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Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Titel: Alissa 2 - Die geheime Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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Schnee und Eiszapfen zu Boden gefallen war. Die Wärme von gerade eben war fort. Sie spürte, wie sie blass wurde, als der Westwind zwischen die Zweige schlüpfte und an ihr zu zerren schien. Still und erschüttert blieb sie stehen, als der Wind erstarb und die Stille wieder vollkommen wurde. Was bei den Wölfen ging hier vor sich?
    Magie? ,flüsterte ein Gedanke in ihr, und sie stieß ihn beiseite. Doch wie sonst sollte sie die Blüte erklären, und den Mann, der sie ihr gegeben hatte? Er entstammte nicht nur ihrer Einbildung. Asche, dachte Alissa. Er hatte sich angefühlt wie eine Erinnerung. Ihre Erinnerung. Ihre Sehnsucht. Ihr Verlust. Doch sich an etwas zu erinnern, das man gar nicht erlebt hatte, war unmöglich. Alissas Blick fiel auf die weiße Blüte in ihrer Hand. Genauso unmöglich wie eine Blüte, die von winterlich schlafenden Zweigen fiel.
    Sie schob die Blüte in ihren Mantel, und der Himmel verdunkelte sich, als die Sonne hinter einer aufquellenden Wolkenbank verschwand. Erschrocken sah sie nach Strell. Er starrte sie aus der Ferne an, die Augen vor Grauen weit aufgerissen. Alissas Verwirrung wich nackter Panik, als Bailic Strell das Buch aus der Hand riss und ihm einen Stoß versetzte. Ungewöhnlich fügsam ließ sich Strell die Grobheit gefallen und trottete Bailic hinterher, ein Bild der Ergebenheit und Frustration.
    Alissa hielt den Atem an, als Bailic an ihr vorbeistapfte. »Nach Hause«, bellte er, ohne den Schritt zu verlangsamen.
    Sie schloss sich Strell an. »Was ist geschehen?«, fragte sie in gedämpftem Flüsterton.
    »Hast du sie denn nicht gesehen?«, fragte Strell mit aschfahlem Gesicht. Alissa hatte ihn noch nie so furchtsam erlebt und bekam es nun wahrhaft mit der Angst zu tun.
    »Wen denn?«
    »Er hat es geschafft. Der Navigator steh uns bei, Alissa. Er hat die Stadt erweckt.«
    Entsetzt und verwirrt blieb Alissa stehen. »Aber er –«
    »Er weiß es nicht«, flüsterte Strell und zog sie weiter. »Er hat sie nicht gesehen.«
    Alissa warf einen Blick zu Bailic. »Wen denn?«
    Strell schüttelte den Kopf. »Die Stadt«, sagte er heiser und zog sie an sich, um ihr ins Ohr zu flüstern. »Sie war voller Leben. Ich habe es gesehen, als ich dein Buch in Händen hielt. Irgendwie hat er sie geweckt. Er wird es wirklich tun. Er wird das Hochland und das Tiefland zerstören, ob er das Buch nun öffnen kann oder nicht.«
    Ihr Herz machte einen ängstlichen Satz. »Wovon sprichst du? Ich habe gar nichts gesehen.«
    »Geister!«, zischte Strell. »Ich erkenne einen Geist, wenn ich einen sehe, und der ganze Hain war voll davon. Sie haben getanzt, gespielt, Geschichten erzählt. Asche, Alissa. Bitte sag mir, dass du wenigstens die Trommeln gehört hast. Ich will nicht der Einzige sein, der sie gesehen hat.«
    Alissa schüttelte den Kopf, und ein ängstlicher Schauer überlief sie. Sie starrte auf Bailics steifen Rücken vor ihnen. »So etwas wie Geister gibt es gar nicht«, sagte sie und stolperte, als sie und Strell aus dem Tritt gerieten. »Und Nutzlos hat gesagt, Bailic könne das Buch nicht öffnen; nur ich könnte das.«
    »Asche, Alissa«, brummte Strell und ließ sie los. »Talo-Toecan hat nie gesagt, dass Bailic die Stadt nicht trotzdem erwecken könnte. Ich sage dir, sie ist wach. Und wenn Bailic das herausfindet, sind wir beide tot.«
    Alissa sagte nichts und versuchte zu begreifen, was Strell ihr da erzählte und was das für sie bedeutete. Sie spürte, wie ihre Wangen, ohnehin schon steif vor Kälte, noch kälter wurden. Bailic konnte die Stadt nicht erweckt haben. Das hätte er doch gemerkt. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, setzte sie wie betäubt einen Fuß vor den anderen und fragte sich, wie viel schlimmer es noch werden konnte.

 
    – 9 –
     

    B ailic hat was?«, fragte Nutzlos sichtlich schockiert.
    Alissa rieb sich mit der Hand die Nasenspitze. Die Sonne würde bald aufgehen, und die Kälte war schneidend – da half auch das kleine Feuer in der Feuerstelle kaum. Kralle kuschelte sich dicht an ihren Hals. Die glatten Federn, die sich an ihre Haut drückten, schienen sie umso mehr frieren zu lassen. »Er hat Strells halben Finger abgehackt. Mit einem Bann. Um ihn zu bestrafen.«
    »Hast du ihn gesehen?«, fragte Nutzlos mit zusammengekniffenen Augenbrauen. »Den Bann, meine ich?«
    »Den Bann!«, rief sie entsetzt. »Bailic hat seine Hand verstümmelt, und Ihr sorgt Euch darum, dass ich dabei hätte aufschnappen können, wie er es gemacht hat? Nein. Ich habe es nicht

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