Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Titel: Alissa 2 - Die geheime Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
Vom Netzwerk:
entgegnete Lodesh scharf. »Es ist geschehen. Denkt nicht mehr daran. Es war ein Wunder, dass Eure Täuschung überhaupt so lange erfolgreich war.« Leiser fügte er hinzu: »Seid froh, dass Ihr sie nicht aus Angst oder Feigheit verraten habt.« Einen Moment lang herrschte Stille, die vom Trillern eines Vogels unterbrochen wurde, der seine Angebetete von seinen Vorzügen zu überzeugen versuchte. »Jedenfalls«, sagte Lodesh, sobald das Ständchen beendet war, »hat Bailic ihr die Erste Wahrheit gegeben, und das Unvermeidliche geschah.«
    »Ich verstehe immer noch nicht«, flüsterte Strell.
    Der Tiefländer sah so verwirrt aus, dass Lodesh ein Lächeln nicht unterdrücken konnte. Lodesh wandte sich Talo-Toecan zu, stellte seinen Becher beiseite, legte die Hände still in den Schoß und fragte förmlich: »Darf ich ihm mitteilen, was geschehen ist?«
    Der Meister verzog das Gesicht. »Warum nicht? Ich erwarte nicht, dass wir noch lange genug leben werden, als dass er es später jemandem erzählen könnte.«
    Strell erbleichte. »Ich wusste nicht, dass das Buch so gefährlich ist.«
    »Ist es auch nicht«, entgegnete Lodesh trocken. »Er ist gern melodramatisch.« Talo-Toecans Augen wurden schmal, und Lodesh beugte sich zu Strell vor. »Könnt Ihr ein Geheimnis bewahren?«, flüsterte er, und Strell erstarrte überrascht.
    »Lodesh …«, sagte Talo-Toecan verärgert.
    »Nun also!«, rief Lodesh aus, die Augen in gespieltem Erstaunen weit aufgerissen. »Ich musste einen Bluteid schwören. Sollte er nicht unter irgendeiner Art von Schweigepflicht stehen?«
    Talo-Toecan beäugte Strell müde. »Wir haben nicht die notwendige Ausstattung für einen Bluteid. Und ich glaube, unser werter Pfeifer wird schon wissen, wann er den Mund zu halten hat.«
    »Tatsächlich?«, entgegnete Lodesh in gespielter Unschuld.
    »Ich werde ihn jagen und töten, wenn er irgendjemandem, der noch nicht davon weiß, ein Sterbenswörtchen verrät – sofern wir das hier überleben, versteht sich.«
    Strell schluckte schwer. »Ich verspreche es. Nun sagt schon.«
    Talo-Toecan warf Strell einen langen Seitenblick zu und warf seinen Stock in die Flammen. Er sah Alissa an, dann wieder Strell und wartete offenbar, bis er sicher war, die volle Aufmerksamkeit des jungen Mannes zu haben. »Nicht alle Rakus werden als solche geboren«, sagte er, und der Blick seiner goldenen Augen bohrte sich in die des Pfeifers. »Einige wenige, für gewöhnlich die Einfallsreichsten und Eigenwilligsten, kommen als Menschen zur Welt; ihre Flügel finden sie erst später.«
    Strells Gesicht erschlaffte, und er begann langsam zu blinzeln.
    »Ihr tut es schon wieder«, beklagte sich Lodesh und schlug sich verärgert aufs Knie. »Stets fangt Ihr am Ende an, nie am Anfang.«
    »Alissa ist keine Bewahrerin?«, flüsterte Strell.
    »Nein, jetzt nicht mehr«, antwortete Talo-Toecan. »Im Grunde war sie das nie.«
    Strell schluckte erneut und schien die Worte nur mühsam herauszubringen. »Sie ist ein … ein …«
    Lodesh sprang auf, denn nun konnte er sich nicht mehr beherrschen. »Ja, guter Mann!«, schrie er. »Sie ist eine Meisterin der Feste. Eine Himmelsträumerin!« Er warf sich in Pose und wies mit übertrieben höfischer Geste auf Alissas kleine, mit Schlamm verschmierte Gestalt. »Eine goldene Gefahr«, fuhr er fort, »die selbst den mutigsten Männern Furcht einflößt.« Er hielt inne. »Sie wird – ein Raku sein.«
    »Das war sie schon immer«, unterbrach Talo-Toecan und sah Lodesh kopfschüttelnd an. »Ein Meister zu sein ist kein Daseinszustand, sondern eher ein Geisteszustand, buchstäblich. Alissa wurde als Mensch geboren, mit dem neuronalen Netzwerk eines Rakus. Sie braucht nur einen Anstoß, um vollständig zum Raku zu werden.«
    »Äh … Wie denn?«
    Lodesh grinste den befremdeten Pfeifer an. »Es war Talo-Toecans Buch.« Dann wurde er ernst. »Seid Ihr sicher, Talo-Toecan? Soll er wirklich die ganze Wahrheit erfahren, nicht dieses Gewäsch, das Ihr Euren Schülern üblicherweise vorsetzt?«
    Talo-Toecan machte eine gedankenverlorene Geste und hielt den fernen Blick aufs Feuer gerichtet.
    »Also schön.« Lodesh schenkte sich Tee nach. Er warf einen Blick auf Alissa, befand, dass sie in diesem Zustand keine Resonanz bemerken würde, und riskierte einen Wärmebann. Dann trank er einen großen Schluck von dem dampfenden Tee, der nach Klee duftete. Übertrieben vorsichtig stellte er den Becher hin und räusperte sich. »Die Erste Wahrheit« , begann er,

Weitere Kostenlose Bücher