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Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Titel: Alissa 2 - Die geheime Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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Pflasterstein, welcher der Stadt als Schwelle diente. Zuerst scharrte er mit dem Fuß darüber, dann kniete er sich hin, um den Schnee mit der eingewickelten Hand von dem Stein zu wischen. Alissas Augenbrauen hoben sich, als sie ein Wort erkannte. Es war in der Schrift eingeritzt, die ihr Papa sie gelehrt hatte, und sie bückte sich, um Strell zu helfen.
    »Wir dienen der Seele des Berges?«, las sie, als sie fertig waren, und das gefiel ihr ganz und gar nicht.
    »Kommt weiter«, rief Bailic, und sie riss erschrocken den Kopf hoch. Er hatte die Stadt bereits betreten, und seine schwarze Silhouette hob sich scharf vom Schnee ab. Die Hände in die Hüften gestemmt, wartete er auf der Straße auf sie. »Wir gehen in die Stadt hinein.«
    Kralle flatterte hoch und ließ sich auf einem der Dächer nieder; ihre aufgeregten Rufe hallten schrill durch die Straßen. Alissa sprang halb über den beschrifteten Stein hinweg, weil sie aus irgendeinem seltsamen Grund nicht auf die Worte treten wollte. Strell packte sie am Ellbogen, als sie ausrutschte, und gemeinsam beeilten sie sich, Bailic einzuholen.
    Durch eine Laune des Windes war die Straße beinahe frei von Schnee. Noch erstaunlicher war die Tatsache, dass sie gepflastert war. Alissa hatte noch nie einen solchen Luxus gesehen. Die steinernen Gebäude ragten zu beiden Seiten direkt am Rand des Gehsteigs auf, einige zwei Stockwerke hoch. Es sah so aus, als wären Türen und Fensterläden absichtlich überall entfernt worden, so dass nur schwarze, klaffende Löcher geblieben waren. Kleine Schneefähnchen tanzten hier und da auf den kahlen Fensterbrettern, als winkten die Seelen, die angeblich noch die Stadt bewohnten. Erschrocken sah sie zu, wie Strell in ein Haus hineinspähte. »Leer«, erklärte er, offensichtlich enttäuscht.
    »Es ist nichts mehr da«, rief Bailic über die Schulter zurück. Er blieb stehen und wandte sich um, offenkundig verärgert über ihr Schneckentempo. »Als Jungen haben ich und Mes-« Er unterbrach sich. »Ich habe einen Groß teil der Stadt erkundet, als Mutprobe.« Er biss die Zähne zusammen und marschierte weiter.
    Zusammen mit ihrem Papa, fügte Alissa stumm hinzu und blickte zu den schwarzen Dächern auf. Sie betrachtete die leeren, trübseligen Tür- und Fensterhöhlen und erschauderte, als sie plötzlich das Gefühl bekam, über ihr eigenes Grab zu laufen. »Strell«, rief sie, als er quer vor ihr vorbeiging, um in ein Haus auf der anderen Straßenseite zu schauen. »Nicht.« Diese Stadt machte sie nervös, und sie konnte nicht einmal sagen, warum.
    »Ach, nun stell dich nicht so an, Alissa«, sagte er, als er zu ihr zurückkam. »Es ist niemand mehr da, der etwas dagegen haben könnte.«
    Bailic drehte sich um, steif vor Ungeduld. »Oh doch, allerdings. Und ihr bleibt dicht bei mir.« Er wartete neben schneebedeckten Büschen auf sie. Das waren die ersten Pflanzen, die sie hier in der Stadt sahen, und das sonst wohl grüne Fleckchen war beinahe so breit wie zwei Häuser. Verholzte Ranken, so dick wie ihr Arm, waren in einen langsamen, unerbittlichen Krieg mit etwas verstrickt, das nach Obst- oder Nussbäumen aussah; die Ranken erdrückten sie schier mit ihrer vielfach gewundenen Masse. Anscheinend war dieses unordentliche Gestrüpp einst eine Obstplantage oder ein öffentlicher Garten gewesen.
    Bailic spähte in den Himmel, als sie ihn einholten, um dann stirnrunzelnd weiterzugehen. Alissa ertappte sich dabei, dass sie trödelte. Ihre Begeisterung war verflogen, und es widerstrebte ihr, sich tiefer zwischen die steinernen Gebäude zu begeben. Der Schnee sorgte für eine unheimliche Stille. Sogar die Vögel, die sie überall erwartet hätte, fehlten. Die freien Stellen zwischen den Gebäuden wurden häufiger, während sie weitergingen, bis die Häuser schließlich einem gewaltigen freien Feld wichen. Gemeinsam blieben die drei stehen und bewunderten diesen Anblick.
    Die Stadt umschloss eine Wiese, die so groß war, dass die Häuser auf der anderen Seite klein und grau in die Ferne rückten. Etwa in der Mitte störte ein Hain aus winterlich schwarzen Bäumen die ansonsten ungebrochene weiße Fläche. Es war vollkommen still, nur der Wind auf dem Schnee murmelte ihnen etwas über seine zahllosen einsamen Winter vor. Beim Anblick dieses Feldes erschauerte Alissa, ohne zu wissen, warum.
    Bailic stapfte begierig voran und schuf einen Pfad im tiefen Schnee. »Rasch«, rief er über die Schulter zurück. »Wir sind fast da.«
    »Ich will nicht

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