Alissa 4 - Die letzte Wahrheit
Herzen.« Ein knappes Lächeln huschte über sein Gesicht. »Du bist eine große Gefahr für Alissa, aber vermutlich der Einzige, der sie retten kann.«
Ein harter Kloß bildete sich in Strells Kehle. Alissa, seine Liebste, lag bewusstlos im Sand. Er holte tief Luft und zwang sich, am »Jetzt« vorbei auf das zu schauen, was getan werden musste. »Könnt Ihr mir ein Zelt besorgen, damit ich sie vor der Sonne schützen kann?«, bat er. Die Freude der vergangenen Nacht war zu bitterer Asche herabgebrannt, während er sich mit seiner Aufgabe abfand, Alissa am Leben zu erhalten, während die Welt um sie herum explodierte. Darin war er gut. Die Scherben aufzuheben und wieder zusammenzusetzen.
Connen-Neute nickte. Er drückte Strells Schulter ein letztes Mal und schlenderte dann zu Yar-Taw hinüber. Strell beobachtete ihn und empfand leise Befriedigung, als Connen-Neute den älteren Meister von Keribdis fortzog, mit der Haltung eines Gleichgestellten, nicht der eines ehrfürchtigen Schülers, der um einen Gefallen bittet.
Lodesh trat neben Strell. Schweigend betrachteten sie Alissa. »Wie geht es uns?«, fragte der Bewahrer dann, die Hände in die Hüften gestemmt.
Strell straffte sich zornig wegen des beiläufigen Tonfalls, doch er entspannte sich wieder, als er ihren geteilten Schmerz in Lodeshs grünen Augen bemerkte. »Wie immer«, sagte Strell und bedeutete ihm, mit anzupacken, um eine der Schwingen in eine bequemere Position zu schieben. »Genau wie immer.«
– 30 –
I hr Kopf war ein dicker Nebel verschwommener Pein. »Nicht schon wieder«, flüsterte sie und hörte statt der Worte ein kehliges Grollen aus ihrem Mund kommen. Da fiel ihr wieder ein, dass sie noch in ihrer Raku-Gestalt war. Alissa schluckte schwer, und Übelkeit wallte in ihr auf. Sie hatte es satt, so aufzuwachen. Ihr Maul fühlte sich an, als hätte sie Federn gefressen, und sie konnte die Augen nicht öffnen.
Sie nahm all ihren Mut zusammen, versuchte, ihre Pfade zu sehen, und schaffte es nicht. Das Bier, dachte sie und entschied sogleich, dass das keine gute Möglichkeit war, Keribdis aus dem Weg zu gehen. Dann fiel ihr zu ihrer Bestürzung etwas ein. Das Bier war schon lange her. Sie war gegen Keribdis geflogen und hatte gewonnen.
Alissa hielt den Atem an und fragte sich, wie man sich wohl fühlte, wenn man verlor. Asche, alles tat ihr weh. Ein dumpfer Schmerz pochte in ihrem Schwanz und in ihrer linken Hand, und sie öffnete vorsichtig ein Augenlid, als ihr einfiel, dass Keribdis sie gebissen hatte. Licht stach in ihren Kopf, der sich anfühlte, als wollte er sich gleich von innen nach außen stülpen. Stöhnend grub sie den Kopf in das riesige Kissen, auf dem er lag. Der Stoff war feucht. »Urg«, grunzte sie, als ihr klar wurde, dass sie darauf gesabbert hatte.
»Bestie?«, flüsterte sie in ihre Gedanken.
»Sie hat betrogen«, brummte Bestie. »Sie sind alle Narren. Geh weg, und lass mich schlafen.«
Da es Bestie offensichtlich gutging, öffnete Alissa vorsichtig die Augen. Diesmal war das Licht beinahe erträglich. Ein Streifen roten Stoffs war straff um ihre schmerzende linke Hand gewickelt. Sie hob den Kopf vom Kissen und stellte fest, dass eines ihrer Hinterbeine in einer Eisenschelle steckte. Eine lange Kette hing daran. Verwirrt blickte sie an der Kette entlang bis zum anderen Ende, das an einem Felsvorsprung befestigt war. Wo hatten sie das Metall her?, fragte sie sich, ehe ihr der Gedanke kam, dass wohl hin und wieder ein Schiff hier strandete. Es drehte ihr den Magen um, und sie hielt den Atem an, um sich nicht auf der Stelle zu übergeben. Sie fühlte sich zu elend, um sich darüber aufzuregen, dass sie am Boden festgekettet war.
»Alissa?«, flüsterte eine graue Stimme. Sie konzentrierte sich und nahm verschwommen Connen-Neute war. Er saß in seiner menschlichen Gestalt auf dem Sand und befand sich somit auf ihrer Augenhöhe. Die Nachmittagssonne schimmerte auf seiner Meisterweste, und er hielt sich ungewöhnlich steif und aufrecht. Sie befanden sich unter einem riesigen schwarzen Zeltdach, das nach zwei Seiten offen war. Die aufsteigende Hitze über dem Sand sah rötlich aus, weil so viel Salz in der Luft hing. Kralle hockte in der Nähe auf einem Stock, der in den Sand gebohrt war; ihr Vogel wirkte ungewöhnlich still und gedämpft.
»Asche«, stöhnte sie leise in Connen-Neutes Gedanken. »Mach, dass das aufhört. Ich kann mich nicht genug konzentrieren, um meine Pfade zu finden. Bitte. Legst du einen
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