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Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Titel: Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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Blick tastete sie von Kopf bis Fuß ab, und sie errötete. Der leicht belustigte Ausdruck in seinen Augen ließ Alissa ahnen, dass er ihren Plan von Anfang an durchschaut hatte; als wollte er sie und Strell in dem Glauben lassen, mit etwas davongekommen zu sein, aber ihnen nicht so viel Zeit allein gönnen, dass sie sich ernsthaft in Schwierigkeiten bringen konnten. Es fiel ihr schwer, immer daran zu denken, dass dieser Mann auf die Erfahrung so vieler Jahre zurückgreifen konnte, weil er aussah – Alissa blickte hastig zu ihm auf und schaute gleich wieder weg – wie der junge, stattliche, unbekümmerte Sohn eines Edelmanns.
    »Mir fehlt nichts«, wiederholte sie und ging ein wenig in die Knie, damit der Rock ihre Füße verbarg. Ihr Rücken zwickte schmerzhaft, und sie zwang sich, nicht mit der Wimper zu zucken, damit er ihr nichts ansah. »Aber ich muss erst meine Schuhe holen – wieder einmal.«
    Lodeshs Miene hellte sich auf. »Ich mache dir ein Paar«, erklärte er fröhlich.
    Alissa und Strell wechselten einen verwunderten Blick. Das hatte Lodesh bisher nie angeboten. Sie hatte gar nicht gewusst, dass er aus seinen Gedanken Schuhe erschaffen konnte. »Aber es dauert Jahre, bis ein Bewahrer lernt, etwas herzustellen«, sagte Alissa. »Ich wusste gar nicht, dass du so fleißig geübt hast.«
    Lodesh legte schlau einen Finger an die Nase. Seine Augen blitzten schelmisch. »Jahre hatte ich doch wohl genug, nicht wahr? Und du bist nicht die Einzige, die kleine, zierliche Füße hat, Alissa.«
    Sie holte Luft, um etwas zu sagen, und machte verlegen den Mund wieder zu. Es war sehr eitel gewesen, anzunehmen, er hätte einzig und allein für sie eine neue Form in seinen Gedanken fixiert. Sie spürte ein Zupfen an ihrem Geist, als Lodesh seinen Bann wirkte. Die Neugier trieb sie dazu, ihre Aufmerksamkeit nach innen zu lenken, um das Muster der Pfade zu sehen, die er dazu benutzte. Wenn sie nahe genug dran war, entstand beim Aufbau eines Banns eine Resonanz auf ihren eigenen Pfaden, die die schlafenden Kanäle sacht glühen ließ. So lernten die Schüler neue Banne.
    Zwei weiche graue Pantoffeln erschienen aus dem Nichts in Lodeshs Händen. Alissa nahm sie dankbar an. Beide Männer wandten sich ab. Strells Rücken wirkte sehr steif. Sie hätte gern geglaubt, dass er sie nur ungestört die Schuhe anziehen lassen wollte, doch sie wusste, wie sehr er es verabscheute, wenn Lodesh seine Bewahrer-Fähigkeiten gebrauchte. Alissa schob die Füße in die grauen Pantoffeln und schüttelte ihren Rock aus, damit er sie wieder bedeckte. »Danke, Lodesh«, sagte sie leise. Es gefiel ihr gar nicht, welche Gefühle er damit bei Strell ausgelöst hatte.
    Strell konnte seine Frustration nicht ganz verbergen. Lodesh bot ihr den Arm, um sie zurück zur Feste zu geleiten, und Alissa lehnte kläglich ab. Lodesh ließ sich nicht abschrecken und schenkte ihr ein gutmütiges Lächeln. »Lass mich dich zur Feste zurückbringen, Alissa. Wenn ich mich nicht irre, hast du heute Abend Unterricht im Garten. Du kommst zu spät.«
    Alissas Augen weiteten sich, und ihr Blick schoss zum Turm der Feste, der über den Kiefern aufragte. »Asche«, rief sie leise, und ihr Körper spannte sich erschrocken an. »Ist es schon nach sechs? Letzte Woche stand die Sonne um sechs Uhr nicht viel höher«, beklagte sie sich. »Wie soll ich denn pünktlich sein, wenn sich der Sonnenstand so schnell verändert!« Dann steigerte ein weiterer Gedanke ihre leichte Sorge zu echtem Schrecken. Sie blickte über die Schulter auf die Lichtung zurück. »Du denkst doch nicht etwa, dass Nutzlos das gesehen hat, oder?«
    Lodesh schüttelte mit spitzbübischem Grinsen den Kopf. »Wenn er es gesehen hätte, hättest du das inzwischen gemerkt.«
    Beruhigt ging sie einen Schritt auf die Feste zu, zögerte dann aber. Sie wollte ihre alten Schuhe nicht vor der Gartenmauer liegen lassen, nur weil sie nun neue hatte.
    »Ich hole deine Schuhe«, erbot sich Strell, der anscheinend wusste, woran sie dachte. »Geh du schon mit Lodesh hinein.«
    Alissa schlug die Augen nieder. Unbehagliches Schweigen senkte sich herab. Strell war ganz in Gedanken versunken und winkte ihr nur kurz zu, bevor er in eine Richtung davonstapfte, die mit der Gartenmauer nichts zu tun hatte. Sie gestattete sich ein leises Seufzen, wandte sich Lodesh zu und nahm den dargebotenen Arm. Schweigend gingen sie zur Feste. Kralle hörte endlich auf zu schimpfen.
    Es war offensichtlich, dass Strell sie liebte. Lodesh hatte

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