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Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Titel: Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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konnte.
    Alissa hatte das schon einmal gesehen, hatte es selbst erfahren und nur dank der Kraft von Strells Mitgefühl und ihrem eigenen starken Willen überlebt. Ihr wurde kalt, als sie sich an den vergangenen Winter erinnerte. Sie hatte sich die Pfade so schrecklich verbrannt, dass ihr nichts übrigblieb, als sich in eine tiefe Bewusstlosigkeit zurückzuziehen, um dem Schmerz zu entkommen. Verloren im Nebel der Herrin des Todes hatte sie jeglichen Wunsch aufgegeben, in eine Welt zurückzukehren, in der es nichts als Kummer und Leid zu geben schien – bis Strells geflüsterte Worte den Nebel durchbrachen und ihr den Weg zurück zu den Lebenden zeigten.
    Alissa wusste, dass sie Mav finden und sie zurückbringen konnte. Sie versuchte seit zwei Tagen, Redal-Stan die Erlaubnis abzuringen, dass sie es versuchen durfte. Zunächst hatte der Meister sich geweigert zu glauben, dass Alissa so schwer verletzt gewesen war, dass sie die Aufmerksamkeit der Herrin des Todes erregt hatte, und dann das Glück gehabt haben sollte, deren Falle wieder zu entrinnen. Alissa hatte ihm die Erinnerung an die Verbrennung, die sie erlitten hatte, gezeigt und ihn damit endlich überzeugt, doch er wollte ihr immer noch nicht erlauben, es zu versuchen. Aber vielleicht heute.
    Redal-Stan richtete sich vor Mavs Lager auf, warf Lodesh einen Blick zu und räusperte sich. »Lodesh, du leistest deinem Bruder heute Vormittag auf der Vordertreppe Gesellschaft. Vielleicht kommt ihr dann zu einem Einverständnis.« Er zögerte und blickte sich in Alissas kahlem Zimmer mit den hässlichen, abgenutzten Möbeln um. »Vielleicht auch nicht.«
    Irgendwie lautlos, obgleich auch er Stiefel trug, trat Lodesh zu dem Stuhl und holte seinen Mantel. Er beugte sich tief über Mav, flüsterte ihr etwas zu und küsste ihre Stirn. Mit gesenktem Blick trat er dann auf den Flur.
    »Ach, Lodesh?« Redal-Stans leise Worte schienen in dem Raum zu hallen. »Sorg dafür, dass Earan nicht eines von Mavoureens Küchenwerkzeugen benutzt. Such ihm etwas aus den Stallungen. Letztes Mal hat sie mir noch monatelang in den Ohren gelegen, weil er ihr bestes Küchenmesser ruiniert hat.«
    »Ja, Redal-Stan«, murmelte Lodesh. Er wirkte leer und ausgelaugt, als er ging.
    Der große, ein wenig zerzauste Meister lauschte Lodeshs verhallenden Schritten, ehe er sich Alissa zuwandte. »Darf ich eintreten?«, fragte er, obwohl er mitten im Zimmer stand.
    Sie verzog das Gesicht und machte eine schwache einladende Geste. Dann ging sie zu dem Fleckchen Morgensonne auf dem Boden und setzte sich im Schneidersitz hinein. »Ich würde Euch gern einen Sitzplatz anbieten«, sagte sie, »aber das ist der einzige Stuhl, und ich würde es nicht einmal riskieren, ein Kätzchen daraufzusetzen.«
    Redal-Stan ließ sich trotzdem vorsichtig darauf nieder, sprang aber sogleich wieder auf, als der Stuhl knirschte und ein Bein nachgab. Stumm trat er ans Fenster und setzte sich aufs Fensterbrett. Damit nahm er ihr die Sonne, und sie fuhr gereizt herum und lehnte sich mit dem Rücken an den kalten Kaminsims.
    »Dich würde ich ja auch auf die Vordertreppe schicken«, sagte er. »Aber du würdest zwischen den beiden alles nur noch schlimmer machen.«
    Alissa sank zusammen. »Earan hat recht«, sagte sie und wies auf Mav. »Es ist meine Schuld. Warum erlaubt Ihr mir nicht, ihr zu helfen? Zu Asche will ich verbrannt sein, Redal-Stan. Ich weiß, wo sie ist. Ich kann sie zurückholen!«
    Redal-Stan hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen.
    Er rieb sich die Augen, zog die Beine unter sich und nahm nun die untere Hälfte des Fensters ganz ein. Der Saum seiner langen Meister-Weste streifte den Fußboden. Er ließ den Blick über die kahlen Wände und den fadenscheinigen Teppich gleiten, ehe er sie wieder ansah. »Nein.«
    Sie spürte, wie sich ihre Mundwinkel herabzogen. Gegen ihren Willen erfüllten Erinnerungen an einen grauen, alles umschließenden Frieden ihre Gedanken, als sie tief ausatmete. Das schöne Versprechen der Herrin des Todes. Alissa schlang die Arme fest um die angezogenen Knie. Der Gedanke an das graue, verschwommene Nichts, in dem Mav sich verborgen hatte, sandte einen kalten Schauer durch ihren Körper. Sie wusste, dass die Herrin des Todes sich nehmen könnte, was ihr zustand, falls Alissa noch einmal dorthin zurückkehrte, doch das würde sie Redal-Stan nicht sagen. Sie schüttelte sich. »Dann erklärt mir wenigstens, warum ich es nicht versuchen darf«, flüsterte sie und stützte das Kinn auf

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