lautlos ein Gebet. Es wurde nicht erhört.
Schläge dröhnten durch den Rumpf des Wracks, als verletzte Smarties auf Rolltragen gewuchtet wurden. Viel zu
viele Schläge. Pinero ging den Verwundeten entgegen. Es waren Dutzende mit abgetrennten Gliedern, aufgerissenen Bäuchen. Sie lagen wie tot auf den Rolltragen, ihre Körper in der tiefen Bewusstlosigkeit des Post-Beschleunigungszustands.
Melvin sah, wie der Arzt bei dem Anblick in sich zusammensank. Es schien, als hielte ihn nur noch die steife, mit Blut verklebte Schürze aufrecht.
»Was ist los?«, herrschte er einen Smartie an, der einen verletzten Kameraden hereinschob. Der GenMod war mit einem Gemisch von Dreck und Blut verschmiert. »Was ist passiert?«
»Wir waren in Kuba. Guantanamo Bay, das Hauptlager. Es hieß, unter den Häftlingen gäbe es Seelenspringer.« Die Stimme des Smarties rasselte. Er musste mit letzter Anstrengung dem Drang zu schlafen widerstehen. »Aber es war eine Falle. Sie haben uns erwartet.«
»Wer? Homeworld Security?« Pinero rieb die blutverschmierten Hände aneinander, als wolle er das Ministerium zwischen den Fingern zerquetschen. Er war ein Zweifler, es gab nicht viele Gewissheiten in seinem Leben, doch an Homeworld Security zweifelte er nicht. Das Ministerium war und blieb das Böse an sich, der Satan, trotz der Gerüchte, die Seelenspringer und das Ministerium hätten sich gegen die Seelenbewahrer verbündet.
»Kaum. Es waren improvisierte Sprengsätze. Mit Nägeln und Schrauben gefüllt.«
Nägeln und Schrauben, die die Explosion in scharfkantige Splitter zerrissen hatte. Splitter, die mühelos durch die Speckhäute der Smarties geschnitten hatten.
»Verdammt, wieso habt ihr nicht besser aufgepasst?« Pinero brüllte. Sein Blick war unstet, wechselte hastig von einem geschundenen Smartie zum nächsten, ohne einen Punkt zu finden, an dem er verweilen konnte, ohne sich von dem Anblick losreißen zu können.
»Bitte, hilf ihnen!« Der Smartie
Weitere Kostenlose Bücher