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Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Titel: Alissa 2 - Die geheime Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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dorthin«, sagte Alissa leise und blieb am Rand der Wiese stehen.
    Strell nahm ihren Ellbogen, und sie fuhr zusammen. »Es passiert schon nichts, Alissa«, redete er ihr zu. »Talo-Toecan hat gesagt, dass Bailic das Buch nicht öffnen kann, und ich kann es auch nicht.«
    »Das ist es nicht«, sagte sie verwirrt und reihte sich widerstrebend hinter ihm ein. Sie bekam ein sehr merkwürdiges Gefühl, das sich auch nicht mehr abschütteln ließ. Mit einem raschen Blick zurück auf die leeren Häuser beeilte sich Alissa, zu ihm aufzuschließen.
    Sie brauchten länger, als sie erwartet hatte, um den Hain zu erreichen; die Bäume waren in Wirklichkeit doppelt so hoch, wie sie aus der Ferne vermutet hatte. Bailic stapfte hartnäckig vor ihnen her durch den Schnee und kam schneller voran, als die Schneedecke im ungewissen Schatten der Bäume dünner wurde. Alissa blickte erstaunt zu der Kuppel auf, die die blattlosen Zweige bildeten. Sie hätte nicht sagen können, was das für Bäume waren, aber sie waren alt, groß und Ehrfurcht gebietend. Drei waren umgestürzt und störten die ehemals makellose Symmetrie; ihre Stämme waren dicker, als Alissa groß war. Die kahlen Äste der überlebenden Bäume bildeten ein schwarzes Geflecht, das sich fast bis zum Boden erstreckte und die tief stehende Wintersonne kaum abschirmte. Schnee und Eis hoben die waagrechten Äste hervor. Alissa konnte sich vorstellen, dass ihr riesiger Schatten im Sommer den gesamten Hain umschloss. Ihre Anspannung ließ nach, zum ersten Mal, seit sie das Stadttor passiert hatten, denn hier wurden die Erinnerungen kalten Steins durch das Versprechen neuen Lebens verdrängt.
    »Du bleibst hier«, befahl ihr Bailic scharf, und sie erstarrte, als er sich so plötzlich wieder in ihr Bewusstsein drängte. »Wenn du dich von den Bäumen wegrührst, bist du Asche. Wenn du mich störst, bist du Asche. Und wenn Talo-Toecan hier erscheint, bist du ebenfalls Asche. Verstanden?« Seine Augen waren weit aufgerissen und glänzten fiebrig. Sie nickte langsam. Er wirkte so angespannt und aufgeregt, dass sie ihm keinerlei Anlass bieten würde, seine Drohung wahrzumachen.
    »Du.« Mit zitternder Hand deutete er auf Strell. »Du kommst mit mir.«
    Alissa und Strell wechselten einen kläglichen Blick.
    »Los!«, schrie Bailic und gestikulierte wild. »Da hinüber, in die Mitte des Hains. Das ist das Herz der Stadt, wenn man den Geschichten glauben darf.«
    Strell legte ihr eine in Stoff gewickelte Hand auf die Schulter. »Ich bin gleich wieder da. Alles wird gut.«
    »Darauf würde ich mich nicht verlassen«, sagte Bailic und bedeutete Strell ungeduldig, voranzugehen.
    Alissa rang sich ein Lächeln ab, als Strell kurz ihre Schulter drückte. Sie fragte sich, ob ein enttäuschter Bailic womöglich schlimmer sein würde als ein vom Erfolg berauschter Bailic. So oder so würde der Rückweg nach Hause scheußlich werden. Doch was, wenn es ihm tatsächlich gelang, die Stadt zu erwecken?
    Die beiden Männer gingen von ihr weg, der eine groß und hektisch vor Erwartung, der andere groß und schleppend vor Erschöpfung. Sie wollte zwar nicht unbedingt mit ansehen, was Bailic vorhatte, doch sie wollte auch nicht allein unter diesen Bäumen zurückbleiben. Das Gefühl einer anderen Präsenz – nicht, dass sie beobachtet wurde, sondern dass irgendetwas unmittelbar bevorstand – legte sich schwer auf sie, machte sie nervös und drängte sie, von hier zu verschwinden.
    Alissa trampelte ein Stückchen Schnee flach und setzte sich, den Rücken an einen der umgestürzten Bäume gelehnt. Im Hain herrschte eine gedämpfte Stille, die ihr den Eindruck vermittelte, sie befinde sich in einem riesigen, offenen Saal: Der Boden war der glatte Schnee, die Decke bildeten die ineinander verflochtenen Zweige hoch über ihrem Kopf, und die Wände waren die Äste, die sich fast bis auf den Boden neigten. So unruhig sie auch geworden war – der Hain war weniger nervenaufreibend als die leeren Straßen der Stadt. Die Einsamkeit hier war die natürliche Stille des Schlafes, nicht des Todes oder Verlassenseins.
    Nun, da sie sich nicht mehr bewegte, wurde die Kälte schneidend, und Alissa kuschelte sich tiefer in ihren Mantel, um ein wenig Wärme zu finden. Obgleich die starren, kahlen Äste tot wirkten, spürte sie das Leben unter der glatten Rinde und wusste, dass mit dem Frühling Blüten und zarte neue Blätter erscheinen würden. Sie konnte beinahe vor sich sehen, wie es hier gewesen sein musste, als die

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