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Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Titel: Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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aussucht.«
    Plötzlich schüchtern, senkte Alissa den Blick auf das Moos, das hier im Schatten der Bäume noch feucht war.
    Lodesh räusperte sich und nahm ihre Hände. »Vater«, sagte er förmlich, »dies ist Alissa Meson, Bewahrerin der Feste unter Redal-Stan.« Alissas Hände wurden in die des gedrungenen Mannes gelegt, und sie blickte auf, erstaunt über die schwielige, raue Haut.
    »Die alte Bestie hat also noch eine Schülerin angenommen, ja?«, fragte der Mann verwundert, und sein scharfer, prüfender Blick schien sie vollkommen zu durchdringen.
    »Nun ja«, wiegelte Alissa ab, »er war der einzige Lehrmeister vor Ort, als ich ankam.«
    »Ha!«, rief der Mann. »Redal-Stan würde sich nicht mehr die Mühe machen, wenn er nicht etwas in Euch sähe.« Der bescheidene Mann begutachtete ihre Fingerspitzen und lächelte über irgendetwas, das er dort sah.
    Lodesh trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. »Darf ich ausreden?«, fragte er und wandte sich dann ihr zu. »Alissa, ich möchte Euch den Mann vorstellen, dessen Beruf ich für den zweitwichtigsten in dieser Stadt halte. Er ist der Wärter des Euthymienhains, und ich hatte das Glück, von klein auf von ihm erzogen zu werden: Hainwärter Reeve.«
    Als Reeve zur Begrüßung den Kopf neigte, entzog Alissa ihm verwirrt ihre Finger. »Aber ich dachte, Euer Vater sei …«
    Reeve lachte leise und trat zurück. »Nun ja, gezeugt habe ich ihn nicht, das ist wahr, aber Jenna und ich haben ihn großgezogen. Er ist unser einziges Kind.«
    »Ihr wurdet ausgesetzt!«, platzte Alissa heraus und errötete dann.
    Lodesh lachte, und der Laut trieb durch die Bäume empor und schien genauso zu ihnen zu gehören wie das Moos unter Alissas Füßen. »Nein«, sagte er. »Sie wurden gezwungen, mich bei sich aufzunehmen.«
    »Hört nicht auf ihn«, knurrte Reeve. »Wir hätten es niemals anders haben wollen.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Alissa.
    Reeve nahm ihren einen Arm, Lodesh den anderen, und sie führten sie zu einer Bank. »Nun, das war so«, erklärte Reeve, »eines Abends, so um diese Jahreszeit, hörten Jenna und ich ein Kind weinen. Hier wohnt ja niemand außer uns, also haben wir nachgesehen und Lodesh am Fuß von« – Reeve blickte sich um – »diesem Baum da gefunden.«
    Lodesh machte sie unauffällig auf sich aufmerksam und deutete verstohlen auf einen anderen Baum.
    »Damals war er ein kleines Würmchen, nicht so ein Riese, wie er heute ist«, fuhr Reeve fort. »Kaum sechs Jahre alt, und er hat geschluchzt, als liege ihm der Kummer eines ganzen Lebens auf der Seele. Jenna hat dem armen Bengel zu essen gegeben und ihn in den Schlaf gewiegt, es war ja schon spät. Er hat kein Wort gesprochen, also habe ich ihn am Morgen zum Anwesen des Vogts gebracht, denn da würde ich hingehen, wenn mein Kind verschwunden wäre. Ihr ahnt ja nicht, wie überrascht ich war, als sich herausstellte, dass die kleine Rotznase der Neffe des Stadtvogts war.«
    Lodesh rieb sich den Nacken und wirkte entsetzlich verlegen.
    »Die Tränen«, sagte Reeve und drückte sie sacht auf die Bank nieder, »vergoss er um seine Mutter, die kurz zuvor im Kindbett gestorben war.« Er hielt inne, als Lodesh sich ans andere Ende der Bank setzte und starr geradeaus blickte.
    »Tränen haben wir danach keine mehr gesehen«, sagte Reeve. »Aber er kam immer wieder. Meistens fanden wir ihn am Fuß einer Euthymie, nass von Tau und bibbernd. Seine Vormittage bei uns wurden länger und die Trennung am Tor zur Zitadelle immer schwerer, bis entschieden wurde, dass er bei Jenna und mir bleiben sollte – vorausgesetzt, dass ich ihm etwas beibringen würde.«
    Reeve stützte zwischen ihr und Lodesh einen Fuß auf die Bank. »Übrigens, mein Sohn«, sagte er. »Wer hat deiner Meinung nach den wichtigsten Beruf in der Stadt?«
    Lodesh lächelte. »Der Müllmann, Vater. Der Müllmann.«
    »Selbstverständlich.« Das klang trocken und säuerlich, und Alissa spürte, wie der letzte Rest der feierlichen Stimmung verflog. Dann sah Reeve sie fragend an. »Aber ich dachte, jedermann kennt Lodeshs Geschichte …«
    »Sie kommt nicht aus Ese’ Nawoer«, warf Lodesh ein, ehe Alissa den Mund aufmachen konnte. »Alissa stammt aus dem Vorgebirge.«
    »Tatsächlich?« Reeve musterte sie mit zusammengekniffenen Augen. »Ihr seid recht groß für eine Hochländerin, und dunkel. Und Euer Akzent klingt eindeutig nach Ese’ Nawoer.«
    »Mein Vater kam aus dem Hochland«, sagte sie und spürte instinktiv, dass sie von

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