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Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Titel: Alissa 2 - Die geheime Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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greifen. Einen Moment lang hing sie fast in der Luft, nun wieder strahlend lebendig, zum Sprung gestreckt, mit ausgebreiteten Schwingen, den Blick auf die Sonne gerichtet, eine schimmernde Vision von Anmut und Schönheit, und dann brach sie mit einem seelenvollen Aufschrei zu einem Haufen gewaltiger Schwingen und goldener Haut zusammen.

 
    – 35 –
     

    L odesh beobachtete, wie Talo-Toecan sich in einem grauen Wirbel von einem erregten Raku in einen zornigen, müde aussehenden Mann verwandelte. »Bei den Wölfen meines Herrn!«, brüllte Talo-Toecan. »Was hast du dir dabei gedacht, Pfeifer!« Er ignorierte Alissas schlafende Gestalt, trat auf Strell zu und funkelte ihn an, als sei es reine Neugier, die ihn davon abhielt, den unglückseligen Tiefländer auf der Stelle in Stücke zu reißen.
    Lodesh war erleichtert, dennoch waren seine Gefühle zwiespältig. Der Pfeifer hatte es geschafft, und Alissa war in Sicherheit. Er hatte gewusst, dass Strell das beste Mittel sein würde, sie wieder zu menschlichem Bewusstsein zu bringen, dennoch brauchte ihm das Wie nicht zu gefallen. Lodesh gestattete sich einen schweren Seufzer und begrub dann seine Gefühle, so tief er konnte. Die Zeit arbeitete für ihn. Strells Leben würde nur wenige Jahrzehnte umspannen. Alissas Schicksal war es nun, zehnmal so lange zu leben. Dank seines Fluchs konnte Lodesh bei ihr bleiben, bis er seine Schuld getilgt hatte. Er brauchte nur zu warten, bis Strell nicht mehr war. Oder sie sich an ihn erinnerte.
    Doch das würde schwer sein. Um Alissa zu helfen, würde er Strells Position weiterhin stärken müssen. Zu wissen, dass Talo-Toecan dem Pfeifer nie gestatten würde, um sie zu werben, war ein geringer Trost. Außerdem, dachte er bedauernd und setzte eine freundliche Miene auf, mochte er den Tiefländer, der es fertigbrachte, unruhigen Falken ein Schlaflied vorzusingen.
    »Das war doch gar nicht so schwer, nicht wahr?«, rief er fröhlich und trat hinter Alissa hervor. Ihr Schwanz war in einer offensichtlich unnatürlichen Lage verkrümmt, und er blieb stehen, um ihn zurechtzulegen, wobei er mit dem Gewicht seine liebe Mühe hatte. Er würdigte das Ergebnis mit einem scharfen Nicken, trat vorsichtig über Holz- und Steinsplitter hinweg und gesellte sich zu Strell und Talo-Toecan.
    Strell war so verwirrt und durcheinander, dass er Talo-Toecans Wutausbruch kaum zu bemerken schien. »Ich habe sie gehört … in meinem Kopf«, murmelte Strell. »Sie … sie liebt mich.«
    »So ist es«, stimmte Lodesh mit bittersüßem Lächeln zu. »Ich habe sie auch gehört.« Er sah, dass eine ihrer Schwingen eingeklemmt war, und schob die schwere Masse aus Knochen, Haut und Muskeln vorsichtig herum, bis der Flügel ordentlich gefaltet an ihrer Seite lag.
    Der Meister stand stocksteif vor Strell, und seine Erschöpfung konnte seine rasende Wut kaum verbergen. »Warum«, schäumte er, »hast du es riskiert, die Bestie freizulassen, ehe Alissa sie besiegt hatte?«
    Lodesh konnte förmlich sehen, wie Strell sein Erstaunen abschüttelte und über Talo-Toecans Zorn erschrak. Dann straffte Strell die Schultern und umklammerte seine Euthymienholz-Flöte, als könnte sie ihm Kraft verleihen. »Sie wäre gestorben«, rief er. »Wie oft muss ich den gleichen Fehler denn noch wiederholen?«
    »Was für ein Fehler soll das sein, Pfeifer?«, spie Talo-Toecan aus.
    Strell sank in sich zusammen und starrte auf seine Füße. »Alissa lässt sich kaum je zu irgendetwas zwingen«, erklärte er. »Sogar, wenn es etwas ist, das sie selbst auch will.« Mit der Stiefelspitze schob er einen Steinsplitter durch den Matsch. »Wenn man ihr nicht die Wahl lässt, wird sie sich immer widersetzen und genau das Gegenteil von dem tun, was man von ihr will.«
    Lodesh zuckte mit den Schultern. Solange Alissa nur heil und gesund war, würde er sich damit zufriedengeben. Er schnalzte mit der Zunge, musterte den reglosen Raku und begann, sie in eine bequemere Position zu schieben.
    Talo-Toecan zeigte mit steifem Zeigefinger auf Strell. »Wir sprechen hier über den Unterschied zwischen Wahnsinn und einem gesunden Verstand«, fauchte er, »und nicht darüber, ob es heute Kekse zum Tee geben sollte oder nicht. In dieser Angelegenheit gab es überhaupt keine Wahl zu treffen.«
    »In ihren Gedanken schon.« Strell errötete. »Ich habe es gesehen, als sie flog.« Er warf ihr einen nervösen Blick zu. »Sie war stark, wild, gefährlich und frei. Sie mag eine Bestie gewesen sein, aber wahnsinnig war

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