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Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Titel: Alissa 4 - Die letzte Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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Sie hatte keine Ahnung, was er tun würde. Langsam ließ er sich vom Tisch gleiten, zupfte seine Ärmelsäume gerade und sammelte sich. Sie stieß den angehaltenen Atem aus, holte Luft, und wieder stockte ihr der Atem. Ein verschlagenes Grinsen breitete sich über sein Gesicht, und Alissa wurde eiskalt. »Eines Tages wirst du mit mir zusammen sein«, flüsterte er in ihrem Geist. »Ich verstehe, dass du Strell liebst, aber du wirst mich wieder lieben, wie damals auf den goldenen Wiesen meiner Stadt.«
    Alissa zitterten die Knie, und sie glaubte in Ohnmacht zu fallen.
    »Ja«, sagte Lodesh laut, und das Konklave stieß missmutig den ebenfalls angehaltenen Atem aus. Ein Lächeln zuckte um Lodeshs Mundwinkel. Offenbar fühlte er sich sehr sicher in der Annahme, dass sie und Strell die Ehe nicht würden vollziehen können. »Ja, das stimmt«, bestätigte er erneut, nachdem mehrere Stimmen Zweifel angemeldet hatten. »Sie hat der Liste einen Namen hinzugefügt, sie ist in die Zisterne gefallen und aus dem Zwinger hinausgeflogen.«
    Alissa legte eine zitternde Hand an die Stirn, um ihre Augen zu verbergen. Kralle stieß aufgeregte Rufe aus, als in der Menge ein Tumult losbrach. Keribdis stand stocksteif da. »Sie kann ihn trotzdem nicht heiraten«, sagte sie laut über das Stimmengewirr hinweg. »Wir können das nicht zulassen. Wir können einer Meisterin nicht erlauben, einen Gemeinen zu heiraten. So etwas tut man einfach nicht!«
    »Ich schon«, flüsterte Alissa. Sie sah Lodesh an und versuchte, ihm mit Blicken zu danken, weil sie es nicht ertragen hätte, erneut seine Gedanken zu berühren. Sie hatte ihn um Hilfe gebeten, und er hatte sie ihr gewährt. Noch ehe an dem Tag, da sie sich für Strell entschieden hatte, der Mond aufgegangen war, hatte er ihr seine Hilfe gewährt.
    Keribdis stolzierte auf sie zu. Ihr frustrierter Blick war einem raubtierhaften Glitzern gewichen. »Eine Erwachsene«, sagte sie, und Alissa erbleichte, als sie die gezügelte Wut der Frau spürte. Kralle krächzte erschrocken, weil sie ihnen so nahe kam, und Alissa pflückte den Vogel von ihrer Schulter und bedeckte Kralles Kopf mit einer Hand. »Wenn du eine Erwachsene bist, sollst du auch als solche behandelt werden«, sagte Keribdis. »Du wirst denjenigen heiraten, für den wir uns entscheiden. Du bist die Transformantin der Feste. Deine bloße Existenz gehört uns.«
    Alissas Herz schlug schneller, und sie biss die Zähne zusammen. Sie gehörte niemandem. Kralle stieß ein unheimliches, klagendes Gekrächze aus, ihr Zeichen dafür, dass sie gleich angreifen würde. Der Schnabel, der an Alissas Fingern knabberte, wurde grausam. In Panik schob Alissa Kralle in Strells Hände, ohne hinzusehen. Der Vogel kreischte und wehrte sich, doch Strell wickelte ihn hastig in die Schärpe, die Connen-Neute ihm reichte.
    »Sei am Morgen am Strand«, sagte Keribdis, die schwarzen Augenbrauen höhnisch gewölbt. Alissa spürte ein Zupfen an ihrem Bewusstsein, und eine rote Schärpe erschien in Keribdis’ Hand. Die Frau ließ sie Alissa vor die Füße fallen. »Trag das. Ich werde morgen mit deiner moralischen Unterweisung beginnen. Offensichtlich besitzt du – keinerlei Vorkenntnisse.«
    Keribdis’ Blick huschte zu Kralle, die in Strells Griff kreischte. Gefasst und selbstsicher verließ Keribdis den Schauplatz. Mehrere Meister folgten ihr. Allmählich leerte sich die offene Hütte. Strell stieß seufzend den Atem aus und setzte sich. Connen-Neute ging als Letzter. Er warf ihr einen mitleidigen Blick zu, doch sie war zu erschüttert, um sich darüber zu ärgern. Sie sah Lodesh nicht gehen, doch plötzlich war er weg.
    Mit zitternden Knien ließ sie sich neben Strell auf die Bank sinken. Er befreite Kralle, und der zerzauste Vogel schüttelte sich und begann, sich mit abrupten, zornigen Bewegungen zu putzen. Dabei beklagte er sich unaufhörlich.
    »Vielleicht sollten wir lieber warten, bis wir wieder zu Hause sind?«, schlug Strell vor, und Trotz wallte in ihr auf.
    Alissa kraulte Kralle, um ihr zu helfen, ihr Gefieder wieder in Ordnung zu bringen. Sie spürte, wie es ihr den Atem verschlug, als sie einen Entschluss fasste. »Ich will nicht warten«, flüsterte sie.

 
    – 26 –
     

    D er Wind auf Sillas Klippe war frisch und feucht vom nachmittäglichen Regen. Alissa saß auf einem Felsvorsprung am Rand, die Arme um sich geschlungen, und blickte hinab. Kralle hockte auf ihrer Schulter. Die Augen des Vogels waren geschlossen, und er lehnte sich nach

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