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Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Titel: Alissa 2 - Die geheime Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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verzweifelten, verfluchten, jämmerlichen, von Schuld zerfressenen Seelen? Ich werde sie ins Hochland und ins Tiefland schicken, immer nur eine, zwei oder drei auf einmal, bis die Stadt geleert ist. Sie werden den Lebenden ihre Verzweiflung und ihr Elend einflößen. Als sei die Seuche des Wahnsinns zurückgekehrt, so werden alle sich gegenseitig die Schuld geben und in den Krieg ziehen. Meine Seelen werden die Lebenden in den Wahnsinn treiben. So ist das eben, wenn man die Gedanken der Herrin des Todes in seinem eigenen Geist spürt.«
    Offenbar befriedigt, richtete Bailic sich auf und atmete tief durch. »Also, Pfeifer«, sagte er kurz angebunden. »Ich bin noch nicht sonderlich gut in diesen Dingen. Zu viel, und ich lasse deine ganze Hand in Flammen aufgehen, zu wenig, und du hast hinterher einen Stumpf an der Hand, der erst nach Wochen abfault. Verwesungsgestank mag ich nicht, also halt still, damit es mir gelingt.«
    Der Navigator steh mir bei, dachte Alissa. Bailic macht Witze. Das muss ein schlechter Scherz sein. Er wird das nicht tun. Er will Strell nur Angst einjagen, damit er ihm gehorcht. Das ist alles. Strell braucht alle seine Finger, um Flöte spielen zu können. Seine Hände sind sein Lebensunterhalt. Bailic weiß das.
    Ein weiterer verzweifelter, stöhnender Laut von Strell war zu hören, und Alissa versuchte, einen Fuß zu bewegen, oder sonst irgendetwas, doch sie wusste nicht, wie sie den Bann brechen konnte. Strells Gesicht glänzte vor Schweiß, und er war kalkweiß geworden. Das ist genug, dachte sie. Bailic sollte aufhören. Jetzt aufhören.
    Bailic kniete sich vor Strell hin, so dass sich der schmale Tisch zwischen ihnen befand, hob Strells Hand in die Luft und ließ sie dort hängen. »Tiefland und Hochland müssen leiden«, erklärte er im Plauderton, während er Strells Finger so arrangierte, dass er in seiner Reglosigkeit nicht anders konnte, als sie anzusehen. »Wie ich gelitten habe. Sie haben mich behandelt, als wäre ich ein Nichts. Sie haben mich davongejagt. Sie haben mir gezeigt, was ich nie haben würde, und mich ausgelacht. Nachdem Ese’ Nawoer über sie hereingebrochen ist, wird das, was von ihnen übrig ist, mich auf Knien um Rettung anflehen. Ich erwarte nicht, dass noch viele von ihnen da sein werden, aber ich brauche ja auch nur wenige.«
    Ohne Vorwarnung ertönte ein leises »Puff«, und in Alissas Geist blitzte es auf.
    Strell gab einen erstickten Schrei von sich, und Alissa starrte ihn entsetzt an. Das oberste Glied von Strells kleinem Finger war weg, als hätte es nie existiert. Der Gestank von verbranntem Haar trieb zu ihr herüber. Sie spürte einen starken Zug an ihrem Bewusstsein, und sie war frei. Strell erschauerte. Ein Schmerzensschrei entrang sich seiner Kehle, als Bailic den Bann aufhob. Strell krümmte sich, drückte die rechte Hand an seine Brust und rang zitternd nach Luft. »Geht weg!«, schrie sie und rannte zu Strell. »Geht einfach weg!« Entsetzt wickelte sie ihren halb fertig genähten Kragen um seine Hand, wobei sie sich schützend zwischen die beiden Männer stellte. Es war kein Blut zu sehen, doch sie musste die Hand bedecken, sie verbergen. Damit es wegging, damit es war, als sei das nie geschehen.
    Bailic blinzelte, offensichtlich überrascht. Es war beinahe, als hätte er vor lauter Begeisterung für seine Gräueltat vergessen, dass sie da war. »Er wird nicht an einer Entzündung sterben, meine Liebe. Die Wunde ist kauterisiert. Ich finde, das ist mir recht gut gelungen – wenn man bedenkt, dass ich so lange aus der Übung bin.« Er erhob sich, zog das Buch vom Tisch und schloss es wieder in die Arme. »Du hast zwei beinahe vollständige Hände«, sagte er zu Strell. »Um ein Buch aufzuschlagen, brauchst du nur eine. Bitte. Sprich deine Ansichten auch weiterhin ganz offen aus, wann immer dir danach ist.«
    Alissa teilte ihre hektische Aufmerksamkeit zwischen Bailic und Strell. Seine Hand, dachte sie. Bailic hatte etwas Schlimmeres getan, als Strell zu töten. Er hatte Strell seine Musik genommen, seinen Beruf, nun, da er kein Töpfer mehr war. Ihre Entschlossenheit wuchs, genährt von einem neuen Hass. Sie richtete sich auf. »Die Wölfe des Navigators werden Euch hetzen, Bailic«, sagte sie leise, und die Heftigkeit in ihrer eigenen Stimme erschreckte sie.
    »Ich bin schon von Bewahrern und Meistern verflucht worden, Mädchen. Deine Worte bedeuten gar nichts.« Bailic war die tiefe Befriedigung in jeder Bewegung anzusehen, als er zur Tür

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