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Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Titel: Alissa 1 - Die erste Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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war alles so trübselig, die Tiefländer eingeschlossen. Die Sonne hatte ihnen schon vor Generationen noch den letzten originellen Gedanken aus dem Hirn gebrannt. Außerdem war ihre skandalöse Mischung aus Hoch- und Tiefländer-Zügen sehr offensichtlich. Jedes Lager im Tiefland würde sie davonjagen, ebenso wie jedes anständige Dorf in den Hügeln, ihr eigenes eingeschlossen. Sie wurde höchstens am Markttag geduldet, wenn ihr gemischtes Blut nicht so auffiel.
    Alissa schob diese Sorgen beiseite, reckte sich, so dass ihr ganzer Rücken kribbelte, und machte sich daran, das Lager aufzuschlagen. Morgen würde sie früh aufbrechen. Wohin auch immer sie ging, sie musste vor Wintereinbruch die Berge überqueren.
    Doch es war schwierig, an einem so warmen Abend lange an Schnee zu denken, und als Alissa das Laub des vergangenen Jahres mit den Stiefeln aufwirbelte, um darunter Brennholz und vielleicht etwas Essbares zu finden, summte sie ein Lied über einen dummen jungen Burschen vor sich hin, der in zahllose Notlagen geriet. Sie errötete, als sie merkte, was sie da sang. Es war ein Tavernenlied. Sie war ihrer Mutter oft entwischt, wenn sie zusammen auf dem Markt waren, angelockt von der Aussicht auf Musik und Tanz, um sich in den Schatten zu verstecken und die Lieder und Schritte zu lernen, die ihre Mutter für unziemlich hielt. Alissa errötete erneut. Aber weil niemand hier war, der sie dafür tadeln könnte, schlug sie allen Anstand in den Wind und begann laut zu singen.
     
    »Taykell war ein guter Junge,
    m it einem Hut und einem Gaul.
    Sechs Brüder hatt’ er obendrein,
    d er Jüngste war er, und nicht faul.
    Sein Vater sprach: ›Es tut mir leid,
    i ch hab dir nichts zu geben.‹
    Nun ohne Namen, wollt’ er es wagen,
    d as blaue Meer zu sehen.«
     

    Kralle wirkte wenig beeindruckt. Sie schüttelte ihr Federkleid zurecht und putzte sich im rötlichen Abendlicht. Nun kam der Refrain dran, und Alissa grölte ihn so, wie es sich gehörte.
     

    »Oh, Väter, hofft auf Töchter,
    d ie kämen uns gelegen.
    Sie ziehen einmal zu ihrem Gemahl,
    f ür alle ein wahrer Segen.
     
    Denn die Acker eurer Väter
    t eilen sich all eure Söhne.
    Wenn das noch lang so weitergeht,
    b leibt nichts mehr für später!«
     

    Die winterlichen, vorwurfsvollen Stimmen einiger Wölfe sangen gegen Alissas an, eine Reihe tiefer, stöhnender Laute, die keinen Zweifel daran ließen, was sie von Alissas Gesang hielten. Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, sammelte aber weiter Holz, bis sie viel mehr beisammen hatte, als sie vermutlich brauchen würde. Wölfe, so fand sie, waren nichts, wovor man sich fürchten musste. Doch es konnte nie schaden, ein ordentliches Feuer zu machen, damit sie nicht vergaßen, respektvoll Abstand zu halten.
    Die Sonne war schon untergegangen, als sie schließlich an ihrem Feuer saß und den letzten Rest des »Was finde ich unter dem Laub, das ich noch essen könnte?« aus ihrer Schüssel kratzte. Sie stellte die leere Schüssel beiseite und kramte auf der Suche nach Nadel und Faden in ihrem Bündel herum. Einer ihrer Strümpfe hatte ein Loch, und obwohl sie das schon vor mehreren Waschtagen bemerkt hatte, musste sie zugeben, dass sie die »Hohe Schule der Häuslichkeit« noch nie sonderlich geschätzt, geschweige denn gemeistert hatte. Eines Tages würde sie in dieser Richtung etwas unternehmen müssen, dachte sie, während sie nach dem Nähzeug suchte. Sie runzelte die Stirn, als ihre Finger auf das stinkende kleine Säckchen stießen, das ihre Mutter ihr gegeben hatte. Gleich am ersten Tag ihrer Reise hatte sie es ganz unten in ihrem Bündel versteckt; da ihre Mutter ihr befohlen hatte, das Ding um den Hals zu tragen, war es Alissa wie eine gerechte kleine Strafe erschienen, ihr nicht zu gehorchen.
    »Mein Erbe«, brummte sie Kralle zu und hielt das Beutelchen mit spitzen Fingern hoch wie eine tote Ratte. »Wo hat Mutter nur etwas gefunden, das derart stinkt?«
    Kralle, die auf dem Stapel Feuerholz hockte, rückte ihre Federn zurecht, und es sah beinahe aus, als zucke sie mit den Schultern.
    Alissa zog die Schnur zu und wollte das Beutelchen wieder ganz unten in ihr Bündel stopfen, hielt dann aber inne. Stumm starrte sie das kleine Säckchen an, das ihre Finger anscheinend nicht wieder loslassen wollten. Es fühlte sich irgendwie nicht mehr richtig an, es dort drin zu verstauen. Die Hunde sollen sie holen, dachte sie. Was, wenn eine Naht riss? Sie würde stinken wie ein Karren voll vergammelter

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